Jugendschutz Mehr Kinder und Jugendliche in Obhut genommen
Die Zahl der Kinder und Jugendlichen, die in behördliche Obhut kommen, hat im vergangenen Jahr einen neuen Höchstwert erreicht. Besonders eine Gruppe sorgte für den Anstieg: unbegleitet eingereiste Minderjährige.
Die Jugendämter haben 2023 erneut mehr Kinder und Jugendliche zu deren Schutz in Obhut genommen als im Jahr zuvor. Der Anstieg um 12 Prozent auf insgesamt 74.600 Fälle lässt sich nach Angaben des Statistischen Bundesamts auf unbegleitet eingereiste Minderjährige aus dem Ausland zurückführen.
Etwa jede zweite Inobhutnahme (53 Prozent) folgte auf eine unbegleitete Einreise. Dazu zählen sowohl vorläufige Inobhutnahmen (33 Prozent) direkt nach der Einreise, als auch reguläre Inobhutnahmen (20 Prozent), die - in der Regel nach einer bundesweiten Verteilung der Betroffenen - daran anschließen.
Ohne Berücksichtigung dieser Fälle sei die Zahl der Inobhutnahmen laut Statistischem Bundesamt um sieben Prozent gesunken.
Jeder zehnte Betroffene meldete sich selbst
Mit 36 Prozent ging gut einem Drittel der Inobhutnahmen eine dringende Kindeswohlgefährdung voraus. In 11 Prozent aller Fälle meldeten sich die Kinder oder Jugendlichen selbst beim Jugendamt.
Zu den häufigsten Gründen für eine Inobhutnahme zählten Überforderung der Eltern (22 Prozent), Hinweise auf Vernachlässigungen (10 Prozent), Anzeichen für körperliche Misshandlungen (9 Prozent) und Beziehungsprobleme (7 Prozent). Mehrfachnennungen waren möglich.
Ein Fünftel von zu Hause ausgerissen
44 Prozent der Kinder oder Jugendlichen lebten zuvor in einer Familie oder einem privaten Haushalt, 18 Prozent waren in einer Einrichtung untergebracht, etwa in einem Heim oder einer Aufnahmeeinrichtung beziehungsweise Gemeinschaftsunterkunft.
Bei den übrigen Betroffenen lagen keine Angaben vor oder es gab keine feste Unterkunft. Rund ein Fünftel der Minderjährigen (19 Prozent) war den Angaben des Statistischen Bundesamtes zufolge von zu Hause ausgerissen.
Fast jeder Zweite wurde an neuem Ort untergebracht
Im Schnitt dauerte eine Maßnahme 50 Tage, trotzdem konnte etwa jeder dritte Fall (31 Prozent) in weniger als einer Woche beendet werden. 23 Prozent der Jungen und Mädchen kehrten nach der Inobhutnahme an ihren bisherigen Aufenthaltsort zurück.
Knapp die Hälfte (47 Prozent) wurde an einem neuen Ort untergebracht, am häufigsten in einem Heim oder einer anderen Einrichtung, deutlich seltener in einer Familie oder einem privaten Haushalt. In weiteren Fällen übernahmen andere Jugendämter oder die Betroffenen rissen aus.
Die Zahlen für das vergangene Jahr sind den Angaben zufolge nicht vollständig. Als Grund wurden Untererfassung und Datenausfälle genannt. Das Bundesamt schätzt den Ausfall auf rund 1.100 Fälle.