Nach Teileinsturz in Dresden Wie es mit der Carolabrücke weitergeht
Der zerstörte Teil der Carolabrücke in Dresden soll so schnell wie möglich abgerissen werden. Trümmerteile in der Elbe könnten bei einem drohenden Hochwasser zur Gefahr werden. Die wichtigsten Fragen im Überblick.
Politik und Experten hinterfragen nach dem Einsturz der Carolabrücke in Dresden, ob genügend für die Sicherheit von Brücken in Deutschland getan werde. Die Brücke war in der Nacht zum Mittwoch um 2.59 Uhr teilweise zusammengebrochen. Verletzt wurde niemand, aber nur knapp zehn Minuten zuvor war die letzte Straßenbahn über die Brücke gefahren. Einsatzkräfte in Dresden arbeiten auf Hochtouren, bevor steigende Pegelstände für zusätzliche Gefahr sorgen könnten.
Wie ist die Lage an der Einsturzstelle?
Der kontrollierte Abriss des in der Elbe liegenden Teils der Carolabrücke ist angelaufen. Die Brücke und insbesondere der betroffene Teil - Brückenzug C - seien "akut einsturzgefährdet", sagte Feuerwehrsprecher Michael Klahre. "Es ist letztendlich eine Frage der Zeit, ob diese Brücke noch weiter einstürzt", so Klahre.
Das durchhängende Brückenstück soll von den Einsatzkräften heruntergeholt, zertrümmert und abtransportiert werden. Straßenbahnschienen und Fernwärmeleitung müssten mit "einer kleinen Sprengung" getrennt werden, sagte Simone Prüfer, die Leiterin des Straßen- und Tiefbauamtes. Auch der mittlere Teil der Brücke wurde "durch die Wucht des Einsturzes und die Verschiebung des Überbaus" beschädigt, teilte Prüfer mit.
Dresdens Baubürgermeister Stephan Kühn geht nicht davon aus, dass die Brücke je wieder in Betrieb genommen wird. "Wir reden für die Carolabrücke über einen Ersatzneubau", sagte er. Bundeswehr und das Technische Hilfswerk arbeiten unter Hochdruck, da für die kommenden Tage Hochwasser droht - aufgrund starker Regenfälle, die in Tschechien erwartet werden.
Welche Gefahr stellt ein mögliches Hochwasser dar?
Dresdens Oberbürgermeister Dirk Hilbert hat die Hochwasserlage als derzeit kritischsten Punkt bezeichnet. Die in der Elbe liegenden Trümmerteile würden im Falle eines Hochwassers Abflusshindernisse darstellen, sagte Hilbert bei einer Stadtratssitzung. Nach Feuerwehrschätzung könnten sie die Arbeiten erheblich erschweren. "Wir wollen mit den Teilen, die noch in der Schwebe sind, vor dem Hochwasser fertig sein", sagte Prüfer vom Straßen- und Tiefbauamt.
Laut Sachsens Landeshochwasserzentrum sollen in Tschechien und Südpolen bis zum Montag 200 Liter Niederschlag pro Quadratmeter binnen 72 Stunden fallen. Damit könnten sich die Pegelstände in Dresden drastisch erhöhen. "Für uns ist zu erwarten, dass die Wasserstände ab Sonntagfrüh sehr, sehr schnell ansteigen werden", sagte Petra Walther vom Landeshochwasserzentrum dem MDR.
Tschechien hatte bereits angekündigt, den Durchfluss in der Elbe nicht reduzieren zu wollen. "Ich bin sicher, dass auch die sächsischen Kollegen verstehen, dass eine Brücke, die tatsächlich eingestürzt ist, jetzt keine Priorität haben kann vor dem Schutz des Eigentums und Lebens nicht nur der tschechischen, sondern gerade auch der deutschen Bürger", sagte der tschechische Landwirtschaftsminister Marek Vyborny.
Was sagen Experten zum Einsturz?
Die Suche nach der Ursache für den Einsturz geht weiter. Die Polizei stuft den Vorfall nach wie vor als Unglück ein. Experten sehen Korrosion als den wahrscheinlichsten Grund. Zwei Teile der Carolabrücke wurden in den vergangenen Jahren modernisiert, eingestürzt ist nun Brückenzug C, der im nächsten Jahr saniert werden sollte.
Für die Bundesingenieurkammer zeigt der Einsturz die Sicherheitsrelevanz von Brücken. Kämen sie zu Schaden, würde auch das öffentliche Leben leiden und die Menschen verlören das Vertrauen in die öffentliche Infrastruktur, erklärte Heinrich Bökamp, der Präsident der Bundesingenieurkammer. "Sicherheit ist ein nicht verhandelbares Gut", sagte der Ingenieur. "Dies gilt umso mehr bei unseren vielfältigen Brückenbauwerken."
"Es gibt eine Reihe von Patienten, denen es nicht gut geht", sagte Bökamp im Sender tagesschau24 im Bezug auf Brücken. Dabei gehe es auch um sicherheitsrelevante Problemen und Totalversagen aufgrund eines jahrelangen Investitionsstaus. Das Aufschieben von Sanierungen sei gefährlich.
Auch der Präsident des Zentralverbandes Deutsches Baugewerbe, Wolfgang Schubert-Raab, hält Investitionen für dringend nötig. Den Einsturz in Dresden bezeichnete er als "trauriges Symbol der deutschen Infrastruktur".
Wie reagiert die Politik?
Zur Debatte um den Zustand der Brücken in Deutschland hat sich auch Bundesverkehrsminister Volker Wissing geäußert. "Für den Bund hat die Modernisierung seiner Brücken höchste Priorität", sagte der FDP-Politiker der Zeitung Bild. Nach einem bereits vorgestellten Programm des Ministeriums sollen 4.000 von insgesamt 28.000 Autobahnbrücken vorrangig erneuert werden.
"Dabei holen wir jetzt nach, was in den vergangenen Jahrzehnten unter Unionsführung vielerorts versäumt worden ist", so Wissing. Er sagte der Zeitung, bis Ende 2024 werde der Bund voraussichtlich mehr als 980.000 Quadratmeter Brückenfläche modernisiert haben. "Das sind umgerechnet 137 Fußballfelder und entspricht rund 30 Prozent der Gesamt-Brückenfläche, die im ersten Schritt zu modernisieren ist. Weitere Schritte werden folgen."