Carsten Linnemann und Friedrich Merz nehmen an der Bundesvorstandssitzung ihrer Partei teil

Neues Grundsatzprogramm Die Erkennungsmelodie der CDU

Stand: 27.02.2024 11:30 Uhr

Anfang Mai soll es auf dem CDU-Parteitag in Berlin beschlossen werden: das neue Grundsatzprogramm der CDU. Die Partei erhofft sich davon mehr Klarheit in ihrem Kurs, das Stück birgt aber auch Raum für ein paar schiefe Töne.

Von Sabine Henkel, ARD Berlin

Es ist schon einige Jahre her, dass Generalsekretär Carsten Linnemann die Arbeit am neuen Grundsatzprogramm der CDU aufnahm. Er erklärte am Ende des Prozesses eine Erkennungsmelodie für die CDU haben zu wollen. Eine Melodie mit klaren CDU-Tönen also: weniger Mainstream, mehr Bass, mehr Rock und gerne auch ein paar Heavy Metal-Töne. Sie sollen die CDU von der politischen Konkurrenz unterscheidbar machen.

75 Seiten hat Linnemann inzwischen komponiert, zusammen mit Parteifreunden und -freundinnen. Sie haben die Basis befragt, sind in Klausur in Italien gewesen und haben sich die Zustimmung im Vorstand und vom Vorsitzenden geholt.  

CDU startet mit Konferenzen über ein neues Grundsatzprogramm

Juri Sonnenholzer, SWR, tagesthemen, 27.02.2024 22:15 Uhr

Friedrich Merz erklärt den Entwurf als zukunftsfest, "nicht rückwärts, sondern nach vorne geschrieben". Allerdings finden sich darin durchaus antike Töne. Den Begriff der Leitkultur etwa hat die Partei schon vor einem viertel Jahrhundert gerockt. Heute haut das kaum noch jemanden vom Hocker. Atomkraft - auch das ist eine Debatte von damals, die sich mittlerweile praktisch erledigt hat. Und trotzdem sind es die konservativen Noten, die die Merz-CDU herausstellt, obwohl sie nicht nur konservativ sein will.  

 

Das Best-of-Album der CDU

Die CDU diskutiert also darüber, wer sie sein will. Wie soll die Erkennungsmelodie klingen? Noch einmal wird die Basis befragt -  in Mainz, Hannover, Chemnitz, Köln Stuttgart und Berlin. Am Ende wird der Parteitag im Mai über die finale Komposition entscheiden. Dann geht es aber eher um Fußnoten und um Kleingedrucktes, denn die großen Akkorde stehen.

Eine stringente Asylpolitik mit Asylzentren in Drittstaaten etwa - sehr Heavy-Metal. Dann Steuerentlastungen für die Mitte, was sich eher nach Pop anfühlt. Dazu ein verpflichtendes Gesellschaftsjahr, das geht schon eher in Richtung Taylor Swift. So klingt er also, der Grundtenor der Merz-CDU. Dabei ist das Stück aber auch ein Abschied der Merkel-Ära mit ihren eher gedämpften Tönen. Der Thüringer CDU-Chef Mario Voigt resümiert: "Es ist ein Programm für Mutmacher und nicht Miesmacher." 

 

Platte mit Sprung?

Die Miesmacher hat die CDU in der AfD ausgemacht, als Mutmacher sieht sich die CDU selbst. Mutig ist es auf jeden Fall, eine verlängerte Lebensarbeitszeit ins Programm zu schreiben und damit neue Parteimitglieder und Wähler und Wählerinnen gewinnen zu wollen.

Auch der Schwur auf die verehrte Schuldenbremse beweist in gewisser Weise Mut. Denn wenn die CDU wieder an die Macht kommen sollte, muss sie selber mit dieser Bremse umgehen. Regierende können ein Lied davon singen, was das bedeutet. Das aber ist Zukunftsmusik und ein Grundsatzprogramm ist kein Wahlprogramm und erst recht kein Koalitionsvertrag. Es geht für Linnemann und all die anderen lediglich darum, aufzuschreiben, wofür die CDU steht. 

Das neue Grundsatzprogramm ist für die nächsten zehn Jahre geschrieben. Friedrich Merz wird dann fast 80 Jahre alt sein. Wer weiß, wer dann den Ton in der CDU angibt.  

Sabine Henkel, ARD Berlin, tagesschau, 27.02.2024 10:49 Uhr

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 27. Februar 2024 um 12:10 Uhr.