Ruf nach Planungsbeschleunigung FDP macht Druck im Straßenstreit
Die Infrastruktur soll modernisiert werden - darin sind sich die Ampelparteien einig. Doch während die Grünen Projekte wie Bahnausbau und Erneuerbare priorisieren wollen, verlangt die FDP auch schnelleren Straßenbau.
Im Koalitionsstreit um die Verkehrspolitik erhöht die FDP den Druck und beharrt auf einer Planungsbeschleunigung auch beim Straßenbau. Sie will, dass nicht nur die Schienen-, sondern auch die Straßeninfrastruktur rasch ertüchtigt werden kann. Das geht aus einem Beschlussentwurf für die Sitzung des FDP-Präsidiums am Montag hervor, der dem ARD-Hauptstadtstudio vorliegt.
Ziel sei es, die Dauer von Planungs- und Genehmigungsverfahren "für alle Verkehrsträger" mindestens zu halbieren. Noch in diesem Jahr müssten alle notwendigen Entscheidungen getroffen und durchgesetzt werden. Aus Sicht der FDP ist dies "der klare Auftrag des Koalitionsvertrags".
Die Ampelkoalition aus SPD, Grünen und FDP hat sich die Beschleunigung von Planungs- und Genehmigungsverfahren auf die Fahnen geschrieben. "Wir werden die öffentliche Infrastruktur, öffentliche Räume und Netze modernisieren und dafür Planung, Genehmigung und Umsetzung deutlich beschleunigen", heißt es im Koalitionsvertrag. Doch die Parteien haben dabei unterschiedliche Prioritäten. Mit dem Streit befasst sich der Bericht aus Berlin am Sonntag mit Verkehrsminister Volker Wissing als Interviewgast.
Umweltministerin Lemke hält dagegen
Der FDP-Minister stößt mit einem Gesetzesvorhaben für schnellere Genehmigungen für Verkehrsprojekte auf Widerstand der Grünen. Umweltministerin Steffi Lemke erklärte zwar, es brauche eine Beschleunigung für zentrale Vorhaben wie den Ausbau der Erneuerbaren oder Brückenersatz. Nicht dazu gehörten für sie jedoch Autobahnen, Flughäfen, Straßenneubau oder Wasserstraßen.
Im Beschlussentwurf des Präsidiums bekräftigt die FDP ihre Auffassung, dass "die Straße auch in Zukunft eine wichtige Rolle spielen" wird. Sie schreibt: "Nur mit einem leistungsfähigen Straßen-, Schienen-, Wasserstraßen- und Radwegenetz können wir Investitionen schnell auf die Strecke bringen und den individuellen Mobilitätsbedürfnissen der Gesellschaft gerecht werden."
Die Freien Demokraten wollen laut Beschlussentwurf, dass eine zukunftsfähige Infrastruktur als Staatsziel in das Grundgesetz aufgenommen wird. Ersatzneubauten von Autobahnbrücken sollen ohne erneute Genehmigung und Umweltverträglichkeitsprüfung realisiert werden können. Nach dem Vorbild bei Windenergieanlagen sollen auch bei Verkehrsprojekten mehr Standardisierungen im Artenschutz die Planungen erleichtern.
Keine Einigkeit mit Grünen in Grundsatzfragen
Auch eine weitere Forderung hat es in sich. Die FDP will dem Entwurf zufolge die Liste der Projekte, für die das Bundesverwaltungsgericht erstinstanzlich zuständig ist, für die Bereiche Straße und Wasserstraße ergänzen. Dies könnte Auseinandersetzungen vor Gerichten verkürzen und hätte Auswirkungen auf Klagen etwa von Umweltorganisationen gegen Bauprojekte.
Der FDP-Vorstoß kann als bewusste Positionierung im schwelenden Konflikt mit den Grünen verstanden werden. In dieser Woche gab es ein Gespräch von Kanzler Olaf Scholz mit den streitenden Ministern Wissing und Lemke. Wie bei den Themen Verbrennungsmotor und Tempolimit offenbart sich auch in der Debatte um die Planungsbeschleunigung für Verkehrsprojekte der Dissens zwischen FDP und Grünen in Grundsatzfragen.
FDP will höhere Freibeträge bei Erbschaftssteuer
Das FDP-Präsidium will am Montag auch einen Beschluss zur Erbschaftsteuer fassen. Der Entwurf, der dem ARD-Hauptstadtstudio vorliegt, unterstützt entsprechende Vorschläge von FDP-Chef und Finanzminister Christian Lindner. Unter der Überschrift "Für höhere Freibeträge bei der Erbschaftsteuer - Länder müssen jetzt handeln" rufen die Freien Demokraten die Landesregierungen auf, eine Erhöhung der Freibeträge anzugehen. Sie fordern: "Die Freibeträge bei der Erbschaftsteuer sollten um 25 Prozent erhöht werden. Darüber hinaus sollten die Steuerfreibeträge aus Erbschaft- und Schenkungsteuer in Zukunft vollständig und automatisch an die Inflation angepasst werden (Indexierung)."
Hintergrund ist, dass Immobilienbesitzer und -erben ab dem nächsten Jahr mit einer höheren Steuerbelastung rechnen müssen, weil die Wertermittlung angepasst wird. Die Anpassung war in der Regierungsverantwortung vor dem Ampelstart als Reaktion auf ein Verfassungsgerichtsurteil veranlasst worden.
Mit diesem Thema befasst sich der Bericht aus Berlin heute ab 18.00 Uhr im Ersten.