Christian Lindner (links), Olaf Scholz (Mitte) und Robert Habeck (rechts) gehen in Richtung Schloss Meseberg (Aufnahme vom 30.08.2023)
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Mögliche Szenarien Die Ampel zerbricht - und dann?

Stand: 01.11.2024 17:21 Uhr

Die Wirtschaft schwächelt und die Koalition streitet über Wege aus der Krise. Ein vorzeitiges Ampel-Aus ist denkbar. Wie könnte es dann weitergehen? Mögliche Szenarien im Überblick.

Von Nicolaus Stauder, ARD-Hauptstadtstudio

Die Ampelkoalition steckt in der Krise. Alle drei Ampel-Parteien schlagen andere Maßnahmen vor, um die deutsche Wirtschaft wieder zu stärken - unabhängig voneinander und nicht abgesprochen.

Obwohl die nächste reguläre Bundestagswahl erst in elf Monaten ansteht, befinden sich Bundeskanzler Olaf Scholz, Wirtschaftsminister Robert Habeck, Finanzminister Christian Lindner und auch Oppositionsführer und CDU-Chef Friedrich Merz gefühlt schon im Wahlkampf.

Es stellt sich die Frage: Was passiert, wenn einer der Koalitionspartner nicht mehr mitregieren will? Wenn die Regierung sich festgefahren hat und keine Kompromisse mehr gefunden werden? Dafür gibt es vier Szenarien:

Neue Regierung unter Scholz

Steigt einer der bestehenden Koalitionspartner aus, wird nicht gleich neu gewählt. Schließlich geht das Mandat der Abgeordneten vier Jahre. Der Kanzler könnte sich auf die Suche nach einer neuen Mehrheit begeben - bestehende Ministerinnen und Minister würden entlassen und eine neue Regierung gebildet. Beispielsweise gemeinsam mit einer Oppositionspartei.

Dieses Szenario scheint im aktuellen Bundestag aber unwahrscheinlich. Denn laut Umfragen liegt die Union weit vor der Kanzlerpartei SPD. Neuwahlen wären aus Unionssicht also vielversprechender, als in einer großen Koalition unter einem SPD-Kanzler mitzuregieren.

Bildung einer Minderheitsregierung

Der amtierende Kanzler kann sich auch dafür entscheiden, gemeinsam mit den verbleibenden Mitgliedern der Regierung einfach weiterzumachen. Er hätte dann nur keine Regierungsmehrheit mehr. Das wäre unangenehm, aber tatsächlich denkbar.

Der Thüringer Landtag hat die vergangene Legislatur komplett in einer Minderheitsregierung durchgestanden, unter der Führung des linken Ministerpräsidenten Bodo Ramelow.

Allerdings müsste die Regierung in diesem Fall für jedes einzelne Gesetz eine Mehrheit finden - und wäre hier auf die Unterstützung der Opposition angewiesen.

Neuer Kanzler im bestehenden Bundestag

In diesem Fall kommt ein parlamentarisches Werkzeug zum Einsatz: das konstruktive Misstrauensvotum. Einzelne Abgeordneten könnten dem amtierenden Kanzler das Misstrauen aussprechen und einen Gegenkandidaten ernennen - also eine Person, die ihrer Meinung nach ein besserer Kanzler wäre.

Es würde dann über den neuen Kandidaten abgestimmt und bräuchte eine absolute Mehrheit. Nach aktueller Sitzverteilung wäre die ohne Stimmen der AfD aber fraglich. Zumindest bisher haben die anderen Parteien so eine Zusammenarbeit ausgeschlossen.

Neuwahl

Neuwahlen kann in Deutschland nur der Bundespräsident veranlassen und auch nur, wenn das Parlament dem Kanzler nicht mehr vertraut. Vertrauensfrage ist hier das Stichwort. Der Kanzler lässt also über sich abstimmen.

Bekommt er eine Mehrheit, wird weiterregiert. Gibt es sie nicht, kann er dem Präsidenten vorschlagen, innerhalb von 21 Tagen eine Neuwahl zu veranlassen. Die müsste dann in den nächsten 60 Tagen stattfinden. Bis dahin bleibt die alte Regierung im Amt.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete die tagesschau am 01. November 2024 um 17:00 Uhr.