Kritik an Gasumlage FDP will Hilfen nur bei finanzieller Schieflage
Als Mitglied der Regierungskoalition hat die FDP die Gasumlage selbst mit auf den Weg gebracht. Doch werden die Zweifel an der Regelung lauter. Nur Konzerne in finanzieller Notlage sollten die Hilfen in Anspruch nehmen können.
Vor rund drei Wochen hat die Bundesregierung die Gasumlage beschlossen, die Energieversorger in der Gaskrise vor zu hohen finanziellen Belastungen bewahren soll. Doch offenbar wachsen nun auch in der Ampel-Koalition selbst Bedenken gegenüber der gemeinsam vereinbarten Maßnahme.
Der Knackpunkt der Kritik an der Gasumlage ist die Frage: Wer wird und sollte von ihr profitieren? Michael Kruse, energiepolitischer Sprecher der FDP, beantwortete die Frage im Gespräch mit der "Rheinischen Post" wie folgt: "Die Gasumlage ist ein Instrument, das in Schieflage geratene Unternehmen stabilisieren soll. Es sollten damit ausschließlich Unternehmen unterstützt werden, die sich in einer marktgefährdenden Schieflage befinden."
Eine solche "marktgefährdende Schieflage" deutete sich etwa beim Versorger Uniper an, der bereits Anfang Juli Staatshilfen beantragt hatte, um eine Pleite abzuwenden. Bis Anfang dieser Woche hatten insgesamt zwölf Unternehmen aus der Energiebranche Bedarf an den durch die Gasumlage erzielten Finanzmitteln angemeldet.
Erhoben wird die Gasumlage bei allen Verbrauchern, die mit Gas heizen: Sie müssen ab dem 1. Oktober 2,4 Cent mehr pro Kilowattstunde bezahlen, egal von welchem Versorger sie ihr Gas beziehen. Es müssen also auch Kunden derjenigen Unternehmen die Umlage zahlen, die sie gar nicht Anspruch nehmen.
Die Einnahmen aus der Umlage werden an die Gasimporteure verteilt, um ihre höheren Kosten bei der Gasbeschaffung auszugleichen, weil die russischen Lieferungen so stark gedrosselt sind - und sie das Erdgas anderswo einkaufen müssen. Die Firmen mussten sich im Vorfeld bei der Trading Hub Europe registrieren lassen - aktuell sind zwölf Unternehmen registriert. Wie viel die einzelnen Unternehmen ausgezahlt bekommen, hängt von der Höhe der geltend gemachten finanziellen Ausgleichsansprüche ab.
Buschmann warnt vor "Mitnahmeeffekt"
Andere Energiekonzerne wie RWE oder Shell haben bereits angekündigt, die Gasumlage nicht nutzen zu wollen. Doch prinzipiell hat jeder Versorger die Möglichkeit, sie in Anspruch zu nehmen. Nach Angaben des Wirtschaftsministeriums ist eine drohende Insolvenz keine Voraussetzung, um Finanzmittel aus der Umlage zu erhalten.
Bundesjustizminister Marco Buschmann hatte bereits Mitte der Woche vor "Mitnahmeeffekten" gewarnt und an Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck appelliert, sich auf dieses "potenzielle Problem" vorzubereiten. Auch FDP-Mitglied Kruse drängte nun erneut darauf, dass die Regelungen rund um die Gasumlage nachgeschärft werden müssten.
Appelle der SPD, herbe Kritik von der Grünen Jugend
Doch nicht nur in den Reihen der FDP regen sich Zweifel an der Umlage. Auch SPD-Chefin Saskia Esken drängt auf eine gerechte Verteilung der dadurch erzielten Hilfen. Mithilfe der Umlage sollten die Lasten, die durch die Energiekrise entstehen, fair verteilt werden. Doch "Konzerne, die in anderen Sparten mehr als gutes Geld verdienen, können und müssen sich aber selbst helfen", mahnte Esken ebenfalls in der "Rheinischen Post".
Wesentlich herbere Kritik äußerte Sarah Lee-Heinrich, Bundessprecherin der Grünen Jugend, im "Spiegel". In ihren Augen sei die Gasumlage "von Anfang an der falsche Weg" in dieser Krise gewesen. Sie betonte:
Es kann nicht sein, dass die Gesellschaft jetzt die Verluste tragen soll, während viele Unternehmen in dieser Krise Übergewinne gemacht haben. Das kann man den Menschen, die nicht wissen, wie sie durch den Winter kommen sollen, überhaupt nicht erklären.
Union will Umlage wieder abschaffen
Bislang war vor allem aus den Reihen der Union scharfer Widerstand gegen die Gasumlage gekommen. Unions-Fraktionsvize Jens Spahn nannte sie eine "Chaos-Umlage", die eine "Umverteilung von unten nach oben" zur Folge haben werde.
Auch CDU-Generalsekretär Mario Czaja lehnte die Gasumlage als "unsozial" ab und forderte, sie umgehend wieder abzuschaffen. Das will die Unionsfraktion demnach durch einen Antrag im Bundestag erreichen, mit dem sie die Gasumlage erneut zur Abstimmung stellen will.
Baden-Württembergs CDU-Landeschef und Innenminister Thomas Strobl forderte zudem einen nationalen Energie-Gipfel, "um darüber zu sprechen, wie wir durch die nächsten Monate kommen". Dem Umgang der Ampel-Koalition mit der Energiekrise bezeichnete er gegenüber der Nachrichtenagentur dpa als "Tohuwabohu" mit täglich neuen Vorschlägen, die jedoch "kein verlässliches Krisenmanagement und kein verlässliches Regieren" erkennen ließen.