Gemeinsames Terrorismus-Abwehrzentrum Unscheinbare Behörde - immense Bedeutung
Das Gemeinsame Terrorismus-Abwehrzentrum in Berlin ist die wichtigste Schaltstelle im Kampf gegen den islamistischen Terrorismus. Vertreter aller zuständigen Behörden arbeiten dort zusammen, was anfangs eine Herausforderung war. Bewährt hat sich die Kooperation im Fall der Sauerland-Gruppe.
Von Holger Schmidt, SWR Baden-Baden
Das gemeinsame Terrorismus-Abwehrzentrum, kurz GTAZ, ist ein unscheinbarer Bau. Langgestreckt, dreistöckig, aus rotem Backstein mit weißen Fenstern, ein hoher Zaun drumherum. Kameras überwachen das Gelände. Das Abwehrzentrum gilt als die wichtigste Schaltstelle im deutschen Kampf gegen den islamistischen Terrorismus. Vertreter aller wichtigen Polizeibehörden aus Bund und Ländern, aller deutschen Nachrichtendienste sowie weitere Behörden, die mit der Inneren Sicherheit zu tun haben, treffen sich hier regelmäßig zu Lagebesprechungen.
Vormittags um 10:00 Uhr, Sitzungsraum erster Stock. Das BKA gibt sich zugeknöpft. Tonaufnahmen sind im GTAZ nicht erlaubt. Doch ein Vertreter der Landespolizei gibt Einblicke in das Terrorismuszentrum: Der Kriminalbeamte Hans K. ist seit mehr als vier Jahren für Baden-Württemberg dabei. Er beschreibt den Sitzungsraum: "Großer Raum mit einer langen Fensterfront. Er ist klimatisiert für längere Sitzungen und hat eine Uhr, die die Uhrzeiten von verschiedenen wichtigen Städten in der Welt zeigt, zum Beispiel Riad, Washington, London."
Kurze Wege, direkter Austausch
BKA, Verfassungsschutz, Bundesnachrichtendienst, die 16 Landeskriminalämter und die 16 Landesämter für Verfassungsschutz, dazu auch das Zollkriminalamt, die Bundespolizei und weitere Behörden - das ist das GTAZ. Auch der Generalbundesanwalt ist dabei. Die oberste Anklagebehörde ist grundsätzlich für terroristische Straftaten als Staatsanwaltschaft zuständig.
Bundesanwalt Rainer Griesbaum, Leiter der Terrorismusabteilung, hat den Austausch im GTAZ schätzen gelernt: "Der große Vorteil besteht darin: Man trifft sich zur Lagebesprechung, alle sind im selben Gebäude den ganzen Tag zu erreichen. In dringenden Fällen auch am Wochenende. Dieses unmittelbare Anknüpfen an Erfahrungen ist der große Vorteil. Es wird Zeit gespart. Es kann sofort eine Frage gestellt werden, die rechtlich zu bewerten ist."
Vorurteile mussten ausgeräumt werden
Dabei war es anfangs hoch umstritten, ob Staatsanwaltschaft, Polizei und Verfassungsschutz ständig in einer Runde zusammensitzen können und dürfen. Das deutsche Trennungsgebot, wonach es rechtliche Grenzen für die Zusammenarbeit gibt, muss beachtet werden.
Außerdem gab es Vorurteile zwischen Verfassungsschützern und Polizisten. Doch das sei vorbei, erzählt Hans K. "Man hat sich schätzen gelernt, man sieht auch, was der andere leisten kann. Jeder hat andere Aufgaben. Insofern lernt man auch voneinander." Das Miteinander könne nur wachsen, wenn man Verständnis füreinander entwickle, wenn man die Aufgaben der anderen kenne und wisse, wie sie diese ausfüllen können.
Erste Bewährungsprobe: Die Sauerland-Gruppe
Inzwischen haben sich die Mitarbeiter eingespielt, auch aufgrund der ersten großen Herausforderung, die das Zentrum zu bewältigen hatte. Es waren die Ermittlungen gegen die so genannte Sauerland-Gruppe, die in Deutschland Bombenanschläge auf amerikanische Einrichtungen verüben wollte. Die ersten Hinweise tauchten im GTAZ auf. Amerikanische Nachrichtendienste gaben Informationen weiter und tatsächlich ging es teils um Personen, die in Hessen, Baden-Württemberg und dem Saarland bereits bekannt waren.
Bundesanwalt Rainer Griesbaum hebt den Fall als Beispiel guter Zusammenarbeit hervor. Die Ermittlungen hätten in hervorragender Weise begonnen. "Häufig ist es ja so, dass in solchen Bereichen das Ergebnis so gut ist, wie der Beginn: Da muss schon da effektiv zusammengearbeitet werden."
Pannen wie in den USA verhindern
Tag für Tag wird im GTAZ diese Zusammenarbeit versucht. Jeder Beamte weiß: Die Anschlagsplanungen des 11. Septembers 2001 hätten US-Behörden auffallen können, wenn man vorhandene Informationen ausgetauscht hätte. So eine Panne soll in Deutschland nicht passieren.
Deshalb treffen sich Hans K. und seine Kollegen auch am nächsten Tag wieder um 10:00 Uhr im GTAZ, auch wenn die ständigen Reisen nach Berlin für viele Beamte nicht leicht sind: "Ja, man muss natürlich eine verständnisvolle Frau und Familie haben, wenn man viel unterwegs ist. Das habe ich Gott sei Dank. An die Reiserei gewöhnt man sich mit der Zeit. Aber es ist auch wichtig, zur Dienststelle zurückzukommen und den Kontakt zu den Ermittlungsgruppen und den Kollegen vor Ort zu haben."
Holger Schmidt ist ARD-Experte für Terrorismus und Innere Sicherheit.