"Tag X" in Leipzig Verfassungsgericht prüft Eilantrag gegen Demo-Verbot
Der sogenannte Tag X der linksradikalen Szene in Leipzig ist jetzt ein Fall für Karlsruhe. Das Gericht bestätigte den Eingang eines Eilantrags, der nun geprüft werde. Erste Krawalle, Verletzte und Festnahmen gab es bereits.
Erste Krawalle vor dem heutigen von der linksradikalen Szene ausgerufenen "Tag X" in Leipzig hat es bereits gegeben. Und die Polizei in Leipzig geht von weiteren Einsätzen in der Stadt aus - auch wenn das Verbot der geplanten Demonstration bestehen bleiben sollte. Beschwerden dagegen hatten bisher keinen Erfolg, jetzt liegt dem Bundesverfassungsgericht ein Eilantrag zur Prüfung vor.
Der Eilantrag mit einer Verfassungsbeschwerde sei am Vormittag eingegangen, sagte ein Sprecher des Gerichts. Wann genau entschieden werde, könne er nicht sagen. Der Antrag werde schnellstmöglich bearbeitet, so der Sprecher weiter.
In linken Kreisen war bundesweit für die Solidaritäts-Demonstration heute um 17 Uhr mobilisiert worden. Anlass ist das Urteil gegen die Studentin Lina E. und drei Mitangeklagte wegen Überfällen auf Rechtsextreme. Die 28-Jährige war am Mittwoch vom Oberlandesgericht Dresden wegen linker Gewalttaten zu fünf Jahren und drei Monaten Haft verurteilt worden.
Bisherige Beschwerden hatten keinen Erfolg
Die Stadt hatte die Demo unter dem Motto "United we stand - Trotz alledem, autonomen Antifaschismus verteidigen!" verboten. Grund waren Gewaltandrohungen in sozialen Netzwerken, die Gefahrenprognose der Polizei und Einschätzungen des Verfassungsschutzes.
Beschwerden dagegen hatten vor dem Verwaltungs- und dem Oberverwaltungsgericht in Sachsen keinen Erfolg. Zwar gehe mit dem Verbot ein schwerwiegender Eingriff in das Grundrecht der Versammlungsfreiheit einher, heißt es in einer Mitteilung des Oberverwaltungsgerichts. Er sei aber zum Schutz gleichwertiger Rechtsgüter zulässig. Die Stadt habe "einen zu erwartenden gewalttätigen Verlauf der Versammlung und damit eine unmittelbare Gefahr für die öffentliche Sicherheit" plausibel prognostiziert. So sei sehr wahrscheinlich, dass Teilnehmer Gewalt gegen Personen oder Sachen planten oder ein solches Verhalten anderer zumindest billigten.
2500 Polizistinnen und Polizisten im Einsatz
Schon seit Freitag 18 Uhr gilt in Leipzig ein sogenannter Kontrollbereich, der große Teile des Stadtgebiets im Osten, Süden und Westen umfasst. Dort kann die Polizei ohne besonderen Anlass Menschen anhalten und deren Personalien überprüfen. Auch der Anreiseverkehr auf den Straßen und am Hauptbahnhof wird kontrolliert. Nach MDR-Informationen sollen 2500 Beamtinnen und Beamte in der Stadt sein. Die Polizei twitterte, auch mehrere Hubschrauber würden heute im Einsatz über dem Stadtgebiet sein.
Am Freitagabend war es zu ersten Ausschreitungen in der Stadt gekommen. Vermummte hatten Polizisten angegriffen. Nach dem zunächst friedlichen Verlauf einer Versammlung am Wiedebachplatz im Stadtteil Connewitz flogen aus einer Menge von bis zu 700 Vermummten heraus Steine und Pyrotechnik. Sowohl dort als auch in Nebenstraßen brannten Barrikaden aus Mülltonnen und Baustellenabsperrungen.
Mehrere Verletzte nach Ausschreitungen
Die Polizei setzte Tränengas ein und wurde nach eigenen Angaben von Hausdächern "mit Gegenständen beworfen". Die meisten brennenden Barrikaden waren kurz nach Mitternacht gelöscht, teils mit der Hilfe von Wasserwerfern. Nach ersten Erkenntnissen wurden 23 Beamte verletzt. Einer von ihnen musste im Krankenhaus behandelt werden. Ein Journalist wurde nach Polizeiangaben von einer unbekannten Person attackiert und leicht verletzt.
In der Nacht zum Samstag brannten in Leipzig Barrikaden. Mehrere Menschen wurden verletzt.
17 Einsatzfahrzeuge der Polizei wurden beschädigt, acht Fahrzeuge waren in Brand gesetzt worden. Darunter seien auch Autos von Anwohnern gewesen, hieß es. Bis zum frühen Morgen habe es vier vorläufige Festnahmen gegeben - unter anderem wegen schweren Landfriedensbruchs.
Außer dem "Tag X" stehen am Wochenende in Leipzig etliche andere Großveranstaltungen an. Es ist Stadtfest, Sänger Herbert Grönemeyer gibt ein Konzert vor Zehntausenden Besuchern und am Samstag spielen die Fußballclubs Lok Leipzig und der Chemnitzer FC um den Sachsenpokal. Eine Absage der Partie war erwogen, letztlich aber doch verworfen worden.