Bei hohen Temperaturen Hotline gegen den Hitzetod
Die Hitze ist wieder zurück. Besonders für ältere Menschen kann das eine große gesundheitliche Belastung sein. Einige Städte warnen ihre Senioren mit einem Hitzetelefon. Ist das sinnvoll?
Bärbel Schmieden, 87, weiß, wovon sie spricht, wenn es um die Folgen von zu wenig Flüssigkeit bei Hitze geht: "Ich bin mal umgefallen, weil ich zu wenig getrunken hatte. Ich war dann acht Tage im Krankenhaus und musste Infusionen bekommen, weil Salze gefehlt haben. Seither trinke ich jeden Tag 1,5 Liter Wasser", erzählt die Saarländerin.
1,5 Liter Wasser: eine Menge, mit der sich viele Seniorinnen und Senioren schwer tun. Das Durstgefühl wird im Alter schwächer. Dazu kommt, dass für weniger Mobile jeder Toilettengang zur Herausforderung wird.
"Toxische Hitze"
Besonders an heißen Tagen kann das gefährlich werden. Der Körper schwitzt mehr als sonst, verliert Flüssigkeit. Er kann austrocknen, der Mineralstoffhaushalt entgleisen. Es drohen Kreislauf- und Nierenprobleme, Verwirrtheit bis hin zu Bewusstlosigkeit und sogar lebensbedrohliche Zustände. Aufpassen sollten vor allem Menschen, die schon krank sind. Wer etwa Lungenprobleme habe, bekomme dann noch schlechter Luft, so der Hitzeforscher Christian Witt von der Charité Berlin.
Im Hitzesommer 2018 seien schätzungsweise 8400 Menschen an den Folgen der Hitze gestorben, bis 2100 könnten es 60.000 pro Jahr sein, wenn nichts dagegen unternommen werde, so Witt. Er spricht von toxischer Hitze und fordert Städte und Kommunen auf umzusteuern. So müssten etwa öffentlich zugängliche gekühlte Räume her, in denen Seniorinnen und Senioren Zuflucht aus überhitzten Wohnungen finden können.
Bärbel Schmieden: Die Seniorin trinkt täglich 1,5 Liter Wasser, um sich gegen Hitze zu schützen
Tipps gegen Hitze per Telefon
Eine andere Möglichkeit, ältere allein lebende Menschen zu schützen, ist das Hitzetelefon. Vor einer Woche ging eines in Saarbrücken an den Start. Dort können sich Seniorinnen und Senioren registrieren lassen und eine Kontaktperson angeben. Bei Temperaturen von mehr als 30 Grad ruft eine Mitarbeiterin oder ein Mitarbeiter bei ihnen schon morgens an, um sie vor der bevorstehenden Hitze zu warnen.
Sie werden aufgefordert, regelmäßig zu trinken, ihre Wohnung durch rechtzeitiges Abdunkeln kühl zu halten und gegebenenfalls ihre Medikamente anzupassen - etwa, wenn diese entwässernd wirken.
"Haben wir den Eindruck, der Person geht es schlecht, dann kümmern wir uns darum, dass ein Nachbar, ein Angehöriger oder der Hausarzt nachschaut", sagt Mitarbeiterin Elke Kranzhöfer von der Diakonie Saar.
Formular für Hitzetelefon-Mitarbeiter: Seniorinnen und Senioren können sich registrieren lassen
Was ist die richtige Lüftungsstrategie?
Neben dem Trinken ist es wichtig zu verhindern, dass sich die Wohnung aufheizt. Darüber war zuletzt öffentlich ein Streit entbrannt: Viele Experten raten dazu, Fenster und Balkontüren nachts oder früh morgens zu öffnen, und dann idealerweise quer zu lüften, also mit Durchzug, und ab neun Uhr, wenn es wieder heiß wird, wieder abzudunkeln. Der Meteorologe Jörg Kachelmann schwört dagegen im "Spiegel"-Interview auf steten Durchzug und mindestens einen Ventilator.
Fußbad zur Abkühlung
Hitzebedingte Notfälle halten bei Temperaturen Richtung 35 Grad auch Hausärzte in Atem. Häufig gibt der Kreislauf nach, weil nicht genug Flüssigkeit zugeführt wurde, sagt der Deutsche Hausärzteverband.
Deshalb empfiehlt der Verband, insbesondere hochbetagten Menschen und Patientinnen und Patienten etwa mit Herzkreislauferkrankungen, sich vor der Hitze schützen. Gerade zur Mittagszeit sollte man im Zweifel lieber in der kühlen Wohnung oder Haus bleiben und körperliche Anstrengungen vermieden. "Alles, was für Abkühlung sorgt, ist ebenfalls sinnvoll, zum Beispiel ein kühles Fußbad", so der Verband.
Hitzetelefone auch in anderen Städten
Die Hotline gegen Hitze gibt es auch in anderen hitzegeplagten Städten: etwa in Kassel, Worms und in Krefeld. In Saarbrücken dürfte das Hitzetelefon bei etwa 15 älteren Menschen klingeln. Christiane Poersch von der Diakonie Saar hofft, dass es noch mehr werden. "Vielleicht braucht es auch noch Zeit, bis es sich herumspricht."
In Kassel gibt es das Hitzetelefon schon seit zwölf Jahren - nach Angaben der Stadt mit 20 registrierten Teilnehmern. Neben den Informationen werde auch das freundliche Gespräch besonders geschätzt.
Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Saarbrücken hoffen, dass vor der anstehenden neuen Hitzewelle das Telefon genutzt wird - denn nur dann kann es Leben retten. Angesichts von Tausenden Hitzetoten allenfalls ein erster Schritt dahin, mehr Bewusstsein für die Risiken der Gluthitze zu wecken. "Wir sind ein sehr betroffenes Land und müssen dringend für mehr Klimatisierung sorgen", so Hitzeforscher Witt.