Ausnahme für Ostsee bleibt Küstenfischer dürfen weiter Hering fangen
Aufatmen bei den Ostseefischern: Sie dürfen auch im kommenden Jahr weiter Heringe fangen - obwohl eigentlich ein Fangverbot gilt. Die Verantwortung für die Überfischung sehen Diplomaten und Experten auch bei Russland.
Deutsche Ostseefischer dürfen auch in 2025 weiter Heringe in der Ostsee fangen. Die Mehrheit der EU-Staaten hat sich dafür ausgesprochen, die Sonderregelung für die deutschen Fischer beizubehalten. Das teilte das Landwirtschaftsministerium mit - nachdem Agrarminister Cem Özdemir sich dafür eingesetzt hatte, die Ausnahme zu verlängern. Die EU-Kommission hatte vorgeschlagen, sie abzuschaffen.
Für Heringe gilt in der Ostsee eigentlich ein weitgehendes Fangverbot. Kleinere Fischereibetriebe in Küstennähe dürfen die Fische allerdings gezielt fangen, wenn sie kleine Boote und passive Fanggeräte wie Stellnetze einsetzen. "Wichtig ist mir zu betonen, dass diese Ausnahme für die kleine Küstenfischerei des westlichen Herings keine negativen Auswirkungen für die Bestandserholung hat", so Özdemir.
Weniger Dorsch als Beifang
Die in Luxemburg getroffene Einigung der EU beinhaltete aber auch weitere Einschränkungen. Sie sieht vor, dass im kommenden Jahr knapp 22 Prozent weniger Dorsch als unerwünschter Beifang in den Netzen landen darf. Die Menge an Hering, die als Beifang gefischt werden darf, verändert sich vorerst nicht. Die EU-Kommission hatte auch hier Einschnitte vorgeschlagen - denn vielen Fischbeständen in der Ostsee geht es schlecht, teilweise sogar sehr schlecht.
Das hat auch Auswirkungen auf die Fischereibetriebe, die ebenfalls leiden. "In den Verhandlungen haben wir hart um die Zukunft unserer krisengeschüttelten Küstenfischer gekämpft und erreicht, dass ihre wirtschaftliche Grundlage erhalten bleibt", erklärte Özdemir. Insbesondere für Dorsch und Hering gelten in der für deutsche Fischer relevanten westlichen Ostsee seit mehreren Jahren weitgehende Fangverbote.
Umweltschützer warnen vor Überfischung
Einmal im Jahr entscheiden die EU-Staaten, wie viel Fisch aus der Ostsee gezogen werden darf. Umweltschützer warnen schon lange vor den Folgen des Klimawandels, der Meeresverschmutzung und Überfischung. Der Verband der deutschen Kutter- und Küstenfischer kritisiert hingegen, dass die EU-Fangquoten keine auskömmliche Fischerei mehr zulassen.
Die Verantwortung für Überfischung sieht Özdemir bei Ländern wie Norwegen oder Russland. Ein politisches Problem kommt hinzu: Seit Beginn des Angriffskrieges gegen die Ukraine werden mit Russland keine offiziellen Daten zum Fischfang mehr ausgetauscht.
Russland nutze die EU-Fangverbote für sich
"Beim Ostdorsch fischt die russische Flotte inzwischen den größten Teil des Gesamtfangs", sagte der Leiter des Thünen-Instituts für Ostseefischerei in Rostock, Christopher Zimmermann. Russland nutze es, wenn EU-Fischer weniger fangen dürften, um ihr Stück vom Kuchen zu vergrößern. Angesichts steigender Anteile Russlands bei bestimmten Beständen komme es "fast sicher zu einer Überfischung".
Eine Reihe von Mitgliedstaaten fordere Sanktionen gegen russische Lebensmittelprodukte, sagte eine EU-Diplomatin. Neben klassischen Sanktionen, die einstimmig beschlossen werden müssen, könnte die EU auch höhere Zölle auf russische Fischereiprodukte beschließen. Hierfür bräuchte es nur eine Mehrheit. Landwirtschaftsminister Özdemir zeigte sich offen für diesen Weg.