Bundesinnenministerium Was steckt in Faesers Plan gegen Rechts?
Bundesinnenministerin Faeser will mit einem Aktionsplan gegen Rechtsextremisten vorgehen. Was steckt konkret dahinter - und was heißt das für die Sicherheitsbehörden?
Als Nancy Faeser vor einem Monat im Bundestag von einem "Aktionsplan gegen Rechtsextremismus" sprach, ging es ihr vor allem um den Schutz von Menschen mit Zuwanderungsgeschichte. Die Innenministerin erwähnte die neun Ermordeten, die dem rassistischen Anschlag am 19. Februar 2020 in Hanau zum Opfer gefallen waren, namentlich. Ihre Botschaft: Sie will alles tun, um solche Attentate zu verhindern.
Ihr Plan war umfassend gedacht - mehr Prävention als bei ihrem Amtsvorgänger Horst Seehofer. Aber auch mehr Repression: So will Faeser künftig effektiver verhindern, dass Extremisten eine Waffenerlaubnis bekommen und dafür sorgen, dass Waffen, die schon in den Händen von Extremisten sind, leichter entzogen werden können.
Bundesinnenministerin Nancy Faeser will heute Vormittag einen "Aktionsplan Rechtsextremismus" vorstellen. Dass es ihr dabei auch um präventive Maßnahmen geht, macht schon die Wahl der drei Männer klar, die sie bei ihrem Termin begleiten. Neben Verfassungsschutz-Chef Thomas Haldenwang und dem Präsidenten des Bundeskriminalamtes (BKA), Holger Münch, soll auch der Präsident der Bundeszentrale für politische Bildung, Thomas Krüger, dabei sein.
Damit ist auch klar: Die SPD-Politikerin wird die Sicherheitsbehörden stärker in die Pflicht nehmen. Das Bundeskriminalamt soll schärfer gegen strafrechtlich relevante Äußerungen in Chats vorgehen können, etwa gegen mögliche Mordfantasien bei Telegram und anderen Plattformen und Messenger-Diensten. Zudem sollen das Bundeskriminalamt und das Bundesamt für Verfassungsschutz auch Finanzströme von Rechtsextremisten stärker ausleuchten. Ein Vorschlag, der aus den Ländern kam. Mit Nachdruck auch aus Thüringen.
Die Szene finanziell austrocknen
Die Rechtsextremisten verwendeten die finanziellen Mittel vorwiegend dafür, ihre Strukturen weiter auszubauen, zum Beispiel durch den Erwerb von Immobilien, so der Thüringer Innenminister Georg Maier. "Wir müssen aber auch davon ausgehen, dass Gelder für den Erwerb von Waffen eingesetzt werden", so der SPD-Politiker.
Aus Maiers Sicht gibt es verschiedene Geldquellen für die Rechtsextremisten. Zu nennen seien beispielhaft Rechtsrockkonzerte und Kampfsportveranstaltungen, aber auch das zugehörige Merchandising. "In Einzelfällen gibt es aber auch Bezüge in den Bereich der Organisierten Kriminalität mit Drogenhandel."
Um solche Finanzströme besser aufzuklären, brauche Deutschland "mehr Kompetenzen insbesondere für den Verfassungsschutz", aber auch eine noch engere Zusammenarbeit der Ermittlungsbehörden, um die oft illegalen Geldbewegungen noch früher erkennen zu können. Finanzermittlungen seien langwierig und schwierig. Sie seien aber unerlässlich, um die Szene "auszutrocknen".
Geldströme aus Moskau?
Eine Frage, die in diesem Zusammenhang auch eine Rolle spielen wird: Werden Rechtsextremisten in Deutschland aus dem Ausland finanziell unterstützt? Und: Welche Rolle spielt möglicherweise Russland?
Überraschend wären Geldströme aus Moskau nicht, heißt es etwa vom Verfassungsschutz-Chef aus Thüringen, Stephan Kramer. Schließlich gingen schon in der Vergangenheit russische Schecks an die Neue Rechte in Frankreich. Das Kalkül Russlands: Die Verfassungsfeinde in der EU stärken, um Zweifel an der Demokratie zu säen und Unruhe zu stiften.
Zwar zeigt sich die rechtsextreme Szene in Europa bislang noch uneins in ihrer Haltung zu Putins Krieg gegen die Ukraine. Auf der einen Seite gibt es Neonazis, die sich dem pro-ukrainischen Regiment Asow angeschlossen haben. Auf der anderen Seite schlägt sich die Neue Rechte in Deutschland offenbar auf die Seite Putins. So stellt das rechtsextremistische Magazin "Compact" Putin als Opfer dar - und die NATO als Aggressor.
Ähnlich pro-russisch argumentieren immer wieder auch Rechtsextremisten, die sich unter die Demonstranten mischen, die etwa in Ostdeutschland nach wie vor gegen die Corona-Maßnahmen auf die Straße gehen. Immer wieder ist zu hören: Westliche Eliten hätten schon bei der Corona-Pandemie gelogen, das Gleiche geschehe jetzt auch beim Krieg in der Ukraine. Wie weit dies verfängt, ist bislang schwer abzuschätzen.
Nur wenige Neonazis in Ukraine ausgereist
Das Bundesamt für Verfassungsschutz geht unterdessen davon aus, dass nur sehr wenige Neonazis in die Ukraine ausgereist sind, um sich Kampfhandlungen anzuschließen. Von einer unteren einstelligen Zahl ist die Rede. Allerdings kann die Bundespolizei nicht im Blick haben, wer aus welchen Beweggründen und auf welchen Wegen ausgereist sein mag. Die Zahl könnte auch höher sein. Für Nachrichtendienste heißt das: Sie müssen wachsam sein. Diejenigen, die mit Kampferfahrung nach Deutschland zurückkehrten, wären dann besonders gefährlich, da kampferprobt.
FDP bremst
Während Bundesinnenministerin Faeser nun die Sicherheitsbehörden stärker in die Pflicht nehmen will, muss sie ihre Koalitionspartner Grüne und FDP erst noch überzeugen. Beide Parteien hatten nämlich in den Koalitionsvertrag eine sogenannte Gesamtrechnung der staatlichen Überwachungsmaßnahmen hineinverhandelt. Vereinfacht ausgedrückt: Das Bundesjustizministerium soll unter anderem prüfen, ob manche Sicherheitsbehörden zu viele Befugnisse hätten, die ihnen im Zweifel auch genommen werden müssten.
Benjamin Strasser, Parlamentarischer Staatssekretär im Justizministerium hält am Vorhaben fest: Die Ampel-Koalition habe sich dafür entschieden, "den Blindflug" der Vorgängerregierung in der Innenpolitik nach dem Motto "Viel hilft viel" zu beenden. Sie wolle stattdessen "eine grundrechtsorientierte und evidenzbasierte Sicherheitspolitik betreiben" und zeitnah die Vorgabe des Bundesverfassungsgerichts umsetzen und so die "Überwachungsbefugnisse einer Generalrevision unterziehen", so der FDP-Politiker.
Dem Vorsitzenden des Parlamentarischen Kontrollgremiums Roderich Kiesewetter fehlt dafür offenbar jedes Verständnis. Er befürchtet "eine Spielwiese wohlstandsverwöhnter Misstrauens-basierter Einstellungen in einem sicheren staatlichen Umfeld, das die Sicherheitsbedrohungen nicht ernst genug nimmt". Nach Ansicht des CDU-Politikers sollte angesichts des Krieges in der Ukraine und den absehbaren Eskalationen zunächst die Ertüchtigung der Nachrichtendienste im Vordergrund stehen und das Projekt Generalrevision erstmal verschoben werden.
Die Bundesinnenministerin wird die Überprüfung der Befugnisse für die Sicherheitsbehörden in jedem Fall nicht abwarten. Sie mutet ihnen derzeit neue Aufgaben zu. Zu groß scheint ihr derzeit die Gefahr von Rechtsextremisten.