Steigende Pegelstände im Rhein Entspannung, aber keine Entwarnung
In den nächsten Tagen werden Niederschläge erwartet. Das Wasserstraßen- und Schifffahrtsamt Rhein rechnet deshalb mit einem Anstieg der Wasserstände von "50 Zentimetern und mehr". Für eine Entwarnung sei es aber zu früh.
Nach Tagen rekordtiefer Pegelstände an der wichtigsten deutschen Wasserstraße Rhein zeichnet sich eine Entspannung ab. "Innerhalb der nächsten Tage steigen die Wasserstände aufgrund der angekündigten Niederschläge im gesamten Rheineinzugsgebiet wieder an", teilte das Wasserstraßen- und Schifffahrtsamt Rhein mit. Die 14-Tage-Vorhersage deute darauf hin, dass die Wasserstände bis Ende der nächsten Woche "um 50 Zentimeter und mehr steigen".
Entwarnung gibt das Amt allerdings nicht, da die Wasserstände "nach dem Durchlauf der Welle wieder abklingen". Aktuell befänden sich die Wasserstände an Mittel- und Niederrhein auf einem für diese Jahreszeit außergewöhnlich niedrigen Niveau. "Sie sind Folge der fehlenden Niederschläge der vergangenen Wochen und Monate", wie es hieß.
Emmerich: Pegelstand unter Nullmarke
Der Pegelstand am Niederrhein war zuvor in Emmerich unter die Nullmarke gefallen. Bei der Messung am Morgen um 05.00 Uhr wurde das Rekordtief von minus zwei Zentimetern gemessen, wie die Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung (WSV) über das Portal Elwis mitteilte.
Schifffahrt blieb trotz der Ausnahmesituation bis zuletzt aber weiterhin möglich: Der Pegelstand ist nicht gleichbedeutend mit der für die Schifffahrt entscheidenden Fahrrinnentiefe. Diese lag in Emmerich zuletzt bei knapp unter zwei Metern.
Güterschiff freigeschleppt
Das havarierte Güterschiff auf dem Mittelrhein in Rheinland-Pfalz wurde inzwischen freigeschleppt. Es werde nun von der Unglücksstelle zwischen St. Goar und Oberwesel nach Bingen gebracht, sagte ein Sprecher der Wasserschutzpolizei.
Das 190 Meter lange und fast 23 Meter breite Schiff war in der Fahrrinne flussaufwärts mit einem Maschinenschaden liegen geblieben, so dass kein Schiff mehr passieren konnte.
Wissing: Zu wenig in Infrastruktur investiert
Bundesverkehrsminister Volker Wissing bereitet das Niedrigwasser Sorge. "Wir sind in einer Situation, in der die Infrastruktur extrem herausgefordert ist", sagte der FDP-Politiker im ARD-Morgenmagazin. Auf die Frage, ob dies zu Kurzarbeit oder ähnlichen gravierenden Konsequenzen führen könne, antwortete er: "Ich hoffe nicht".
In den vergangenen Jahrzehnten sei zu wenig in die Infrastruktur investiert worden - etwa in die Rhein-Vertiefung, mit der auch bei sehr niedrigem Wasserstand die Binnenschifffahrt am Laufen gehalten werden könne. "Das gehen wir jetzt an", sagte Wissing.
BDI warnt vor Folgen für die Wirtschaft
Die Industrie warnt angesichts rekordniedriger Pegelstände am Rhein vor schweren Folgen für die Wirtschaft. "Die anhaltende Trockenperiode und das Niedrigwasser bedrohen die Versorgungssicherheit der Industrie", sagte der stellvertretende Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI), Holger Lösch.
Es sei nur eine Frage der Zeit, bis Anlagen in der chemischen oder Stahlindustrie abgeschaltet werden, Mineralöle und Baustoffe ihr Ziel nicht erreichen oder Großraum- und Schwertransporte nicht mehr möglich sein werden. Lieferengpässe, Produktionsdrosselungen oder sogar Stillstände und Kurzarbeit wären die Folge.
Der Rhein ist ein wichtiger Schifffahrtsweg für Rohstoffe wie Getreide, Chemikalien, Mineralien, Kohle und Ölprodukte wie Heizöl. Das seit Wochen anhaltende Niedrigwasser beeinträchtigt bereits die Leistung von zwei deutschen Kohlekraftwerken.