Energieversorgung Bundestag stimmt für LNG-Terminal vor Rügen
Der Bundestag hat den Hafen Mukran in das LNG-Beschleunigungsgesetz aufgenommen. Zwei schwimmende LNG-Terminals sollen dort stationiert werden. Die Pläne bleiben umstritten - und Gegner kündigten bereits rechtliche Schritte an.
Trotz Widerstands örtlicher Gemeinden und des Landes Mecklenburg-Vorpommern kann auf Rügen künftig Flüssiggas (LNG) entladen werden. Der Bundestag hat mit 370 zu 301 Stimmen und vier Enthaltungen eine Reform des LNG-Beschleunigungsgesetzes beschlossen, in dem nun der Standort Mukran auf der Ostseeinsel verankert wird.
Damit sollen schnellere Genehmigungen möglich werden. "Zur Sicherung der Energieversorgung wird mit Mukran auf Rügen ein neuer Standort aufgenommen, bei dem sich eine Realisierbarkeit für den Import von LNG abzeichnet und der perspektivisch weiterentwickelt werden kann für eine Nutzung der Hafeninfrastruktur und Leitung mit Wasserstoff und dessen Derivaten", heißt es in dem Gesetz.
Terminals sollen Anfang 2024 zur Verfügung stehen
Nach den Plänen des Bundes sollen zwei schwimmende LNG-Terminals mit einer Jahreskapazität von zehn Milliarden Kubikmeter Gas stationiert werden. Ziel ist es, dass die Terminals für die Versorgung im Winter Anfang 2024 zur Verfügung steht.
Die Schiffe sollen privatwirtschaftlich von der Deutschen Regas betrieben werden. Die Bundesregierung will damit die Gasversorgung auch im kommenden Winter sichern.
Habeck: Energieversorgung sichern
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck verteidigte die umstrittenen Pläne. Der Grünen-Politiker sprach mit Blick auf Proteste gegen das Terminal von einer schwierigen Abwägung. Es gehe aber darum, die Energieversorgung Deutschlands zu sichern.
"Wir sind noch nicht durch", sagte Habeck. Derzeit gebe es eine stabile Gasversorgungslage, die Gasspeicher seien bereits zu mehr als 80 Prozent gefüllt. "Stand heute kommen wir sehr gut durch den Winter." Man sollte sich aber nicht darauf verlassen, dass immer alles gut gehe.
Auch Bengt Bergt von der SPD betonte: "Mit der Möglichkeit für den Standort Mukran schaffen wir Versorgungssicherheit für ganz Deutschland." Der energiepolitische Sprecher der FDP-Fraktion, Michael Kruse, verwies ebenfalls auf die Versorgungssicherheit: "Wir sorgen dafür, dass weitere Kapazitäten da sind und wir nicht angreifbar sind."
LNG (Liquefied Natural Gas) ist die Bezeichnung für Flüssigerdgas. Um LNG zu erhalten, wird Erdgas von Schwefel, Stickstoff und Kohlendioxid gereinigt und auf Temperaturen von bis zu minus 162°C abgekühlt. Dadurch wird der es verflüssigt. Dieser Prozess verringert das Volumen um das 600-fache, wodurch sehr große Mengen des verflüssigten Energieträgers gelagert und transportiert werden können. LNG ist farb- und geruchlos sowie nicht toxisch. Es kann überall dort verwendet werden, wo auch normales Erdgas eingesetzt wird. Dafür wird es wieder in einen gasförmigen Zustand gebracht.
Kritik: "Mit der Brechstange"
Scharfe Kritik an den Plänen kommt dagegen aus der Opposition. Der CDU-Abgeordnete Philipp Amthor warf der Ampelkoalition aus SPD, Grünen und FDP vor, das Vorhaben rücksichtslos "mit der Brechstange" an den Interessen der Menschen vorbei durchs Parlament zu prügeln.
Sein Parteikollege Philipp Grundmann kritisierte Standortwahl und Verfahren: "Wir brauchen LNG, wir brauchen Flüssiggas. Es geht nicht um das Ob, es geht hier allein um das Wie."
Der AfD-Abgeordnete Leif-Erik Holm zweifelte an der Notwendigkeit des Vorhabens. "Der Tourismus steht auf der Kippe." Im vergangenen Jahr habe es auf Deutschlands beliebtester Insel 1,3 Millionen Gäste gegeben. Das LNG-Terminal werde aber Stress für Menschen und Natur bedeuten.
Inga Latendorf von der Linken beklagte, die Menschen fühlten sich nicht ernst genommen, denn es werde "über ihre Köpfe hinweg entschieden".
LNG-Gegner kündigen rechtliche Schritte an
Die Landesregierung in Mecklenburg-Vorpommern hatte diese Woche ihre Kritik erneuert und sich gegen die Pläne der Bundesregierung gestellt. Laut Landesumweltminister Till Backhaus (SPD) fehlen dem Land verbindliche Zusagen des Bundes zur Förderung der Region.
Gegner des geplanten Importterminals für Flüssigerdgas vor Rügen kündigten rechtliche Schritte an. "Wir werden gegen die geplante Errichtung der Anlagen vor dem Bundesverwaltungsgericht eine Einstweilige Anordnung mit dem Ziel des vorläufigen Baustopps beantragen", erklärte der Rechtsanwalt Reiner Geulen, der die Rügener Gemeinde Ostseebad Binz vertritt. Die Ostsee vor Rügen sei nicht der Ort für den Ausbau zu einer "großflächigen Industrieregion".