Probleme beim 49-Euro-Ticket Im Schneckentempo zum "Deutschlandticket"
Das neue "Deutschlandtempo", das Kanzler Scholz ausgerufen hat, gilt offenbar nicht für das "Deutschlandticket". Denn hier hakt es gewaltig. Ob das 49-Euro-Ticket zum 1. Mai kommt, ist fraglich. Wer bremst?
Die Ausgangslage
Eigentlich sollten Fahrgäste längst mit dem "Deutschlandticket" unterwegs sein können - doch der bundesweite Pauschaltarif für Busse und Bahnen lässt noch Monate auf sich warten. Die Länder geben Bundesverkehrsminister Volker Wissing die Schuld. Sie werfen dem FDP-Politiker Blockade vor. Wissing wiederum zeigt auf die Länder. Für die Umsetzung des Tickets seien in erster Linie die für den ÖPNV zuständigen Länder und Verkehrsunternehmen zuständig.
Wann kommt das 49-Euro-Ticket?
Schwer zu sagen. Ursprünglich sollte das "Deutschlandticket" schon Anfang 2023 starten. Zuletzt war der 1. April im Gespräch. Nun sollen Fahrgäste den Fahrschein ab dem 3. April kaufen können und vom 1. Mai an damit fahren - so der Plan.
Nachdem die Skepsis beim zuletzt angepeilten Starttermin 1. April wuchs, stellte Minister Wissing kürzlich klar: "Für mich steht fest - nicht später als der 1. Mai."
Auch der VDV betont: "Die Branche wäre bis 1. Mai startklar." Aus ihrer Sicht könne der Verkauf der Tickets ab Anfang April losgehen, sagte VDV-Präsident Ingo Wortmann heute bei der Jahrespressekonferenz des Verbands. Es fehlten aber noch politische Beschlüsse.
Bremens Mobilitätssenatorin Maike Schaefer hält das Startdatum aber nach wie vor für nicht gesichert. Detailfragen seien noch ungeklärt, so die Grünen-Politikerin.
Ein Sprecher des Bundesverkehrsministeriums wollte sich zuletzt nicht auf einen Einführungstermin festlegen. Er äußerte lediglich die Erwartung, "dass wir hier schnell vorankommen". Man sei dabei, mit den Ländern "verschiedene Sachen noch zu klären".
Wie soll das Ticket funktionieren?
Das "Deutschlandticket" ist als monatlich kündbares Abo gedacht. Es soll bundesweit für Busse und Bahnen im Nah- und Regionalverkehr gültig sein. Je nach Region können Abonnenten Kinder, Hunde oder Fahrräder mitnehmen. SPD-Fraktionsvize Detlef Müller forderte Flexibilität während der Einführungsphase: "Bis eine bundeseinheitliche Regelung gefunden ist, sollte geprüft werden, ob die bisherigen lokalen Regelungen der Nahverkehrsabonnements übergangsweise gelten können."
Der VDV schätzt, dass rund 5,6 Millionen Menschen mit dem 49-Euro-Ticket erstmals ein Abo für den Nahverkehr abschließen könnten. 11,3 Millionen Fahrgäste könnten von einem anderen Abo in das neue Angebot wechseln, so der Verband.
Nur digital oder auch auf Papier?
Bundesverkehrsminister Wissing dringt auf ein rein digitales Ticket. Aus den Bundesländern kommt aber die Forderung, zumindest zeitweise auch Papierfahrkarten anzubieten. Sie argumentieren, nicht alle Menschen seien digital so fit oder hätten ein Smartphone, um ein papierloses Ticket lösen zu können. Diese Menschen wären dann ausgeschlossen.
Ein weiterer Vorteil des Papiertickets wäre, dass kleinere Verbünde und Verkehrsunternehmen damit mehr Puffer hätten, um ein digitales Angebot umzusetzen. Die technische Umsetzung liegt bei den Bundesländern und den Verkehrsbetrieben.
Wie sieht es bei den rechtlichen Rahmenbedingungen aus?
Der VDV weist darauf hin, dass noch politische Entscheidungen ausstünden. Der Bund müsse liefern. Notwendig sei etwa die bundesweite Tarifgenehmigung und eine Änderung des Regionalisierungsgesetzes. Dieses soll der Bundesrat nach Angaben aus Bremen am 31. März beschließen. Auch eine Genehmigung der EU ist noch notwendig. Die Abstimmung mit der Europäischen Kommission, was die beihilferechtlichen Fragen angeht, laufe derzeit, sagte ein Ministeriumssprecher.
Ebenso fehlt bislang eine Regelung zur Einnahmeaufteilung, mit der die Fahrgeldeinnahmen zwischen verschiedenen Verkehrsunternehmen verteilt werden, die einen gemeinsamen Tarif anerkennen.
Wie wird das Ticket finanziert?
Damit die Länder bei dem Pauschaltarif mitmachen, will der Bund im ersten Jahr die Mehrkosten zur Hälfte übernehmen. Für die Folgejahre steht eine gemeinsame Regelung aber noch aus.
Der Bund hat den jährlichen Zuschuss, die Regionalisierungsmittel, um eine Milliarde erhöht. Bremens Mobilitätssenatorin Schaefer forderte aus Sicht der Länder aber erneut zusätzlich 1,5 Milliarden Euro, damit die Klimaziele im Verkehr nicht verfehlt werden.
Bussen und Bahnen in Deutschland fehlt chronisch Geld. Der Fahrkartenverkauf deckt nach Branchenangaben nur etwa die Hälfte der Kosten, den Rest schießt die öffentliche Hand zu.
Einzelne Bundesländer planen, das 49-Euro-Ticket für Geringverdienende oder junge Menschen günstiger anzubieten, etwa Bremen, Hessen oder das Saarland. Ein solches ermäßigtes Angebot gibt es bisher nur in Berlin. Bundesweit hatten unter anderen der Paritätische Gesamtverband und der Bundesverband der Verbraucherzentralen einen Sozialtarif gefordert, da arme Menschen nicht vom geplanten "Deutschlandticket" profitierten.