Kampf gegen Klimawandel Ethikrat sieht vor allem die Politik in der Pflicht
Am menschengemachten Klimawandel bestünden keine Zweifel mehr, sagt der Ethikrat. Der Kampf dagegen müsse gerechter werden: Vor allem stehe die Politik in der Pflicht - doch sei auch jeder und jede Einzelne gefragt.
Lasten und Pflichten beim Kampf gegen den Klimawandel sollten nach Ansicht des Deutschen Ethikrats gerechter verteilt werden. "Eine moralische Kritik an Entscheidungen im Bereich der privaten Lebensführung und des Konsums ist kein Ersatz für notwendige politische Maßnahmen", schreibt der Rat in einer Stellungnahme. Darin unterscheidet das Gremium zwischen der Verantwortung des Einzelnen, der Politik, der Unternehmen und der internationalen Gremien.
"Es ist unangemessen, wenn staatliche Akteure von Individuen emissionsärmeren Konsum erwarten, solange innerhalb der vom selben Staat gewollten und unterstützten Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung die Voraussetzungen dafür zu einem guten Teil nicht erfüllt sind oder sogar konterkariert werden", schreibt der Ethikrat, "so dass emissionsärmeres Handeln in vielen Feldern immer noch 'moralisches Heldentum' verlangt."
Persönliches Verhalten dennoch hinterfragen
Das entbinde aber nicht von "einer individuellen moralischen Mitwirkungspflicht". Man solle über "das persönliche Verhalten, die eigene Lebensweise und das eigene zivilgesellschaftliche Engagement" auch unabhängig von staatlichen Vorgaben nachdenken und dies entsprechend ändern - "im Rahmen der eigenen Möglichkeiten und Zumutbarkeiten". Ziel sei es, dass "möglichst alle Menschen jetzt und in Zukunft die Mindestvoraussetzungen für ein gutes und gelingendes Leben erreichen können".
Es bestünden "keine vernünftigen Zweifel mehr", dass die Erde sich durch menschlichen Einfluss und insbesondere die Verbrennung fossiler Energieträger erwärme, betont der Rat schon zu Beginn seiner fast 130 Seiten umfassenden Stellungnahme. "Eine ungebremste weitere Erderwärmung hätte katastrophale Folgen."
Ungleiche Verteilung national als auch international
Die Bedürfnisse derer, die am stärksten vom Klimawandel belastet seien, sollten vorrangig berücksichtigt werden. "Menschen tragen sehr unterschiedlich zum Klimawandel bei - schon allein das wirft große Gerechtigkeitsfragen auf", erklärte Kerstin Schlögl-Flierl vom Ethikrat. "Wohlhabende Menschen fliegen öfter, während Menschen mit weniger Geld durch viele Klimaschutzmaßnahmen besonders belastet werden." Auch international gebe es große Unterschiede zwischen den hauptsächlichen Verursachern des Klimawandels im globalen Norden und Menschen im globalen Süden, die oft besonders unter den Folgen litten.
Der Rat forderte die Politik zu umgehendem Handeln auf. Notwendig sei ein politisches Gesamtkonzept, das etwa den Abbau klimaschädlicher Subventionen oder Anreize für klimafreundliches Handeln umfasse. Wer leistungsfähiger sei, müsse mehr Verantwortung übernehmen. Das betreffe sowohl Ländern und Unternehmen als auch einzelne Menschen.
Auch andere Meinungen im Ethikrat
Drei Mitglieder distanzierten sich mit einem Sondervotum teilweise von den Schlussfolgerungen des Rats. Dieser berücksichtige zu wenig die Rolle von Innovationen, bleibe in seiner Argumentation teils zu vage und müsse sich einen "überschießenden und tendenziell illiberalen Moralismus" vorwerfen lassen, wenn er einzelnen Bürgern "eine moralische Mitwirkungspflicht" auferlege, sich gesellschaftlich gegen den Klimawandel zu engagieren.
Der Deutsche Ethikrat ist ein unabhängiges, derzeit 24-köpfiges Gremium, das die Bundesregierung und den Bundestag berät und gesellschaftliche Diskussionen fördern soll. Er befasst sich mit ethischen, gesellschaftlichen, naturwissenschaftlichen, medizinischen und rechtlichen Fragen. Die Mitglieder sind Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sowie Vertreter von Verbänden.