Fragen und Antworten zu Gigalinern Ein langes Stück auf Deutschlands Straßen
Ein Möglichkeit, die Straßen zu entlasten - oder Ungetüme, die die Straßen verstopfen? Und wie steht es mit dem Umweltschutz? Die als Gigaliner bekannt gewordenen Riesen-Lkw sind umstritten, bei Politik und Bevölkerung. tagesschau.de beantwortet die wichtigsten Fragen zu den neuen Lastern.
Was unterscheidet Gigaliner vom normalen Lkw?
Schlicht und einfach die Größe. Bislang durften Lastwagen auf deutschen Straßen nicht länger als 18,75 Meter und nicht schwerer als 40 Tonnen sein. Gigaliner sollen bis zu 44 Tonnen wiegen dürfen und maximal 25,25 Meter lang sein. Die Bundesregierung will etwa 400 solcher Gigaliner fünf Jahre lang testen.
In anderen Ländern sind zum Teil noch größere Fahrzeuge mit bis zu 60 Tonnen Gewicht im Einsatz. Solche "Monstertrucks" soll es nach Angaben des Bundesverkehrsministeriums in Deutschland nicht geben. Die Bundesregierung spricht im übrigen auch bei den Lastwagen, die jetzt eingesetzt werden sollen, nicht von "Gigalinern". Allerdings hat sich der Begriff bereits im allgemeinen Sprachgebrauch etabliert.
Was bedeuten Gigaliner für Umwelt und Infrastruktur?
Lastwagen sind wegen ihres Gewichts eine enorme Belastung für die Infrastruktur. Davon zeugen im Alltag neben entsprechenden Hinweisschildern vor älteren Brücken auch die Spurrillen, die sich früher oder später auf der rechten Spur jeder Autobahn bilden. Entscheidend dafür ist aber weniger das Gesamtgewicht eines Fahrzeugs, sondern vor allem das Gewicht pro Achse. Das kann - je nach Bauart - bei einem Gigaliner sogar geringer sein als bei einem herkömmlichen Lkw.
Komplizierter ist es, die Effekte auf die Umwelt einzuschätzen. Die Befürworter rechnen vor, dass zwei Gigaliner drei herkömmliche Lastzüge ersetzen können, und leiten daraus geringere Umweltbelastungen ab. Gegner, wie etwa der Verkehrsclub Deutschland (VCD) warnen, mit den Gigalinern werde es noch attraktiver, Güter auf der Straße statt auf der umweltfreundlichen Schiene zu befördern. Zudem argumentieren Umweltschützer, dass zusätzliche kleine Lkw eingesetzt werden müssten, um die Waren schließlich zu den Geschäften in den Innenstädten zu fahren.
Sind die Straßen in Deutschland überhaupt für Gigaliner geeignet?
In vielen Innenstädten wären die Straßen definitiv zu eng. Hier sollen die Gigaliner aber auch nicht fahren. Der Fünf-Jahres-Test mit den extralangen Lastwagen soll auf einem ausgewählten Straßennetz stattfinden. Infrage kommen dafür aber in erste Linie Autobahnen und andere Fernstraßen. Welche Strecken dafür freigegeben werden, ist Sache der Bundesländer. Probleme könnte es etwa bei Kreuzungen mit Kreisverkehren geben.
Ein größeres Problem stellen die Parkplätze und Rastanlagen dar. Sie sind nicht auf die Größe der Riesen-Lkw ausgerichtet. Stellplätze sind einfach zu kurz. Mit diesem Problem werden auch die Unternehmer konfrontiert: Auch sie müssen ihre Wege und Einfahrten zu den Ladeplätzen sowie die Ladeplätze selbst den neuen Längen anpassen.
Werden die Gigaliner in ganz Deutschland fahren?
Nein, denn nur einige Bundesländer unterstützen den Gigaliner-Test. Voraussichtlich werden Thüringen, Bayern, Niedersachsen, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Schleswig-Holstein am Test teilnehmen.
Der Feldversuch bleibt in vielen Ländern umstritten. So ist beispielsweise in Hessen noch unklar, ob die längeren Lkw erlaubt werden. Sollte Hessen nicht an dem Test teilnehmen, hätte das Folgen für den gesamten Feldversuch: Durch Hessen verlaufen wichtige Transitstraßen wie etwa die A7. Sollten diese Autobahn und ähnlich wichtige Transportstrecken aus dem Test herausfallen, würde das Ergebnis der Probephase erheblich beeinflusst. Niedersachsen stellte wegen der schwindenden Unterstützung den Nutzen des Versuchs bereits infrage.
Welches Sicherheitsrisiko besteht durch die Gigaliner?
Laut Bundesverkehrsministerium bestünden keine Sicherheitsrisiken durch die längeren Lkw. Das Ministerium verweist darauf, dass die am Feldversuch teilnehmenden Gigaliner-Fahrer in einem speziellen Lehrgang eingewiesen werden. Zudem müssten die Fahrer seit mindestens fünf Jahren einen Führerschein besitzen und fünf Jahre Berufserfahrung mitbringen. Sie dürften mit nicht mehr als drei Punkten im Flensburger Verkehrszentralregister belastet sein. Die Lkw selbst entsprechen höchsten technischen Standards.
Kritiker sehen trotz dieser Vorkehrungen ein erhöhtes Risiko. Eines ihrer Argumente: Das Überholen eines Gigaliners dauert länger, Autofahrer könnten die Länge des Überholweges unterschätzen. Besonders bei Gegenverkehr könne es so zu einer höheren Unfallgefahr kommen. Zudem warnt der VCD vor mehr Staus durch die Riesen-Lkw. Da die Gigaliner 6,5 Meter länger seien als herkömmliche Lkw bräuchten sie deutlich mehr Zeit, um über Kreuzungen zu fahren. Deswegen müssten beispielsweise die Rotphasen der Ampeln verlängert werden, was zu längeren Staus für die Autofahrer führe.