Vor Bund-Länder-Treffen Viel Gesprächsbedarf beim Flüchtlingsgipfel
Vor den Bund-Länder-Beratungen morgen zur Flüchtlingspolitik gibt es viele Begehrlichkeiten: die bessere Unterbringung von Flüchtlingen etwa oder konsequentere Abschiebungen. Aber auch die Forderung nach einer Obergrenze ist wieder da.
Morgen beraten Bund und Länder erneut über Maßnahmen in der Flüchtlingspolitik - zunächst sind die Länderchefs unter sich, bis später auch Bundeskanzler Olaf Scholz an den Gesprächen teilnimmt. Der niedersächsische Ministerpräsident Stephan Weil äußerte sich im Vorfeld des Treffens zuversichtlich.
Aufbauend auf den Beschlüssen vom November vergangenen Jahres sei vieles vorangekommen, sagte der SPD-Politiker der Nachrichtenagentur dpa. Manche Entscheidungen müssten erst noch umgesetzt werden, beziehungsweise noch greifen. "Das gilt insbesondere für die Sicherung der EU-Außengrenzen und für eine gerechte Verteilung innerhalb Europas."
Und als ahnte er, dass möglicherweise nicht alle Länderchefs diesen Optimismus teilen, fügte Weil hinzu: "Polarisierende Diskussionen über neue Forderungen, bevor auch nur die Wirkung der getroffenen Beschlüsse abschätzbar sind, helfen dagegen nicht, allenfalls denjenigen, die am rechten Rand fischen."
Kretschmer für Obergrenze
Damit könnte Weil seinen Kollegen Michael Kretschmer gemeint haben. Der sächsische Ministerpräsident hatte sich in der "Bild"-Zeitung geäußert und dort eine Obergrenze bei der Aufnahme von Flüchtlingen in Deutschland gefordert. "50.000 oder 60.000 Flüchtlinge pro Jahr - mehr können das erst mal für die nächsten Jahre nicht sein, weil wir so eine große Integrationsanstrengung haben", sagte der CDU-Politiker.
Diese Obergrenze ist Kretschmer zufolge bis 2030 nötig, weil Deutschland ausreichende Aufnahmekapazitäten fehlten. "Wenn Sie in die Kommunen schauen, wenn Sie sich anschauen, wie viele Integrationskurse gibt es und wie viele Deutschkurse, wie es in den Schulen aussieht - dann müssen wir diese Integrationsanstrengungen erst einmal leisten."
Auch eine konsequentere Abschiebung fordert Kretschmer. Jeder abgelehnte Asylbewerber, der nicht abgeschoben werde, sei "ein Versagen des Staates, ist eine Niederlage und nicht hinzunehmen, weil die Bevölkerung das auch nicht hinnimmt", meinte Kretschmer und plädierte für mehr Abschiebeabkommen.
Die Bundesregierung müsse außerdem Entwicklungshilfe an Länder einstellen, die abgelehnte Asylbewerber nicht zurücknehmen. "Wir müssen diese sicheren Rückführungsabkommen haben. Wir wollen ja abschieben als Länder, aber scheitern immer wieder daran, dass diese Herkunftsländer Flüchtlinge nicht abnehmen. Und ehrlich gesagt, es kann nicht sein, dass wir Entwicklungshilfe bezahlen in Größenordnungen, aber diese Staaten und dann ihre Staatsbürger nicht wieder zurücknehmen", so Kretschmer.
Probleme bei Unterbringung
Der Deutsche Städtetag wies auf massive Probleme bei der Unterbringung der Flüchtlinge hin. Immer noch seien viele von ihnen in Messehallen oder Zelten untergebracht, auch Familien mit Kindern, mahnte der Präsident des kommunalen Spitzenverbandes und Oberbürgermeister von Münster, Markus Lewe (CDU). Die Länder müssten deutlich mehr Plätze in ihren Einrichtungen schaffen. Auch der Bund müsse eigene Unterbringungskapazitäten für die Erstaufnahme aufbauen.
Bei der Integration der vielen geflüchteten Kinder und Jugendlichen seien die Städte ebenfalls dringend auf die Unterstützung der Länder angewiesen, sagte Lewe der dpa. "Es mangelt an Schul- und Kitaplätzen, Sprachkursen und vor allem Personal", fügte er hinzu.
Erst Bleibeperspektive, dann Aufnahme in den Kommunen
Auch der Städte- und Gemeindebund richtet sich mit Forderungen an die Bund-Länder-Runde. So sollten ausschließlich Flüchtlinge mit Bleibeperspektive auf die Kommunen verteilt werden, sagte der Hauptgeschäftsführer André Berghegger dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. "Wir erwarten zumindest die klare Zusage, dass Bund und Länder dem Beispiel Hessens und weiterer Bundesländer folgen und verbindlich festlegen, Asylbewerber erst dann auf die Kommunen zu verteilen, wenn eine klare Bleibeperspektive besteht." Bis dahin sollten sie in den Erstaufnahmeeinrichtungen bleiben.
Im November hatten sich Bund und Länder schon einmal getroffen, um über Maßnahmen in der Flüchtlingspolitik zu beraten. Damals verständigten sie sich beispielsweise auf die Einführung einer Bezahlkarte. Damit soll etwa verhindert werden, dass Asylbewerber Geld an Schlepper oder an ihre Familie oder Freunde ins Ausland überweisen. Die konkrete Ausgestaltung ist vielerorts allerdings noch unklar. Bayern und Mecklenburg-Vorpommern gehen eigene Wege, wollen aber ebenfalls eine Bezahlkarte einführen.