PIMS-Syndrom bei Kindern Wenn das Immunsystem Amok läuft
Bei Kindern verläuft eine Covid-Erkrankung meist glimpflich. In seltenen Fällen kommt es aber Wochen später zu einem schweren Verlauf mit Ausschlag und hohem Fieber. Diagnose: PIMS.
Oktober 2020: Familie Trautner begibt sich nach einem positiven Corona-Test auf Anweisung des Gesundheitsamtes in Quarantäne. Die Eltern haben leichte Symptome, unter anderem leiden sie unter Geschmacksverlust. Ihr dreijähriger Sohn Tim zeigt keine Anzeichen einer Infektion. Alles scheint glimpflich zu verlaufen.
Auch nach Ende der Quarantäne wirkt Tim völlig gesund. Er geht in den Kindergarten, ist fröhlich und fit. Sechs Wochen später ist dann alles ganz anders. Sebastian Trautner wird nie vergessen, wie schnell es seinem Sohn schlecht ging. Tim hatte auf einmal hohes Fieber. Kathrina Trautner weiß noch, wie das Fieberthermometer 41,6 Grad angezeigt hat. Da sei ihr echt Angst geworden.
Hohes Fieber und Ausschlag
Tim bekommt Antibiotika, aber die schlagen nicht an. Es geht ihm immer schlechter. Schließlich suchen die Eltern Hilfe in der Cnopf'schen Kinderklinik in Nürnberg. Tim kommt auf die Intensivstation. Seine Mutter bleibt bei ihm.
Alle wieder gesund: Familie Trautner
"Er hat dann Ausschlag bekommen, das ging von Bauch beginnend zu den Beinen und dann zum Oberkörper, teilweise das ganze Gesicht. Also das ganze Kind war ein reiner Ausschlag", erinnert sie sich heute. Außerdem habe ihr Sohn geschwollene Augen und eine Bindehautentzündung gehabt. Die Lippen seien feuerrot und ausgetrocknet gewesen, er habe extreme Probleme mit dem Schlucken gehabt, erzählt Kathrina Trautner.
In der Cnopf'schen Kinderklinik versuchen die Ärzte herauszufinden, was dem Dreijährigen fehlt. Schließlich weisen sie nach, dass Tim vor Wochen eine Covid-Infektion hatte und sein Körper nun zeitverzögert reagiert. Chefarzt Michael Schroth behandelt Tim. Seine Diagnose lautet: PIMS, das steht für "Pediatric Inflammatory Multisystem Syndrome". Es ist ein post-virales Entzündungssyndrom.
"Das Immunsystem läuft plötzlich Amok und spielt völlig verrückt", beschreibt Schroth. Das PIMS-Syndrom ist eine zeitverzögerte Reaktion auf eine oft symptomfreie Covid-Infektion. Es kommt nur sehr selten vor.
Laut der Deutschen Gesellschaft für Pädiatrische Infektiologie (DGPI) wurden seit Beginn der PIMS-Erfassung Ende Mai 2020 bis Anfang Mai 2021 insgesamt 297 Kinder und Jugendliche gemeldet, bei denen das Syndrom nachgewiesen wurde. In den meisten Fällen war laut DGPI die Aufnahmediagnose eine andere als PIMS.
Das PIMS-Syndrom kommt zum Glück nur selten vor.
Chefarzt Schroth von der Cnop'schen Kinderklinik und auch seine Kollegen und Kolleginnen vom Nürnberger Klinikum beobachten das neuartige Syndrom genau. Die Verläufe der Erkrankung können sehr unterschiedlich sein, beschreiben die Mediziner. "Die Kinder können zum Teil wenig krank sein. Es gibt allerdings auch Kinder, da sind sehr viele Organe wie zum Beispiel, Leber, Niere und die Gefäße betroffen."
Ähnlich beschreibt es Christoph Fusch vom Nürnberger Klinikum: "Es gibt Kinder, die sind sehr milde betroffen, es gibt Kinder, die sind auch richtig krank und die Gefäße verändern sich. Deswegen schauen wir in den Organsystemen nach: im Gehirn, am Herzen und müssen sehen, ob dort Veränderungen stattfinden."
Warum manche Kinder das Syndrom bekommen und andere nicht ist, unklar. Die beruhigende Nachricht: PIMS ist sehr gut behandelbar, etwa mit Cortison. Tödliche Verläufe wurden bisher laut DGPI nicht berichtet.