Wissings Fahrverbotsdrohung in der Kritik "Desinformation" und "Panikmache"
Nachdem Verkehrsminister Wissing seine Androhung von Fahrverboten verteidigt hat, hagelt es Kritik. Grünen-Politiker werfen ihm Desinformation vor. Auch die Wirtschaft sprach von Panikmache, die Debatte sei "Gift für den Einzelhandel".
Nach einer Warnung vor möglichen Fahrverboten an Wochenenden reißt die Kritik an Bundesverkehrsminister Volker Wissing nicht ab. Politiker der Grünen sowie Verbände werfen dem FDP-Politiker Zuspitzung, Desinformation sowie Panikmache vor.
Der nordrhein-westfälische Verkehrsminister und Vorsitzende der Verkehrsministerkonferenz, Oliver Krischer (Grüne), sagte der Nachrichtenagentur dpa, bei allem Verständnis für politische Zuspitzung wäre es angebracht, dass Wissing zur Sachpolitik zurückkehre. "Das Problem ist nämlich nicht das Klimaschutzgesetz des Bundes, sondern eine Verkehrspolitik, die eben nicht an den Zielen von Klimaschutz und Nachhaltigkeit ausgerichtet ist."
Krischer: Zahlreiche Maßnahmen auf dem Tisch
Krischer sagte, es lägen zahlreiche verkehrspolitische Maßnahmen auf dem Tisch, die auf Verbesserung von Mobilität genauso einzahlten wie auf das Erreichen von Klimaschutzzielen. "Statt Menschen zu drohen, würden wir gerne mit Herrn Wissing bei der Verkehrsministerkonferenz nächste Woche darüber reden, wie wir die Finanzierung von Erhalt und Ausbau der Infrastruktur hinbekommen."
Die Verkehrsministerkonferenz tagt am kommenden Mittwoch und Donnerstag in Münster. Ein wichtiges Thema ist die Zukunft des Deutschlandtickets im Nah- und Regionalverkehr.
Wissing: Nur mit "rabiaten Maßnahmen" zu erreichen
Wissing sieht das jedoch offensichtlich anders als Krischer. In den tagesthemen vom Freitagabend verteidigte er seine Androhung: Die Klimaziele, die im Klimaschutzgesetz von 2019 festgeschrieben wurden, seien im Verkehrssektor nicht anders als mit "rabiaten Maßnahmen" zu erreichen.
Der Grünen-Verkehrspolitiker Stefan Gelbhaar warf Wissing Desinformation vor. "Selbst die gerichtliche Verpflichtung, endlich ein ordentliches Klimaschutzprogramm vorzulegen, beinhaltet null die Verpflichtung zu Fahrverboten", sagte er dem "Stern".
Kritik von Verbänden und Organisationen
Claudia Kemfert vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) sprach von Panikmache. Es sei überfällig, dass mehr Klimaschutz im Verkehrssektor umgesetzt werde, sagte sie der Funke Mediengruppe. "Eine Verkehrswende für Klimaschutz zeichnet sich durch eine Vielzahl von Komponenten aus, wie beispielsweise die Aufhebung des Dieselsteuerprivilegs und Dienstwagenprivilegs, die Förderung von ÖPNV und Schienenverkehr oder aber ein Bonus-Malus-System zur Förderung emissionsarmer Fahrzeuge und der Elektromobilität."
Auch die Deutsche Umwelthilfe (DUH) warf Wissing vor, "ein Schreckgespenst an die Wand zu malen", um wirksame Maßnahmen zu verhindern. "Damit hat er sich aber ins Knie geschossen, weil er uns mit diesem absurden Beispiel hilft, die politische Diskussion über wirklich mögliche Alternativen, hinter denen eine Mehrheit der Bundesbürger seit Jahren steht, führen zu können", sagte DUH-Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). Er verwies damit auf die hohe Zustimmung der Bevölkerung zu einem Tempolimit laut einer ADAC-Umfrage.
Der Handelsverband Deutschland (HDE) mahnte, dass eine Debatte über Fahrverbote am Wochenende für den Einzelhandel Gift sei. "Die Konsumstimmung ist schon schlecht genug. Das Letzte, was der Einzelhandel jetzt braucht, ist noch mehr Verunsicherung für die Kundinnen und Kunden", sagte der Hauptgeschäftsführer Stefan Genth der Funke Mediengruppe.
Wissing pocht auf Einigung zum Klimaschutzgesetz
Wissing hatte in einem Brief an die Vorsitzenden der Regierungsfraktionen von SPD, Grünen und FDP vor drastischen Einschnitten für Autofahrer bis hin zu Fahrverboten an Wochenenden gewarnt, falls die Koalition sich nicht bald auf eine Reform des Klimaschutzgesetzes einigt.
Andernfalls müsste Wissing bis Mitte Juli ein Sofortprogramm vorlegen, "das die Einhaltung der Jahresemissionsmengen des Sektors Verkehr in den kommenden Jahren bis 2030 sicherstellt", warnte der Verkehrsminister. Eine so drastische und sofortige Reduzierung sei aus Sicht Wissings nur mit Fahrverboten an allen Wochenenden zu erreichen.