Lisa Paus Von der Finanzexpertin zur Familienministerin
Lisa Paus war bisher Finanzexpertin der grünen Bundestagsfraktion - nun soll sie Bundesfamilienministerin werden. Das überrascht auf den ersten Blick. Doch Berührungspunkte gibt es schon länger.
So war die Klausur der grünen Parteispitze nicht geplant. Doch der Rücktritt von Anne Spiegel am Montag warf die Tagesordnung gehörig über den Haufen. Und so wurde viel gesprochen und konferiert - im kleinen Kreis im Husumer Hotel "Altes Gymnasium", aber auch im intensiven Austausch mit dem Rest der Partei. Am Dienstag grenzte die Grünen-Vorsitzende Ricarda Lang die Kriterien ein: Es komme auf die Kompetenz an. Und: "Es wird eine Frau werden."
Seit Montag wurde über viele Namen spekuliert. Der Name der Frau, die jetzt Bundesfamilienministerin werden soll, spielte dabei keine größere Rolle. Nun ist klar: Lisa Paus, Finanzexpertin der grünen Bundestagsfraktion, übernimmt von Anne Spiegel. Die 53-Jährige gehört wie ihre Vorgängerin dem linken Parteiflügel an.
Herzensthema Kindergrundsicherung
Paus wurde in Rheine im Münsterland geboren. Nur wenige Kilometer entfernt liegt die Hermann Paus Maschinenfabrik GmbH, die ihre älteren Brüder jetzt führen. Paus zog es nach dem Abitur zunächst nach Hamburg, wo sie ein Freiwilliges Soziales Jahr in einem Kinderheim machte. Später ging es weiter zum Studium nach Berlin: Volkswirtschaftslehre und Politikwissenschaft. In der Hauptstadt ist sie seit 1995 bei den Grünen aktiv. Als Berliner Spitzenkandidatin zog sie im vergangenen Jahr in den Bundestagswahlkampf.
Dass die alleinerziehende Mutter eines Sohnes jetzt an die Spitze des Familienministeriums wechselt, wirkt auf den ersten Blick überraschend. Als Obfrau der Grünen sitzt sie im Finanzausschuss des Bundestages. Sie war unter anderem im Wirecard-Untersuchungsausschuss aktiv. Insofern werden die Grünen erklären müssen, warum bei der Spiegel-Nachfolge jetzt die Wahl auf die stellvertretende Fraktionsvorsitzende fiel.
Es gibt Berührungspunkte: Sehr früh hat sie sich mit der Kindergrundsicherung beschäftigt. Jetzt ist das Projekt ein wichtiges Vorhaben der Ampel-Regierung. Es wird Paus' Aufgabe werden, die Einführung voranzubringen und umzusetzen.
Auf Paus wartet viel Arbeit
Im Bundesfamilienministerium ist man gespannt auf die "Neue" und hofft, dass sie länger bleibt als ihre Vorgängerinnen. Vor gut einem Jahr war Franziska Giffey wegen Plagiatsvorwürfen zurücktreten. Die damalige Justizministerin Christine Lambrecht übernahm den Posten im Familienministerium zusätzlich. Eine Interimslösung bis zu den Neuwahlen. Es folgte Anne Spiegel, die nur knapp 120 Tage blieb und eine lange Aufgabenliste hinterlässt. Die Ampel-Koalition hat sich im Koalitionsvertrag einiges vorgenommen, was im Familienministerium auf den Weg gebracht werden muss.
Noch vor der parlamentarischen Sommerpause sollen die Eckpunkte zum Selbstbestimmungsgesetz stehen, das das Transsexuellen-Gesetz ablösen soll, das seit Jahren umstritten ist. Auch das Demokratiefördergesetz wird von vielen, vor allem Verbänden, die von Fördermitteln abhängig sind, sehnlichst erwartet. Dafür steht bisher nur ein Diskussionspapier.
Bei den meisten Vorhaben allerdings ist die Zusammenarbeit mit anderen Ministerien nötig - beim Selbstbestimmungsgesetz zum Beispiel mit dem FDP-geführten Justizministeriums, beim Demokratiefördergesetz mit dem SPD-geführten Innenministerium.
Auch das Prestigeprojekt der Ampel, die Kindergrundsicherung, wird eher ein Langstreckenlauf. Eine Arbeitsgruppe soll bis Ende 2023 Eckpunkte vorlegen. Bisher hieß es aus dem Ministerium, man sei froh, wenn die neue Familienförderung vor Ablauf der Legislatur kommt. Das Vorhaben sei komplex.