Schwimmmeister-Mangel Sommerjob mit Schattenseiten
Der Sommer ist da, aber immer öfter bleibt das Freibad zu. Der Branche fehlen 3000 Schwimmmeister. Der Job am Beckenrand hat seine schönen Seiten, bringt aber viel Verantwortung mit sich - und wenig Geld.
Schwimmmeister Armin Bölke ist glücklich: Endlich ist bestes Freibadwetter und die Menschen strömen zu ihm ins Bad. Endlich mal wieder den Geruch von Chlor und knusprigen Freibad-Pommes einatmen.
Der 61-Jährige aus Mundelsheim im Kreis Ludwigsburg in Baden-Württemberg, nennt sich selbst "Schwimmmeister" und nicht "Bademeister". Schließlich habe er ein "Schwimmbad" unter sich und keine "Badewanne", lacht der Mann am Beckenrand und fügt hinzu: "Ich habe vier Berufe in einem: Ich bin Lebensretter, Techniker, manchmal Polizist und Psychologe."
Schwimmmeister Armin Bölke hat viele Aufgaben im Freibad.
Viel Verantwortung, wenig Geld
"Du hast es gut, Armin, du bist den ganzen Tag im Freibad und kriegst auch noch Geld dafür", ruft ihm ein Badegast vom Beckenrand zu. "Von wegen Traumjob", kontert der Rettungsschwimmer.
Die Arbeit sei verantwortungsvoll, mit ungünstigen Arbeitszeiten am Wochenende und in den Ferien. Dazu sei der Job auch noch schlecht bezahlt. Das Einstiegsgehalt liege bei 2200 Euro brutto.
Mit ein Grund, warum Fachangestellte für Bäderbetriebe - wie es amtlich heißt - verzweifelt gesucht werden. Es besteht eine echte Schwimmmeisterkrise, kritisiert Bölke. Etwa 3000 von ihnen fehlen bundesweit, schätzt der Bundesverband Deutscher Schwimmmeister (BDS) - und es werden immer mehr.
Furcht vor Gesellschaft von Nichtschwimmern
Die Folge des Personalmangels: Von den mehr als 6000 Hallen- und Freibädern machen nach Rechnung der Deutschen Lebensrettungsgesellschaft (DLRG) etwa 80 jährlich dicht. Eine weitere Folge des Bädersterbens: Immer weniger Kinder können sich über Wasser halten. Von den Zehnjährigen können 59 Prozent nicht sicher schwimmen. Die DLRG führt das auch darauf zurück, dass immer mehr Schwimmunterricht ausfällt. Es drohe eine Gesellschaft von Nichtschwimmern, fürchtet Bölke.
Auch im Freibad Mundelsheim müssen Öffnungszeiten eingeschränkt werden.
Die Badegäste sind die Leidtragenden
Bereits im Winter hat Bölke für sein Freibad in Mundelsheim einen neuen Kollegen oder eine Kollegin gesucht - vergebens. "Jetzt müssen wir die Öffnungszeiten verkürzen, zum Leidwesen der Badegäste," erzählt er und ruft direkt im Anschluss zwei Jugendlichen zu: "Hey Jungs, seid vorsichtig mit dem Ball! Da liegen Badegäste, das ist gefährlich. Sonst nehme ich Euch den Ball weg."
Die schlechte Bezahlung beschäftigt Armin Bölke. Schließlich tragen er und seine Kollegen eine große Verantwortung: 375 Quadratmeter Wasseroberfläche gilt es zu beaufsichtigen.
Ein trauriges Erlebnis wirkt bis heute noch nach: Zu Beginn seiner Laufbahn ist während seiner Schicht ein neunjähriger Junge ertrunken. Bölke konnte nichts dafür, sagt er heute. Die Eltern hätten ihre Aufsichtspflicht verletzt. "Alle verzweifelten Wiederbelebungsversuche konnten ihn nicht retten. Ich sehe den Jungen heute noch daliegen", sagt er sichtlich berührt.
Freibad als Spiegelbild der Gesellschaft
"So ein Freibad ist ein Spiegelbild der Gesellschaft", stellt Bölke fest - mit fehlendem Respekt, Randalen und Betrunkenen, die Frauen anpöbeln. Einmal musste er wegen Drogen im Bad schon die Polizei rufen.
Um 20 Uhr ist auch für den Schwimmmeister Feierabend. Dann hat er das Freibad Mundelsheim, das malerisch zwischen Neckar und Weinbergen liegt, ganz für sich allein. "Mein schönster Moment am Tag," sagt Bölke - und springt kopfüber ins Wasser.