Haushalt von Minister Heil Wo es bei der Aktienrente hakt
Mehr als 160 Milliarden Euro hat Arbeits- und Sozialminister Heil zur Verfügung - ein Mammutetat. Das liegt vor allem an den Kosten für die Rentenversicherung. Dabei ist das FDP-Projekt Aktienrente noch nicht eingerechnet.
Es ist einer dieser markigen Hubertus-Heil-Sätze, den der Arbeitsminister bei der Ersten Lesung seines Haushalts Ende März im Bundestag vorträgt. "Wir dürfen nicht Rente gegen Rüstung ausspielen." Es brauche vielmehr beides, sagt der SPD-Politiker: äußere Sicherheit und inneren also sozialen Frieden.
Inzwischen haben sich die Ampel-Parteien mit der Union auf das Sondervermögen für die Bundeswehr geeinigt: 100 Milliarden Euro, gerechnet auf fünf Jahre. Was nach viel klingt, ist in den Dimensionen des Haushaltes für Arbeit und Soziales wenig. Allein die Ausgaben für die Rentenversicherung sind mehr als dreimal so hoch - und das pro Jahr. Das meiste tragen Beschäftigte und Arbeitgeber mit ihren Beiträgen.
Rente mit 70? Nicht mit Heil
Allerdings mussten allein 2020 mehr als 80 Milliarden als Bundeszuschuss ergänzt werden. Dennoch verspricht der Koalitionsvertrag der Ampel-Partner, dass Renten nicht gekürzt werden und das Rentenalter nicht steigt. Für Heil ginge eine Erhöhung des gesetzlichen Renteneintrittsalters etwa auf 70 Jahre an der Lebensrealität großer Teile der Bevölkerung vorbei. Wie eine Polizistin, ein Stahlwerker oder Krankenschwester so lange arbeiten sollten, sei ihm jedenfalls unklar.
FDP-Liebling Aktienrente
Zugleich müssen immer weniger Arbeitnehmer immer mehr Rentner finanzieren. Grund ist der demografische Wandel mit zunehmend höherer Lebenserwartung und einer rückläufigen Kinderzahl. Auch deshalb hatte sich die Ampel auf Drängen der FDP auf ein Experiment verständigt, einen neuen Weg jedenfalls für die deutsche Rentenfinanzierung: eine Aktienrente als kapitalgedeckte Altersvorsorge, so bekräftigt es FDP-Parteichef und Finanzminister Christian Lindner im Gespräch mit dem ARD-Hauptstadtstudio. Die Idee sei, die Rente dauerhaft stabil zu halten, auch für die Generation der Kinder und Enkel, indem "etwas angespart und angelegt wird".
Zum Start soll es dafür im Jahr 2022 aus Haushaltsmitteln zehn Milliarden Euro geben, so haben es die SPD, Grüne und FDP in ihren Koalitionsvertrag geschrieben. Die aber sind nicht im aktuellen Haushalt veranschlagt. Das sei noch nicht fertig, aber man arbeite daran, sagt Lindner. Noch sei das Ganze nicht "etatreif", heißt es aus dem Arbeitsministerium. Man werde die Aktienrente aber noch dieses Jahr mit dem Rentenpaket II auf den Weg bringen. Zeitplan à la Lindner: "So schnell wie möglich."
Die SPD hält davon wenig
Die Aktienrente ist bei der SPD kein besonders geliebtes Kind. Sozialdemokrat Bernd Rützel, Vorsitzender im Ausschuss Arbeit und Soziales wehrt sich aber gegen den Eindruck, seine Partei stehe deshalb auf der Bremse. Skeptisch bleibt er trotzdem. Denn zehn Milliarden Euro hörten sich zwar nach ganz viel an. Aber ein solcher Betrag würde lediglich für ungefähr zwölf Tage lang reichen, wenn man die Rentenzahlungen insgesamt betrachte. Allerdings sollen die zehn Milliarden Euro auch nur ein Startkapital sein, ein Einstieg in diese neue Form der Rentenfinanzierung.
SPD-Mann Rützel betont dennoch lieber drei andere Punkte, um Renten und Beiträge zu stabilisieren. Es brauche erstens besser ausgebildete junge Menschen. Rützel spricht sich zweitens für eine stärkere Einwanderung aus und drittens für viel mehr Frauen in der Erwerbstätigkeit. Das setze auch eine bessere Bezahlung für sie voraus. Die Aktienrente jedenfalls findet sich auf Rützels Liste nicht.
Steigende Sozialversicherungsbeiträge?
Mehrere Medien zitierten zuletzt einen Bericht des Bundesrechnungshofs zu den Sozialversicherungen, also Rente, Pflege, Gesundheit, Arbeitslosigkeit. Der Beitragssatz könne in den kommenden Jahrzehnten drastisch steigen, wenn nicht gegengesteuert werde. Schlecht wäre das für die Jüngeren. Der Bundesrechnungshof wirbt deshalb für ein höheres Rentenalter und eine verpflichtende kapitalgedeckte Zusatzrente. "Sehen Sie sich die Prognosen von vor zehn Jahren an", hält Arbeitsminister Heil dem entgegen. Die seien viel pessimistischer gewesen. Heute gebe es vier Millionen Menschen mehr in sozialversicherungspflichtigen Jobs. Sein Ziel sei es, eine solche Steigerung auch weiterhin hinzubekommen, auch mit stärkerer Zuwanderung von Fachkräften.
Eine Diskussion oder schon ein Streit?
Arbeits- und Sozialminister Heil ist zuletzt mit vielen Vorschlägen angetreten: ein sozial gestaffeltes Klimageld beispielsweise und ein neues und höheres Bürgergeld statt der bisherigen Grundsicherung - beide hat die FDP zurückgewiesen. Die SPD habe wohl die Umverteilungspolitik noch nicht verlernt, so Lindner. Dafür schweigt die SPD gerne zur FDP-Aktienrente. Von einem Streit will Arbeitsminister Heil aber nichts wissen: "Man muss nicht jede Diskussion über den richtigen Weg als einen Streit darstellen." Verhandlungen erstmal intern statt auf offener Bühne: Diese Ampel-Harmonie jedenfalls scheint jetzt, wo es ums Geld geht, erst einmal vorbei zu sein.