Ernährung in Schulen und Kitas Özdemir wirbt für gesünderes Essen
Der Bundestag hat erstmals die Ernährungsstrategie der Regierung diskutiert. Während Agrarminister Özdemir seinen Entwurf verteidigte, bemängeln Fachverbände weiterhin zu wenig konkrete Maßnahmen.
Kinder und Jugendliche sollen sich nach dem Willen der Bundesregierung ausgewogener ernähren können. Insbesondere Kita- und Schulkantinen sollen deswegen künftig weniger Fleisch und zuckerhaltige Lebensmittel und dafür mehr Obst und Gemüse anbieten, heißt es in der Ernährungsstrategie der Regierung. Die wurde heute erstmalig im Bundestag beraten.
Zudem soll weiter an einem Werbeverbot für besonders zucker-, fett- und salzhaltige Lebensmittel sowie an der Einführung einer verpflichtenden Nährwertkennzeichnung (Nutri-Score) auf EU-Ebene festgehalten werden.
Maßgeblich für die im Januar veröffentlichte Strategie "Gutes Essen für Deutschland" sind laut den Autoren die Qualitätsstandards der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE). Der zeitliche Umsetzungsrahmen ist bis 2050 angelegt.
Kritik von Opposition - und FDP
Die Opposition und auch der Koalitionspartner FDP werfen dem Ministerium des Grünen-Politikers hingegen Bevormundung vor. Die Unionsfraktion sprach von "grüner Moralisierung". Die Ernährungsstrategie ziele darauf ab, die konventionelle Landwirtschaft gegenüber der ökologischen herabzusetzen, so der agrarpolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Albert Stegemann.
Zudem würden Menschen bewusst in eine fleischlose Ernährung gedrängt - zum Nachteil der tierhaltenden Landwirtschaft, meinte Stegemann. Auch der agrarpolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Gero Clemens Hocker, betonte, dass die Ernährungspolitik nicht an einer "Eigenverantwortung der Verbraucher" vorbeikomme.
Agrarminister Cem Özdemir warnte dagegen vor einem "Kulturkampf ums Essen". Eine ausgewogene Ernährung müsse für alle Menschen in Deutschland möglich sein. Die Empfehlungen des Bürgerrats Ernährung, die unter anderen ein kostenfreies Mittagessen für alle Kinder vorschlagen, wertet Özdemir als Bekräftigung der Strategie.
Verbände wünschen konkretere Maßnahmen
Auch Umwelt- und Verbraucherverbände erneuerten anlässlich der Beratung ihre Kritik an dem Papier. Die Maßnahmen seien zu unverbindlich und unkonkret formuliert, erklärte die Verbraucherorganisation Foodwatch. Außerdem müsse sich die Bundesregierung in Brüssel stärker für den EU-weiten Nutri-Score einsetzen.
Aus Sicht des WWF besteht ferner noch Klärungsbedarf über die Finanzierung in der Gemeinschaftsverpflegung. Bei Kitas und Schulen liegt die Verantwortung hier zunächst bei den Ländern. Der Umweltverband schlägt dafür ein Investitionsprogramm des Bundes mit Eigenanteilen der Länder vor, um das Nahrungsangebot in den Kantinen umstellen zu können.
Der Bundesverband der Verbraucherzentrale (vzbv) mahnte zudem, dass für Gemeinschaftsverpflegung dieselben Standards wie für Lebensmittel im Handel angewandt werden müssten. Das gelte vor allem im Hinblick auf Herkunft der Lebensmittel und Tierhaltung. "Die Bundesregierung muss die Tierhaltungskennzeichnung auf die Außer-Haus-Verpflegung ausweiten und eine verbindliche Herkunftskennzeichnung einführen", forderte vzbv-Vorständin Ramona Pop.
Scholz traf "Zukunftskommission Landwirtschaft"
Heute tauschten sich zudem die Mitglieder der Regierungskommission zur Zukunft der Landwirtschaft mit Kanzler Olaf Scholz aus. Die Kommission will in Kürze ein Gesamtpaket mit Vorschlägen vorlegen, wie das Gremium nach dem Treffen mitteilte. Neben dem Umbau der Tierhaltung solle es etwa um Bürokratieabbau, steuerliche Fragen und die künftige EU-Agrarfinanzierung gehen.
Der noch von der Vorgängerregierung eingesetzten Kommission gehören Vertreterinnen und Vertreter von Bauern und Ernährungsbranche, Natur- und Verbraucherschützern, Handel und Wissenschaft an.