Deutsche Bischofskonferenz Braucht der Katholizismus eine "Brandmauer"?
Die deutschen Bischöfe wollen bei der Frühjahrsvollversammlung besprechen, wie sie mit antidemokratischen Haltungen in der Kirche umgehen. Kritiker fordern eine stärkere Abgrenzung.
Auf Demos, bei denen Regenbogen-Fahnen neben Nazis-Raus-Plakaten geschwenkt werden, sieht man neuerdings hohe katholische Geistliche - so wie Bischof Stephan Ackermann in Trier.
Georg Bätzing hat in Limburg demonstriert, Peter Kohlgraf in Mainz, Michael Gerber in Fulda. Alles katholische Bischöfe. Genau wie Bertram Meier, der vor zwei Wochen in Augsburg in die Menge rief, jeder habe ein Recht auf ein menschenwürdiges Leben - egal, ob Kind oder Greis, Mann oder Frau, queer oder hetero.
Doch das Zentralkomitee der deutschen Katholiken möchte noch mehr: Schon lange erwarte man von den Bischöfen, dass sie gemeinsam und öffentlich Stellung beziehen, wie die Kirche zur AfD steht - und vor allem dazu, wie innerhalb der Kirche mit AfD-Mitgliedern umgegangen werden soll.
Warnung von Bischöfen in Ostdeutschland
Gelegenheit dafür haben die deutschen Bischöfe nun. Bis Donnerstag halten sie in Augsburg ihre traditionelle Frühjahrsvollversammlung ab. Mit auf dem Programm: Beratungen zur Zukunft der Demokratie im Wahljahr 2024.
Eine einheitliche Linie beim Umgang der Kirche mit Rechtsextremismus ist bislang nicht erkennbar. So sagte der Augsburger Bischof Bertram Meier im Herbst der "Augsburger Allgemeinen", eine Parteimitgliedschaft sei allein kein Kriterium, Menschen auszuschließen. Es gehe darum, das Gespräch zu suchen. "Wenn wir anfangen würden, Menschen auszugrenzen, drängen wir sie doch erst recht in eine vielleicht extreme Ecke."
Andere Bischöfe äußerten sich kritischer zur AfD, vor allem, nachdem das Recherchenetzwerk "Correctiv" über ein Treffen von Rechtsradikalen und AfD-Mitgliedern in Potsdam berichtet hatte, die über eine sogenannte "Remigration" diskutiert haben sollen. Gut eine Woche später warnten die Bischöfe in Ostdeutschland in einer gemeinsamen Erklärung davor, bei den anstehenden Landtagswahlen für die AfD zu stimmen.
"Andockpunkte" mit rechtskatholischen Kreisen
Die Theologin Claudia Pfrang vom Kompetenzzentrum für Demokratie und Menschenwürde der katholischen Kirche Bayern wünscht sich von den Bischöfen mehr Entschiedenheit. "Auch da bräuchte es eine Brandmauer", sagte Pfrang dem BR. "Das ist vielleicht jetzt eine steile These, aber ich möchte mir nicht vorstellen, wenn so ein Treffen wie in Potsdam mal in einem katholischen Pfarrheim stattfindet, weil es da bestimmte Überschneidungen vielleicht gibt."
Pfrang spricht von "Andockpunkten" zwischen rechtskatholischen und rechtsnationalen Kreisen - etwa bei den Themen Geschlechterordnung, Familienbild, Sexualität und Lebensschutz. Womöglich sei es auch deswegen für manche Bischöfe schwierig, nach innen ein klares Signal gegen Rechtsextremismus zu senden, vermutet sie. Man wolle Gläubige nicht verlieren, die "zum harten Kern" gehörten.
Gesicherte Erkenntnisse, wie sehr rechtsnationale Strömungen in der Kirche verbreitet sind, gebe es nicht, sagt die Theologin. Sie berichtet aber, immer mehr Ehrenamtliche wendeten sich an ihr Zentrum und fragten nach Beratung, wie sie mit rechtsextremen Positionen in ihren Gemeinden umgehen sollen. Das Kompetenzzentrum wurde 2018 von bayerischen Bischöfen gegründet, um antidemokratischen Entwicklungen in Kirche und Gesellschaft entgegenzuwirken.
Unvereinbarkeitsklausel in Würzburg und Berlin
Pfrang spricht sich auch - wie das Zentralkomitee der deutschen Katholiken - dafür aus, Menschen nicht zur Wahl in den Pfarrgemeinderat zuzulassen, die sich eindeutig rassistisch, menschen- oder demokratiefeindlich äußern. Indizien dafür könnten Äußerungen in sozialen Medien sein oder eine Kandidatur für die AfD. Als Positivbeispiel verweist sie auf Würzburg.
Würzburg ist neben Berlin das einzige Bistum in Deutschland, das eine Unvereinbarkeitsklausel für Pfarreigremien hat. Seit 2021 können in Würzburger Pfarrgemeinderäten Mitglieder ausgeschlossen werden, die Organisationen oder Parteien unterstützen, die rassistische, fremdenfeindliche oder sonstige menschenrechtswidrige Auffassungen vertreten.
"Wir möchten keine Leute bei uns in den Gremien haben, die öffentlich gegen unsere Grundsätze, gegen die Würde des Menschen verstoßen", sagt Anja Mantel dem BR. Mantel ist stellvertretende Vorsitzende des Diözesanrats im Bistum Würzburg. Angewendet worden sei die Klausel aber noch nie - vielleicht auch, weil sie im Einzelfall gar nicht so leicht umsetzbar scheint. "Ich kann nicht von jedem das Parteibuch kontrollieren", so Mantel.
Am Ende hängt es immer am Bischof
Es gehe nicht um den normalen Kirchgänger, sagt Mantel. Man wolle verhindern, dass Menschen mit rassistischen und fremdenfeindlichen Ansichten Funktionen in den kirchlichen Gremien übernehmen.
Derzeit wird in mehreren Diözesen diskutiert, ob es auch Regeln wie in Würzburg oder Berlin braucht - etwa in Freiburg, Erfurt oder Magdeburg. Doch selbst wenn Pfarreien die Regel selbst wollen: Am Ende hängt es immer am Bischof. Er muss als Gesetzgeber kirchenrechtlichen Änderungen zustimmen. Und so hoffen viele an der kirchlichen Basis, dass sich die Bischöfe bei ihrer Versammlung in Augsburg auf eine gemeinsame Linie einigen können.