Kampf gegen Virus-Varianten Schärfere Einreiseregeln auch für die Slowakei
Die angekündigten Kontrollen an den Grenzen zu Tschechien und Tirol haben erneut eine Debatte über Grenzschließungen ausgelöst. Im Kampf gegen die Virus-Varianten werden auch die Einreiseregeln für die Slowakei verschärft.
Im Kampf gegen die Ausbreitung der mutierten Virus-Varianten verschärft Deutschland für immer mehr Länder die Einreiseregeln. Neben Tschechien und dem österreichischen Bundesland Tirol gelten künftig auch für die Slowakei strengere Maßnahmen. Die Bundesregierung stufte das EU-Land als Gebiet mit besonders gefährlichen Virusmutationen ein, wie das Robert Koch-Institut auf seiner Internetseite mitteilte.
Ab Sonntag gilt somit auch für die Slowakei, dass Fluggesellschaften sowie Bus- und Bahnunternehmen keine Passagiere mehr von dort nach Deutschland befördern dürfen - ausgenommen von der Vorschrift sind deutsche Staatsbürger und in Deutschland lebende Ausländer. Außerdem müssen Einreisewillige sich vorab auf das Coronavirus testen lassen.
Spahn: "Zurückhaltend und abwägend"
Derartige Maßnahmen schmerzten sehr, sagte Bundesgesundheitsminister Jens Spahn. Sie seien aber "für eine gewisse Zeit unumgänglich", um den weiteren Eintrag der mutierten Viren zu unterbinden. Es sei nicht auszuschließen, dass es auch an anderen Stellen der Grenze zu Kontrollen kommen könne. Die Bundesregierung gehe aber mit Blick auf den wichtigen Austausch in Grenzregionen "sehr zurückhaltend und abwägend" mit solchen Maßnahmen um, so der CDU-Politiker.
Der Präsident des Robert-Koch-Instituts (RKI), Lothar Wieler, betonte in einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Spahn, dass sich die ansteckenderen Virusvarianten bereits in Deutschland ausbreiten. Es sei davon auszugehen, dass sie weiter zunehmen würden - so sei es auch in anderen Ländern gewesen.
In der Slowakei steigen die Infektionszahlen seit Monaten so dramatisch an, dass Experten vor einem drohenden Kollaps des Gesundheitssystems warnen. Eine besonders große Rolle spielt dabei die britische Variante B.1.1.7 des Coronavirus. Auf sie ist mehreren Untersuchungen zufolge der mit Abstand größte Teil der Neuinfektionen zurückzuführen.
Tschechien und Tirol: Grenzkontrollen werden vorbereitet
Bereits am Donnerstag war bekannt geworden, dass Tschechien und das an Deutschland grenzende österreichische Bundesland Tirol (mit Ausnahme des Bezirks Lienz, der Gemeinde Jungholz sowie des Rißtals) als Mutationsgebiete eingestuft wurden. Bundesinnenminister Horst Seehofer habe entschieden, dort ab Sonntag neben den bestehenden Binnengrenzkontrollen auch vorübergehende Grenzkontrollen einzuführen, teilte ein Sprecher mit. Die Bundespolizei werde dafür auch auf die sogenannte Schleierfahndung zurückgreifen - das sind verdachtsunabhängige Kontrollen.
Nach Ansicht von Bayerns Ministerpräsident Markus Söder sind die Grenzkontrollen zu Tschechien und Tirol unverzichtbar. "Wir sind für ein freies Europa", sagte er in seiner Regierungserklärung im bayerischen Landtag in München. "Aber in der Pandemie müsse die Sicherheit oben stehen.
Kritische Lage in französischer Grenzregion
Auch der saarländische Ministerpräsident Tobias Hans schloss erneute Kontrollen an den Grenzen zu Frankreich oder Luxemburg nicht aus. "Wenn es krasse Unterschiede gibt zwischen den Inzidenzen, dann wird uns nichts anderes übrig bleiben", sagte der CDU-Politiker dem Sender RTL/ntv. Er betonte aber, dass es im Saarland keine "Grenzen mit Schlagbäumen" mehr gebe. Man lebe vielmehr in diesem Grenzraum miteinander und könne Pendler nicht einfach ausschließen.
Ans Saarland grenzt etwa das französische Département Moselle, wo es derzeit besonders viele Infektionen mit mutierten Virus-Varianten gibt. Frankreichs Gesundheitsminister Oliviér Véran sprach hier von einer "beunruhigenden Lage". Ihm zufolge wurden in der Region innerhalb der vergangenen vier Tage mehr als 300 Fälle identifiziert, die auf die brasilianische und südafrikanische Variante zurückgehen.
Die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer sprach sich unterdessen gegen die Schließung von Grenzen aus. "Wir wollen nicht, dass die Grenzen wieder geschlossen werden, sondern wir wollen gemeinsam managen, dass wir es schaffen, die Pandemie zu bewältigen", sagte sie im gemeinsamen Morgenmagazin von ARD und ZDF. Man sei in engem Austausch mit den Nachbarländern Frankreich, Luxemburg und Belgien und berate sich über das gemeinsame Vorgehen.
Debatte über Pendler
Mit Blick auf die verschärften Einreiseregeln forderte die EU-Kommission Deutschland dazu auf, Ausnahmen etwa für Pendler zu gewähren. Ein Sprecher der Behörde erinnerte daran, dass die EU-Staaten sich erst kürzlich auf gemeinsame Empfehlungen für das Reisen in Corona-Zeiten geeinigt hätten. Man erwarte, dass alle Länder danach handelten. Grenzschließungen und pauschale Reiseverbote sollten vermieden werden. Man fordere Deutschland deshalb dazu auf, zumindest für unverzichtbare Reisen sowie für Grenzpendler Ausnahmen zuzulassen.
Vertreter tschechischer Berufspendler fordern unterdessen finanzielle Hilfen für Arbeitskräfte, die nicht mehr über die Grenze nach Deutschland fahren dürfen oder von der Situation überfordert sind. Jan Triska von der tschechischen Pendlervereinigung APCR wies darauf hin, dass die Pendler in Deutschland Steuern und Sozialabgaben zahlen würden. "Es darf nicht sein, dass man von einem Tag auf den anderen auf der Straße landet", sagte er. Selbst eine tägliche Testpflicht wäre nach seiner Einschätzung eine große zusätzliche Belastung. Er rechne damit, dass nur noch medizinisches Personal und Mitarbeiter der kritischen Infrastruktur über die Grenze gelassen werden. Die Beratungen über die Einzelheiten laufen derzeit in Berlin noch.