Umstrittene Personalpolitik Habeck hält an Staatssekretär Graichen fest
In der "Trauzeugen-Affäre" steht Wirtschaftsminister Habeck trotz anhaltender Kritik zu seinem Staatssekretär Graichen - und Kanzler Scholz zu Habeck. Das Ministerium veröffentlichte Details zur Zusammenarbeit mit dem Öko-Institut.
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hält trotz der Kritik an der Personalpolitik seines Hauses an Wirtschaftsstaatssekretär Patrick Graichen fest. "Minister Habeck hat sich in der vergangenen Woche ja klar dazu geäußert, und das gilt", antwortete eine Sprecherin des Ministeriums auf die Frage, ob Graichen sicher sein könne, dass er seinen Posten behalten werde.
Der stellvertretende Regierungssprecher Wolfgang Büchner sagte: "Zu dem Thema kann man nur sagen, dass das Bundeswirtschaftsministerium sich den Fall ja angesehen hat und jetzt die entsprechenden Konsequenzen daraus gezogen hat, und das ist auch aus Sicht des Bundeskanzlers in Ordnung so."
Scholz spricht Habeck sein Vertrauen aus
Bundeskanzler Olaf Scholz wiederum sprach Habeck sein Vertrauen aus. Während seiner Afrika-Reise sagte Scholz: "Er hat gesagt, dass Entscheidungen, die falsch gelaufen sind und kritisierbar sind, korrigiert werden müssen. Das ist passiert", so Scholz. "Und ich gehe davon aus, dass auch alles andere entsprechend der Regeln, die wir haben, erfolgen wird."
Auch Habeck selbst betonte noch einmal: "Da, wo Fehler passieren, soll man sie nicht vernuscheln, vertuschen oder wegreden. Umgekehrt, da wo keine Fehler passiert sind, wo Transparenz hergestellt wurde, wo die Brandmauern eingezogen wurden, da muss man dann auch sagen: Das muss man voneinander trennen. Und dann mache ich meine Arbeit."
FDP und CDU fordern Aufklärung
Politiker vom Ampel-Partner FDP und aus der Opposition appellierten unterdessen an Habeck, für Aufklärung zu sorgen. "Robert Habeck muss in seinem Ministerium umgehend für transparente Strukturen sorgen, auch wenn das die Beratung des Ministeriums betrifft. Wenn dies nicht passiert, muss das Kanzleramt einschreiten", sagte der FDP-Politiker Christopher Vogt der "Bild". Die CDU-Politikerin Julia Klöckner forderte Scholz in der Zeitung auf, die Frage zu klären, "ob es beim Mammut-Projekt Energiewende um die Interessen eines Freundeskreises und ausländischer Lobbyisten geht."
Das Bundeswirtschaftsministerium veröffentlichte derweil Details zu den Verbindungen mit dem Öko-Institut. Aus den Listen geht hervor: Seit Jahren schon beauftragt das Bundeswirtschaftsministerium das Öko-Institut Freiburg mit Studien und Analysen - etwa zur Wirkung von Klimaschutzmaßnahmen. Das war so bereits zu Zeiten der großen Koalition aus CDU und SPD - und daran hat sich auch unter der Ampelkoalition nichts geändert.
Noch nicht alle Gelder ausgezahlt
Auf einer der nun veröffentlichten Listen finden sich Aufträge von insgesamt knapp 13 Millionen Euro seit 2019. Aus dem Ministerium heißt es dazu: Die einzelnen Studien erstrecken sich zum Teil über mehrere Jahre, entsprechend erfolgen die Auszahlungen auch über größere Zeiträume. Noch nicht alle Gelder sind bereits ausgezahlt. Das gilt auch für die Posten, die in einer weiteren Übersicht aufgeführt sind.
Aufgelistet sind beauftragte Studien und Projektarbeiten seit dem Jahr 2012 - für eine Gesamtsumme von über 13 Millionen Euro. Das Öko-Institut ging Ende der 1970er Jahre aus der Anti-Atomkraft-Bewegung hervor. Es will durch wissenschaftliche Forschung, Beratung und Aufklärung der Öffentlichkeit den Umweltschutz fördern.
Kritik wegen familiärer Verbindungen zum Öko-Institut
Das derzeit Grünen-geführte Wirtschaftsministerium steht in der Kritik, weil es familiäre Verbindungen des Energie-Staatssekretärs Graichen zum Öko-Institut gibt. Graichens Schwester Verena arbeitet dort und ist zudem mit Wirtschafts-Staatssekretär Michael Kellner verheiratet, ein Bruder von Graichen ist ebenfalls beim Öko-Institut tätig.
"Wir werden auch noch weitere Listen veröffentlichen", kündigte eine Sprecherin des Wirtschaftsministeriums in Berlin an. Hier seien die Arbeiten aber noch nicht abgeschlossen. Es werde um Zuwendungen an die Denkfabrik Agora Energiewende sowie den BUND gehen, den Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland. "Was wir tun können, veröffentlichen wir." Robert Habeck habe sich bereits eindeutig zu Graichen geäußert, was weiter gelte.
Habeck hatte Graichen Vertrauen ausgesprochen
Habeck hatte seinem Staatssekretär das Vertrauen ausgesprochen. Dieser treibe den Ausbau erneuerbarer Energien mit Kraft voran. In der Energiepolitik stünden sich harte Interessen gegenüber und Graichen fechte dies durch. Das Wirtschaftsministerium hatte zuletzt Fehler im Prozess zur Auswahl des Geschäftsführers der Deutschen Energie-Agentur (Dena) eingeräumt. Deshalb wird durch den Dena-Aufsichtsrat geprüft, ob das Verfahren erneut gestartet werden muss, um jeden Verdacht einer unerlaubten Einflussnahme auszuräumen.
Als neuer Dena-Chef war Graichens Trauzeuge Michael Schäfer ausgewählt worden, Graichen war an einem Vorauswahlprozess beteiligt. Der Aufsichtsrat der Dena beschloss nun, den Posten neu auszuschreiben. Das Votum fiel einvernehmlich aus. "Die Findungskommission soll breiter aufgestellt werden und fortlaufend sicherstellen, dass bei ihren Mitgliedern keine tatsächlichen oder potenziellen Interessenkonflikte jedweder Art bestehen", teilte das Unternehmen mit.
Mit Informationen von Dietrich Karl Mäurer, ARD-Hauptstadtstudio