"Berlinale goes Kiez" Glamour auch im Programmkino
Die Berlinale gilt als das große Publikumsfilmfestival. Ein Grund dafür ist die Sonderreihe "Berlinale goes Kiez". Sie bringt das Festival auch in kleine Kinos der Umgebung.
Schon der rote Teppich ist eine Attraktion, hier in Kleinmachnow vor den Toren Berlins. Eigentlich sind die "Neuen Kammerspiele" ein ganz normales Kino. Dass hier Prominente zur Filmvorführung vorbeikommen, ist schon etwas Besonderes und passiert vor allem dann, wenn "Berlinale goes Kiez" hier gastiert. Entsprechend aufgeregt sind alle, weil sich die Crew des ersten Berlinale-Films etwas verspätet.
Im Rahmen von "Berlinale goes Kiez" werden in Kleinmachnow drei Filme gezeigt. Der erste kommt aus der Sektion "Generation" und ist ein Kinder- und Jugendfilm. "Sieger sein" erzählt die Geschichte von Mona, einem kurdischen Flüchtlingsmädchen, das seinen Platz in einer deutschen Schule finden muss. Es gelingt mit Hilfe eines engagierten Lehrers und über den Fußball, denn Mona ist eine talentierte Spielerin.
Mehr als ein Kinderfilm
Das verspätete Filmteam ist deshalb eine Gruppe aufgeregter Schülerinnen und Schüler, die mit Andreas Döhler, dem Darsteller des Lehrers, und Regisseurin Soleen Yusef den Weg aus Berlin an den Stadtrand finden musste. Dann geht alles sehr schnell, das Filmteam wird auf die Bühne geführt, begeisterter Beifall brandet auf. Denn das ist das Besondere an "Berlinale goes Kiez": Das Filmteam trifft auf seine Zuschauer, wird bejubelt oder ratlos angeschaut, auf jeden Fall gibt es ein Gespräch über den Film.
Diesen engen Kontakt finden Filmprofis und Publikum gleichermaßen gut. Soleen Yusef, die Regisseurin von "Sieger sein" ist glücklich, schließlich erzählt sie ihre eigene Geschichte als kurdisches Flüchtlingsmädchen in einer Schule in Berlin-Wedding in den 1990er Jahren. "Es ist ein schönes Gefühl, zu sehen, dass der Film ankommt", sagt sie. Das fehle ihr ansonsten oft, deshalb sei sie immer wieder gern bei der Berlinale dabei.
Im Publikum sitzen heute auch junge Fußballerinnen vom RSV Eintracht aus dem Nachbarort Stahnsdorf. Ihnen hat "Sieger sein" sehr gut gefallen, die Spiele seien gut dargestellt gewesen, loben sie. Fußballerin Anni meint, sie habe als Botschaft aus dem Film mitgenommen, dass niemand vorschnell aufgeben solle. Es lohne sich immer am Ball zu bleiben - hier sogar im doppelten Wortsinne.
Volles Haus mit der Berlinale
Auch für Carolin Huder, die Geschäftsführerin der "Neuen Kammerspiele", ist es immer eine große Freude, die Berlinale in Kleinmachnow begrüßen zu dürfen. Schließlich beschert das dem Kleinstadtkino neben internationalem Flair auch ein volles Haus. Die 350 Sitzplätze sind ansonsten nicht so oft ausverkauft.
Huder verbindet die Freude über den Erfolg heute mit der Hoffnung, dass dieses besondere Erlebnis in ihrem Publikum die Lust auf weitere Kinobesuche weckt. Und vielleicht sogar auf Filme, die in Originalsprache mit Untertiteln laufen. Bei der Berlinale ist das Standard, in Kleinmachnow aber werde es bislang nicht gut angenommen.
Internationales Flair in Kleinmachnow
Jetzt aber steht eine große Schlange am Eingang, die auf den Einlass in den zweiten Film des Tages wartet. "The Fable" ist ein indisches Epos über eine Familie von Obstbauern im Himalaja. Ein Film auf Hindi mit englischen Untertiteln. Auch hier sind wieder Regisseur und Darstellercrew zu Gast. Auch hier ist die Begrüßung durch das Publikum begeistert. Regisseur Raam Reddy revanchiert sich mit einem Luftsprung auf der Bühne.
Er findet es toll, dass hier die Möglichkeit besteht, mit dem Publikum über seinen Film ins Gespräch zu kommen. Das unterscheide die Berlinale von anderen Filmfestivals, betont er. Sein Hauptdarsteller findet den Ausflug nach Kleinmachnow sogar exotisch. Mit einem Augenzwinkern fragt Manoj Bajpayee, wann man sonst die Gelegenheit habe, in Deutschland mal aufs Land zu kommen.
"Berlinale goes Kiez" - ein Erfolgsmodell
Die Filmfans aus Kleinmachnow wissen dieses Engagement jedenfalls zu schätzen. Ihnen bringt "Berlinale goes Kiez" immer ein wenig Glamour in die Gemeinde. Sie freuen sich jedes Mal, wenn die "Neuen Kammerspiele" wieder an der Berlinale teilnehmen können. Das ist nicht jedes Jahr möglich, denn andere Kinos wollen auch gern dabei sein, deshalb wechseln die Spielstätten jährlich.
Eine eigene Abteilung der Berlinale kümmert sich um die Filmauswahl und organisiert die Betreuung der Gäste. Carolin Huder aus Kleinmachnow findet, dass sie das sehr gut machen. Die Filme auch in diesem Jahr seien gut ausgesucht, passten zum Publikum. Entsprechend groß ist wieder die Begeisterung der Zuschauer.
Zumal am Abend noch ein Höhepunkt ansteht: Die Regisseurin Nora Fingscheidt stellt ihren neuen Film "The Outrun" vor. Das Kleinmachnower Publikum erinnert sich noch gern an ihren letzten Berlinalebeitrag "Systemsprenger", der 2019 einen Silbernen Bären gewann. Es ist wieder ausverkauft, Nora Fingscheidt wird erwartet.