Spionagevorwürfe gegen AfD-Mitarbeiter Faeser sieht Krah in Verantwortung
Nach den Spionagevorwürfen gegen einen Mitarbeiter des AfD-Spitzenkandidaten Krah drängt Innenministerin Faeser auf Aufklärung und sieht auch Krah in der Verantwortung. Der zeigt sich überrascht - er habe durch die Medien von der Festnahme erfahren.
Der Vorwurf wiegt schwer: Ein Mitarbeiter von Maximilian Krah, AfD-Politiker und Spitzenkandidat der Partei für die Europawahl, soll für den chinesischen Geheimdienst spioniert haben. Die AfD will die Ermittlungen nach der Festnahme des Mannes abwarten - Krah selbst zeigte sich überrascht.
Von der Festnahme seines Mitarbeiters habe er am Vormittag aus der Presse erfahren, erklärte Krah in einer Mitteilung. "Weitere Informationen liegen mir nicht vor", hieß es darin. Der Vorwurf von Spionage für ein anderes Land sei "eine schwerwiegende Anschuldigung", erklärte der AfD-Politiker und fügte hinzu: "Sollten sich die Vorwürfe als wahr erweisen, würde dies die sofortige Beendigung des Dienstverhältnisses nach sich ziehen."
Das EU-Parlament hat den beschuldigten Mitarbeiter bereits vom Dienst suspendiert, wie die Nachrichtenagenturen dpa und AFP übereinstimmend berichten. "Nach der Entscheidung der deutschen Justizbehörden, eine Person festzunehmen, die derzeit als akkreditierter Assistent (APA) im Europäischen Parlament tätig ist, und in Anbetracht der Schwere der Enthüllungen, hat das Parlament die betreffende Person mit sofortiger Wirkung suspendiert", zitierte die dpa Angaben des EU-Gremiums. Das Parlament werde nun mit den zuständigen Behörden zusammenarbeiten und falls nötig, weitere Folgemaßnahmen ergreifen.
Bundesinnenministerin Nancy Faeser zeigte sich alarmiert. Sie sprach von "äußerst schwerwiegenden" Anschuldigungen. "Wenn sich bestätigt, dass aus dem Europäischen Parlament heraus für chinesische Nachrichtendienste spioniert wurde, dann ist das ein Angriff von innen auf die europäische Demokratie", betonte die SPD-Politikerin. Auch das mögliche Ausspähen der chinesischen Opposition stelle einen schwerwiegenden Vorwurf dar.
Faeser und Buschmann fordern rasche Aufklärung
Faeser drängte auf eine umfassende Aufklärung des Falles. "Alle Verbindungen und Hintergründe müssen ausgeleuchtet werden", forderte sie. Und stellte gleichzeitig klar, dass auch "derjenige, der einen solchen Mitarbeiter beschäftigt", einen Teil der Verantwortung trage.
Auch Bundesjustizminister Marco Buschmann betonte gegenüber dem ARD-Hauptstadtstudio, sollte sich der Vorwurf bestätigen, "trifft er das Herz unserer Demokratie". Der FDP-Politiker fügte hinzu:
Abgeordnete und ihre Mitarbeiter stehen in besonderer Weise im Dienst unserer Demokratie - hier stehen Vorwürfe im Raum, die dem diametral entgegenlaufen. Das können wir nicht dulden, hier müssen harte Konsequenzen folgen, wenn sich der Verdacht bestätigt.
Verdächtiger soll Informationen aus EU-Parlament weitergegeben haben
Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im EU-Parlament, David McAllister, sprach im rbb von einem "ungeheuerlichen, schwerwiegenden Vorgang". "Hier wird einer der engsten Mitarbeiter des Spitzenkandidaten der AfD festgenommen, weil er für die chinesischen Dienste Oppositionelle und Dissidenten in Deutschland ausspioniert hat", so der CDU-Politiker. Er forderte die AfD auf, bereits jetzt Konsequenzen aus dem Spionage-Verdacht zu ziehen.
Der Beschuldigte war seit 2019 für den EU-Abgeordneten Krah tätig. Die Generalbundesanwaltschaft wirft ihm eine Agententätigkeit für einen ausländischen Geheimdienst in einem besonders schweren Fall vor. Jian G. soll wiederholt "Informationen über Verhandlungen und Entscheidungen im Europäischen Parlament an seinen nachrichtendienstlichen Auftraggeber" weitergegeben haben.
Aus der Bundesgeschäftsstelle der AfD hieß es, es handele sich um eine sehr beunruhigende Meldung. Da aber keine weiteren Informationen zu dem Fall vorlägen, werde die Partei die Ermittlungen des Generalbundesanwalts abwarten.
Parteien fordern Rücktritt Krahs als EU-Spitzenkandidat
Aus den Reihen deutscher Parteien mehrt sich aufgrund der Vorwürfe gegen einen seiner Mitarbeiter auch die Forderung, dass Krah seine Nominierung als Spitzenkandidat für die Europawahl aufgeben sollte. "Es ist absolut indiskutabel, einen Spitzenkandidaten zu haben, der sich mit derartigen Vorwürfen auseinanderzusetzen hat", sagte etwa CDU-Parlamentsgeschäftsführer Thorsten Frei der Rheinischen Post.
Auch die FDP-Politikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann schloss sich der Forderung an - und bezog diese nicht nur auf Krah, sondern auch auf Petr Bystron. Der außenpolitische Sprecher der AfD-Fraktion, der für die Partei auf Platz zwei der Liste für die Europawahl im Juni kandidiert, sieht sich mit Korruptionsvorwürfen konfrontiert. Er soll aus dem Umfeld der russischen Propaganda-Plattform "Voice of Europe" Geld erhalten haben. Beide AfD-Politiker müssten aus Sicht Strack-Zimmermanns ihre Kandidatur niederlegen, "statt unserem Land weiter zu schaden".
Kritik äußerte ebenfalls in der Rheinischen Post SPD-Fraktionsvize Dirk Wiese: "Erst die Vorwürfe schmieriger Geldzahlungen aus dem Kreml, jetzt mutmaßliche Spionage für China". Die AfD versinke im Chaos von Vorwürfen des Geheimnisverrats und kriminellen Machenschaften.
Der Parteichef der Grünen, Omid Nouripour, drängte beim Kurznachrichtendienst X auf "Aufklärung über die undurchsichtigen Beziehungen ihres Spitzenkandidaten Krah zu Vertretern Russlands und Chinas".
China widerspricht Spionagevorwurf
China weist die Spionagevorwürfe hingegen klar zurück. Die Anschuldigungen dienten dazu, "China zu verleumden und zu unterdrücken" und hätten das Ziel, "die Atmosphäre der Zusammenarbeit zwischen China und Europa zu zerstören", teilte Wang Wenbin, Sprecher des Außenministeriums in Peking, mit.
Wang sprach von einer "Theorie der chinesischen Spionagebedrohung in der europäischen Öffentlichkeit", die "oft vor und nach hochrangigen Gesprächen zwischen China und Europa wieder aufgewärmt" werde. Vor rund einer Woche war Bundeskanzler Olaf Scholz zu einem zweitägigen Besuch nach China gereist und war unter anderem zu Beratungen mit Chinas Staatschef Xi Jinping zusammengekommen.
Außenministeriumssprecher Wang betonte, China habe sich "immer an das Prinzip des gegenseitigen Respekts und der Nichteinmischung in die inneren Angelegenheiten der anderen gehalten". "Die zuständigen Mitarbeiter in Deutschland" sollten "ihre Mentalität des Kalten Krieges aufgeben und die sogenannte Spionagebedrohung nicht mehr für politische Manipulationen gegen China nutzen", forderte er.