Roboter-Kellner Wenn Sir James das Schnitzel bringt
Kellnern ist ein Knochenjob, und gute Servicekräfte sind immer schwerer zu finden. Warum also nicht Roboter-Kellner einstellen? "Sir James" tischt auf - doch etwas bleibt dabei auf der Strecke.
Die schwarz-weiße Uniform sitzt, die Teller sind voll und die Gäste hungrig: "Sir James" muss los. Er ist zwar deutlich kleiner als seine menschlichen Kollegen, schafft aber deutlich mehr Beladung.
Seit November ist der Kellner-Roboter im Restaurant "Grill au Bois" im saarländischen Neunkirchen im Einsatz und bringt Essen und Getränke zu den Gästen. Er ist einer von rund 40 Exemplaren in ganz Deutschland. Auf dem Weg zum Tisch zieht er die Blicke der Gäste an - und das liegt nicht nur an dem Essen auf seinen vier Wärmeplatten.
Ein Werbegag? Nein, sagt Küchenchef André Folschweiller. Dass er nach 40 Jahren als Restaurant-Besitzer einen Roboter einstellt, war die einzige Lösung für ein großes Problem: Die schweren Teller mit ihren schweren Servierglocken machten den Kellnern zu schaffen. "Ab einem bestimmten Zeitpunkt am Abend haben sie dann gesagt: 'Chef, Sie müssen jetzt die Teller selbst raustragen'." Und in Zeiten des Personalmangels in der Gastronomie wollte er jeden übermäßigen Mitarbeiter-Verschleiß vermeiden.
Im Anmarsch: "Sir James" bringt Essen und Getränke - und ist schon rein optisch ein Hingucker. Im Sozialverhalten hat er aber Defizite.
Keine Verletzten
Jetzt muss sein Personal meistens nur noch das Essen vom Roboter auf die Tische umladen. Das funktioniert in der Regel reibungslos. Gestolpert, wie sein Namensvetter aus dem Fernsehsketch "Dinner for One", ist "Sir James" im laufenden Betrieb noch nie. Nur bei der Einarbeitung gab es die eine oder andere Schwierigkeit, erzählt Julian Klein. "Wir Kellner standen öfter mal im Weg. Dann ist er ab und zu gegen jemanden gefahren." Verletzte habe es dabei aber keine gegeben, nur das ein oder andere versaute Hemd, sagt er und lacht.
Dass ihm Roboter einmal seinen Arbeitsplatz ganz wegnehmen, befürchtet er nicht. Einen guten Wein zum Essen empfehlen, das macht "Sir James" schließlich nicht und Küchenchef Folschweiller plant auch nicht, es ihm einzuprogrammieren.
16.000 Euro kostet "Sir James"
Er will seine Mitarbeiter nicht ersetzen, sondern entlasten. So, dass das Kellnern weniger Schleppen und mehr Kundenkontakt bedeutet - kurz: ein attraktiverer Beruf für junge Menschen wird.
Dabei könnte es sich für ihn durchaus lohnen, zugunsten von Robotern auf Mitarbeiter zu verzichten: Ein Exemplar von "Sir James" kostet etwa 16.000 Euro - inklusive Planung und Installation. Für einen menschlichen Kellner bezahlt das Restaurant dieselbe Summe in etwa vier Monaten.
Die Digitalisierung in der Gastronomie kommt spät in Deutschland.
Service-Maschinen als "Sahnehäubchen"
Aber die Gäste geben Folschweillers Argumentation recht: Von Menschen bedient zu werden, gehört für sie noch zum Erlebnis "Gourmet-Restaurant" dazu. Der Roboter ist für sie höchstens das Sahnehäubchen. "Außergewöhnlich", "originell", "ein Hingucker", diese Begriffe fallen, wenn man die Kunden auf den Roboter anspricht.
Vor allem jüngere Gäste haben kaum Vorbehalte gegenüber "Sir James". Für sie ist es nur folgerichtig, dass eine neue Generation Kellner wenig Lust auf schweres Schuften hat und daher den Roboter mit offenen Armen empfängt. Ältere Gäste sind zurückhaltender, manche irritiert von den Service-Maschinen und dem Gedanken dahinter. Wozu ein Roboter, wenn ihn doch sowieso ein Kellner begleitet?
In Asien sind Roboter in der Gastronomie schon ein normaler Anblick.
Gastronomie ist spät dran mit der Digitalisierung
Folschweiller ist nicht der einzige Gastronom, der in Robotern eine Lösung für seine Personalprobleme sieht. Glaubt man dem Hersteller, finden die Geschwister von "Sir James" großen Absatz. Etwa 150 Roboter sind in rund 100 Hotels und Restaurants unterwegs, erzählt Frank Schröder, der für den Hersteller den deutschen Vertrieb übernimmt. "Es gibt den Restaurants Planungssicherheit: Die Arbeitskraft ist auf jeden Fall verfügbar, auch wenn mal ein menschlicher Kollege ausfällt. Das gibt den Wirten die Möglichkeit, ihren Mitarbeitern auch mal an einem Wochenende oder einem Feiertag frei zu geben."
Die Digitalisierung der Gastronomie komme spät, aber dafür umso rasanter, so Schröder. Den deutschen Gastronomiebetrieben komme dabei zugute, dass die Technik ausgereift sei. In Asien, wo die Roboter hergestellt werden, sind sie schon seit vielen Jahren ein normaler Anblick.
Bewirtung statt Versorgung
Dass das auch hierzulande passieren könnte, glaubt der Branchenverband Dehoga nicht. "Die Gäste wollen nicht versorgt, sondern bewirtet werden", sagt Dehoga-Chefin Ingrid Hartges. Ein Restaurant oder Hotel werde nur dann Erfolg haben, wenn der persönliche Service stimme. Und nur mit "automatischen Tablettwagen" gehe das nicht.
In Neunkirchen geht Restaurantbesitzer Folschweiller trotzdem den nächsten Schritt: Im Biergarten sind ab diesem Sommer noch drei baugleiche Service-Roboter unterwegs - unbegleitet. Ohne menschlichen Kellner im Schlepptau. Die Gäste sollen die Biergläser selbst entgegennehmen. Und im "Grill au Bois" gibt es dafür in Zukunft eine Vier-Tage-Woche.