Spionagevorwürfe gegen AfD-Mitarbeiter Rücktrittsforderungen gegen Krah
Wegen der Spionagevorwürfe gegen seinen Mitarbeiter haben Vertreter mehrerer Parteien AfD-Spitzenkandidat Krah zum Rücktritt aufgefordert. Sein Assistent Jian G. wurde derweil vom EU-Parlament suspendiert. Die AfD-Spitze will sich morgen zu dem Fall äußern.
Politiker fast aller im Bundestag vertretenen Parteien fordern den Rücktritt des AfD-Spitzenkandidaten für die Europawahl, Maximilian Krah, nachdem einer seiner Mitarbeiter wegen Spionageverdachts festgenommen wurde. CDU-Parlamentsgeschäftsführer Thorsten Frei sagte der Rheinischen Post: "Es ist absolut indiskutabel, einen Spitzenkandidaten zu haben, der sich mit derartigen Vorwürfen auseinanderzusetzen hat."
Parteiübergreifende Kritik - Aktuelle Stunde im Bundestag
Die FDP-Abgeordnete Marie-Agnes Strack-Zimmermann kritisierte auch den AfD-Europakandidaten Petr Bystron, gegen den es Vorwürfe gibt, er habe möglicherweise Geld für prorussische Propaganda bekommen: "Beide müssten nach menschlichem Ermessen ihre Kandidatur niederlegen, statt unserem Land weiter zu schaden", sagte sie dem Tagesspiegel.
Grünen-Chef Omid Nouripour sieht in der AfD eine Gefahr für die nationale Sicherheit. "Es braucht dringend Aufklärung über die undurchsichtigen Beziehungen ihres Spitzenkandidaten Krah zu Vertretern Russlands und Chinas", schrieb er bei X. Der SPD-Fraktionsvize Dirk Wiese sprach von chaotischen Zuständen in der AfD: "Erst die Vorwürfe schmieriger Geldzahlungen aus dem Kreml, jetzt mutmaßliche Spionage für China", sagte er der Rheinischen Post. Die AfD versinke im Chaos von Vorwürfen des Geheimnisverrats und kriminellen Machenschaften. Linken-Politikerin Martina Renner ging sogar noch weiter: "Wann klicken bei Krah die Handschellen?", fragte sie auf X.
Die Ampel-Parteien beantragten nach Angaben der Grünen-Parlamentsgeschäftsführerin Irene Mihalic eine Aktuelle Stunde im Bundestag, "um diese Sicherheitsbedrohung im Parlament zu thematisieren". Diese solle am Donnerstag stattfinden.
Jian G. vom EU-Parlament suspendiert
Ein langjähriger Geschäftspartner und Mitarbeiter Krahs, Jian G., war gestern Abend wegen des Verdachts der Spionage für China festgenommen worden. Seit vergangenem Januar soll er laut dem Generalbundesanwalt wiederholt Informationen über Verhandlungen und Entscheidungen im Europaparlament weitergegeben haben.
Zudem habe er für den Nachrichtendienst chinesische Oppositionelle in Deutschland ausgespäht, hieß es. Im Laufe des Tages sollte er dem Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs vorgeführt werden. Vom EU-Parlament wurde G. umgehend suspendiert. Das Parlament werde nun mit den zuständigen Behörden zusammenarbeiten und falls nötig, weitere Folgemaßnahmen ergreifen, hieß es.
Rufe nach Aufklärung aus dem EU-Parlament
Für den Chef der CDU/CSU-Gruppe im Europaparlament, Daniel Caspary, ist die Festnahme von Jian G. "ein weiterer Beleg, dass die AfD Null-Komma-Null Politik im Interesse Deutschlands macht, sondern im Gegenteil in Teilen strafrechtlich hochrelevante Verbindungen zu Staaten unterhält, die Deutschland ausspionieren und schaden wollen."
Auch die Grünen-Europaabgeordnete Terry Reintke fand scharfe Worte und forderte eine schnelle Aufklärung, auch von oberster Instanz: "Die europäischen Bürgerinnen und Bürger sollten das Recht haben, noch vor der Europawahl zu wissen, was da vorgefallen ist. Und deshalb bitte ich an sie weiterzugeben, dass sich die Präsidentin selbst darum kümmert, dass diese Untersuchung noch vor der Wahl abgeschlossen wird."
Ebenso hofft der Chef der SPD-Europaabgeordneten, René Repasi, darauf, dass die Parlamentspräsidentin dem Fall nachgeht: "Das Plenum wird sich damit erstmal nicht befassen können, aber die Parlamentspräsidentin ist im Amt bis zum Wahltag - und so lange arbeitet auch die Parlamentsverwaltung. Und die sind selbstverständlich aufgerufen zu handeln."
Faeser: "Schwerwiegende Anschuldigungen"
Bundesinnenministerin Nancy Faeser zeigte sich alarmiert. Sie sprach von "äußerst schwerwiegenden" Anschuldigungen. "Wenn sich bestätigt, dass aus dem Europäischen Parlament heraus für chinesische Nachrichtendienste spioniert wurde, dann ist das ein Angriff von innen auf die europäische Demokratie", betonte die SPD-Politikerin. Auch das mögliche Ausspähen der chinesischen Opposition stelle einen schwerwiegenden Vorwurf dar. Sie betonte, dass auch "derjenige, der einen solchen Mitarbeiter beschäftigt", einen Teil der Verantwortung trage.
Auch Bundesjustizminister Marco Buschmann betonte gegenüber dem ARD-Hauptstadtstudio, sollte sich der Vorwurf bestätigen, "trifft er das Herz unserer Demokratie". Der FDP-Politiker fügte hinzu: "Das können wir nicht dulden, hier müssen harte Konsequenzen folgen, wenn sich der Verdacht bestätigt."
Parteispitze will sich am Mittwoch äußern
Die AfD-Bundesspitze will sich zunächst nicht weiter zum Fall äußern. Krah sei auf dem Weg nach Berlin, man werde sich zusammensetzen und den Fall besprechen, sagte Co-Partei- und Frakionschef Tino Chrupalla. Am Mittwochmorgen werde sich die Parteispitze dann öffentlich äußern. Es sei "absolut beunruhigend", wenn ein Mitarbeiter aufgrund von Spionagevorwürfen festgenommen werde, sagte Chrupalla.
Krah selbst zeigte sich überrascht. Von der Festnahme seines Mitarbeiters habe er am Vormittag aus der Presse erfahren, erklärte Krah in einer Mitteilung. "Weitere Informationen liegen mir nicht vor", hieß es darin. "Sollten sich die Vorwürfe als wahr erweisen, würde dies die sofortige Beendigung des Dienstverhältnisses nach sich ziehen."