Modellprojekt in Greiz Wie es mit der Bezahlkarte für Geflüchtete läuft
Bund und Länder wollen, dass Asylbewerber mindestens einen Teil ihrer Leistungen als Guthaben auf einer Bezahlkarte bekommen sollen. In Greiz wird das seit Wochen erprobt. Das Fazit der Landrätin ist positiv.
Die Thüringer Landkreise Eichsfeld und Greiz wollen das Pilotprojekt der Bezahlkarte für Asylbewerber auch über die dreimonatige Testphase hinaus fortführen. Die Karte habe sich im Alltag bewährt, sagte die Greizer Landrätin Martina Schweinsburg (CDU) am Donnerstag. Auch die Erfahrungen im Eichsfeld sind nach Angaben des Landrates positiv.
Seit Dezember 2023 erhalten Asylbewerber in den beiden Landkreisen das Geld für sogenannte Sachleistungen nicht mehr bar auf die Hand, sondern per Geldkarte. Damit sind Einkäufe nur in Geschäften in der unmittelbaren Umgebung möglich. Geld abheben am Bankautomat oder der Supermarktkasse funktioniert nicht. Auch Überweisungen damit sind nicht möglich, genauso wenig wie die Karte zu überziehen.
Das Fazit von Landrätin Schweinsburg fällt positiv aus.
Zunächst an 29 Asylsuchende ausgegeben
Die Greizer Landrätin Martina Schweinsburg (CDU) zieht eine erste Bilanz: weniger Verwaltungsaufwand, zufriedene Einzelhändler, eine hohe Akzeptanz in der Bevölkerung. Auch unter den Asylbewerbern selbst sei die Karte laut Schweinsburg weitgehend akzeptiert. Klagen gebe es vereinzelt, weil die Karte nur im Landkreis Greiz gültig ist.
Gestartet wurde das Pilotprojekt mit zunächst 29 Asylsuchenden. Ende Januar 2024 soll das Modellprojekt dann auf alle etwa 750 Asylbewerber im Kreis ausgeweitet werden - ausgenommen sind Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine.
Eichsfeld will Bezahlkarte ausweiten
Ab Februar will auch der Landkreis Eichsfeld die Bezahlkarte an alle berechtigten Flüchtlinge verteilen. Laut Landratsamt betrifft das derzeit 600 Menschen, die im Landkreis gemeldet sind. Die Karte wird in vielen Lebensmittel- und Bekleidungsgeschäften im Eichsfeld und den angrenzenden Landkreisen akzeptiert.
Darüber hinaus erhalten die Geflüchteten ein Taschengeld in bar. Laut Landratsamt hat der Kreis positive Erfahrungen damit gemacht. Die Karte werde mit den monatlichen Leistungen aufgeladen und die Nutzer könnten auf der dazugehörigen App den Kontostand einsehen.
Zunächst wurde die Karte probeweise nur an geduldete Migranten ausgegeben. Das sind Menschen, die nach Prüfung des Aufenthaltsstatus in ihre Herkunftsländer zurückkehren müssen, deren Abschiebung aber vorübergehend ausgesetzt wurde. Im Dezember waren das im Eichsfeld etwa 135 Menschen. Derzeit nutzen 43 von ihnen die Bezahlkarte.
In Herkunftsländer zurückgereist
Es gibt aber auch Menschen, die die Bezahlkarte ablehnen. So seien einige Migranten, vor allem aus dem Westbalkan, mit Start der Karte in ihre Herkunftsländer zurückgereist, wie der Eichsfelder Landrat Werner Henning sagt. Andere seien zum Beispiel auch in Arbeit.
Generell erlaubt das Asylbewerberleistungsgesetz Sachleistungen als Gutschein oder mittels Bezahlkarte auszureichen. Diesen Schritt sei man im Eichsfeld gegangen, um deutlich zu machen: Bargeld gebe es für geleistete Arbeit, so Henning. Viele Geflüchtete im Landkreis gehen einem Mini-Job nach. Das sei in Absprache mit der Ausländerbehörde möglich. In diesem Fall bekommen die Geflüchteten Bargeld statt der Karte.
Kritik des Flüchtlingsrats
Deutliche Kritik an der aktuellen Regelung in den Kreisen kommt vom Thüringer Flüchtlingsrat. Sowohl in Greiz als auch im Eichsfeld gebe es erhebliche Einschränkungen für die Betroffenen. So könne zwar in Supermärkten bezahlt werden, beim Friseur, in kleineren Geschäften oder beim Erwerb eines Deutschlandtickets gebe es aber Probleme.
"Mit den geringen Leistungssätzen müssen Betroffene jetzt mühselig jonglieren, wo sie die Karte einsetzen können und wie sie Zahlungsaufforderungen gerecht werden können, wenn der Barbetrag aufgebraucht ist", sagt Ellen Könneker vom Flüchtlingsrat.
Als nächster Thüringer Landkreis will der Saale-Orla-Kreis die Bezahlkarte einführen. Weitere Kreise und Städte - auch außerhalb Thüringens - hätten Interesse gezeigt, so die Greizer Landrätin Martina Schweinsburg.