Reicht das Elterngeld noch? "Das Konto ist Mitte des Monats leer"
Anfang 2007 löste das Elterngeld das frühere Erziehungsgeld ab. Erhöht wurde es seitdem nicht - obwohl die SPD, Grüne und FDP das in ihrem Koalitionsvertrag vereinbart hatten.
Sarah lebt mit ihrer Familie mitten im Berliner Stadtteil Tempelhof. Ihre Tochter Toni ist im November geboren. Die 40-Jährige ist in Elternzeit. Wie damals bei Sohn Max - der ist jetzt sechs. Ihr Mann, der deutlich mehr verdient als sie, arbeitet weiter. Sarah bekommt in der Elternzeit genauso viel Geld wie beim ersten Kind. Leisten kann sie sich weniger.
Vor fünf Jahren habe sie in Berlin 1,60 für eine Kugel Eis bezahlt. "Fünf Jahre später zahlst du 2,60 pro Kugel - und wenn ich dann auch eine esse habe ich über fünf Euro für zwei Kugeln Eis ausgegeben. Im Vergleich zu vor fünf, sechs Jahren ist es wirklich so: das Konto ist Mitte des Monats leer mit dem Elterngeld und nicht mehr Ende des Monats." Und weil nicht nur das Eis teurer geworden ist, sollte es dringend mehr Elterngeld geben, findet Sarah.
CDU kritisiert ausbleibende Anpassung
Leni Breymaier, die familienpolitische Sprecherin der SPD, versteht das. "Das ist sehr sehr ärgerlich und da haben die Betroffenen vollkommen recht, und vor allem, weil wir ja im Koalitionsvertrag verabredet haben, dass wir das Elterngeld dynamisieren wollen. Ich würde mir darunter vorstellen, dass der Betrag einfach regelmäßig steigt und der Punkt ist noch nicht durchgestrichen." SPD und Grüne seien für "mehr Elterngeld", aber die FDP sei dagegen.
Die Ampel setze damit ein "falsches Signal", meint Silvia Breher, die familienpolitische Sprecherin von der CDU. "Aus unserer Sicht ist eine Anpassung sowohl beim Basis- als auch beim Höchstbetrag dringend notwendig. Leider hat der Haushalt der Ampel offensichtlich die Prioritäten anders setzen lassen."
Aber auch als die CDU die Kanzlerin stellte, wurde der Elternbetrag nie angehoben. "In der vergangenen Legislatur, da war ich auch schon dabei, lag der Fokus tatsächlich eher darauf, das Elterngeld inhaltlich zu verbessern, und nicht an erster Stelle einfach nur zu erhöhen. Also Ziel war es, es besser zu machen, es mehr Eltern möglich zu machen", so Breher.
Wie viel Elterngeld ein betreuender Elternteil bekommt, hängt davon ab, wie viel Einkommen es vor der Geburt des Kindes hatte und ob nach der Geburt Einkommen wegfällt. Eltern mit höheren Einkommen erhalten 65 Prozent, Eltern mit niedrigeren Einkommen bis zu 100 Prozent des vorherigen Einkommens.
Abhängig vom Einkommen beträgt das Basiselterngeld zwischen 300 Euro und dem Höchstbetrag von 1.800 Euro im Monat. Das ElterngeldPlus liegt zwischen 150 Euro und 900 Euro im Monat. Das Mindestelterngeld erhalten alle, die nach der Geburt ihr Kind selbst betreuen und höchstens 32 Stunden in der Woche arbeiten - auch Studierende und Eltern, die wegen der Betreuung älterer Kinder nicht gearbeitet haben.
Bentele fordert "extreme" Erhöhung
Verena Bentele, die Präsidentin vom Sozialverband VdK findet es "völlig unverständlich", dass die Ampel beim Elterngeld bisher nichts getan hat. "Zum Beispiel muss die Wohnung im Winter mehr beheizt werden, damit das Kind nicht friert und das ist in Zeiten, wo Strom, Gas, Öl alles teurer wird für viele Familien eine Herausforderung. Dann ist auch ein ganz wesentlicher Punkt, dass sich Mütter, die stillen, sich gesund ernähren sollten. Wenn aber Obst und Gemüse immer teuer werden, ist das auch eine große Herausforderung, wenn man eh wenig Geld hat."
Bentele, die auch Mitglied der SPD ist, fordert eine, so wörtlich, "extreme" Erhöhung vom Elterngeld. Eine konkrete Zahl nennt sie nicht. Auch Mutter Sarah wünscht sich für alle Eltern, vor allem die, die viel weniger Geld haben als sie, mehr Unterstützung von der Bundesregierung. "Es ist schon ärgerlich, wenn man betrachtet, dass Familien da irgendwie auf der Strecke bleiben."
Ob die Ampelregierung das Elterngeld doch noch anpasst, so wie es auch im Koalitionsvertrag steht, wird sich zeigen. Laut Familienministerium laufen Gespräche.