Fast-Food-Werbung Schluss mit "aggressivem Marketing"?
Burger, Pizza, Süßigkeiten - mit 37 weiteren Akteuren fordert die Lebensmittelorganisation Foodwatch unter anderem, Werbung für ungesundes Essen nur noch nachts zu senden. Ähnliches hatte sich die Bundesregierung vorgenommen.
Ein Bündnis aus Ernährungs- und Kinderschutzorganisationen will Werbung für ungesunde Lebensmittel in Deutschland stark eindämmen. In einem Appell fordern die 38 Akteure, entsprechende Werbung zwischen 6 und 23 Uhr zu verbieten. Darüber hinaus schlagen die Unterzeichner eine 100-Meter-Bannmeile für solche Werbeplakate um Schulen, Kitas und Spielplätze vor.
Zu den Organisationen, die den Appell an die Bundesregierung unterstützen, gehören neben Foodwatch unter anderem die AOK, die Techniker Krankenkasse, das Deutsche Kinderhilfswerk sowie die Deutsche Adipositas-Gesellschaft. Auch Starkoch Jamie Oliver unterschrieb.
"Werbung beeinflusst nachweislich die Präferenzen und das Essverhalten von Kindern und Jugendlichen", heißt es in der Aufforderung. Aktuell würden Menschen in dieser Altersgruppe doppelt so viele Süßigkeiten, aber nur halb so viel Obst und Gemüse essen wie empfohlen. Ungesunde Ernährung sei eine der Hauptursachen für die Ausbreitung von Übergewicht und Adipositas bei Kindern.
Koalitionsvertrag sieht Einschränkung ohnehin vor
Bei der Definition ungesunder Lebensmittel sollten Empfehlungen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) maßgeblich sein. Laut Foodwatch sind etwa 15 Prozent der Kinder und Jugendlichen von Übergewicht und sechs Prozent von starkem Übergewicht (Adipositas) betroffen. In der Corona-Pandemie habe sich die Lage ersten Untersuchungen zufolge verschärft, mahnt die Organisation. Zugleich habe die Süßwarenindustrie 2021 mehr Geld denn je für Werbung ausgegeben.
In ihrem Koalitionsvertrag hatten die Ampel-Parteien vereinbart, an Kinder gerichtete Werbung für Ungesundes beschränken zu wollen. "An Kinder gerichtete Werbung für Lebensmittel mit hohem Zucker-, Fett- und Salzgehalt darf es in Zukunft bei Sendungen und Formaten für unter 14-Jährige nicht mehr geben", heißt es dort auf Seite 36. Ein Gesetzentwurf wurde bislang jedoch nicht eingebracht, was Foodwatch und die Kinder- und Jugendärzte scharf kritisieren.
Auch Spielzeug soll herausgehalten werden
"Aggressive Marketingpraktiken der Junkfood-Industrie" trügen erheblich dazu bei, hieß es bereits in einem im September an Bundesernährungsminister Cem Özdemir gerichteten Schreiben von Foodwatch, dem sich über 300 Kinder- und Jugendärzte angeschlossen hatten.
Ungesunde Produkte wie sehr süße oder fetthaltige Lebensmittel "sollten zudem grundsätzlich nicht mehr direkt an Kinder beworben werden dürfen, etwa mit Comicfiguren, verspielter Produktaufmachung oder Spielzeugbeigaben", hieß es damals von Foodwatch.
Werbewirtschaft mahnt Bildungslücke an
Laut einer Studie der Universität Hamburg vermarkten 92 Prozent der gesamten Werbung, die Kinder wahrnehmen, Fast Food, Snacks oder Süßigkeiten. Werbewirtschaft und Lebensmittelbranche verweisen stets darauf, dass es für Übergewicht bei Kindern auch andere Faktoren gebe - beispielsweise Bewegungsmangel.
Der Zentralverband der deutschen Werbewirtschaft hatte anlässlich der Forderungen bereits im September erklärt, auch "fehlendes Ernährungswissen" sei ausschlaggebend. Die Kampagne lasse sich nicht auf die "entscheidende Frage ein, wie Kinder an einen ausgewogenen und gesunden Lebensstil herangeführt werden können".