Debatte um Heizungsgesetz Grüne warnen FDP vor Blockade
Die Grünen haben angesichts der angedrohten FDP-Blockade des derzeitigen Entwurfs des Heizungsgesetzes den Ton verschärft. Heute soll entschieden werden, ob das Gesetz in dieser Woche in erster Lesung ins Parlament kommt.
Die Grünen haben den Koalitionspartner FDP davor gewarnt, das Gebäudeenergiegesetz in dieser Woche nicht auf die Tagesordnung des Bundestages zu setzen. Die FDP würde mit einer Blockade zeigen, "dass es ihr nicht zuvorderst um inhaltliche Fragen geht, sondern um Profilierung um ihrer selbst willen", sagte die Parlamentarische Geschäftsführerin Irene Mihalic dem Redaktionsnetzwerk Deutschland.
Die Vize-Fraktionschefin der Grünen im Bundestag, Julia Verlinden, forderte die FDP auf, sich beim Heizungsgesetz an den vereinbarten Zeitplan zu halten. Im rbb24-Inforadio mahnte sie an, das Gesetz müsse noch vor der Sommerpause verabschiedet werden, damit Bürgerinnen und Bürger Planungssicherheit hätten.
"Sehr ungewöhnliche Forderung"
"Ich kann mich nicht erinnern, ob es das jemals in den letzten Jahrzehnten gegeben hat, dass ein Kabinett ein Gesetz verabschiedet, dem Bundestag zuleitet und jetzt die Beratung im Bundestag mit Bedingungen verknüpft oder dies gar nicht erst will", so Verlinden. Dies sei eine ungewöhnliche Forderung.
FDP hatte im Kabinett zugestimmt - mit Hintertür
Die Ampel-Regierung hatte im 30-stündigen Koalitionsausschuss Ende März beschlossen, den Entwurf noch vor der Sommerpause durchs Parlament zu bringen. Und auch im Kabinett war er mit Zustimmung auch der FDP-geführten Ministerien verabschiedet worden, wenn auch mit - sehr ungewöhnlich - einer Protokollerklärung. FDP-Chef Christian Lindner verlangte darin eine "praxistaugliche und finanzierbare" Umsetzung des Grundsatzes der Technologieoffenheit.
Genervter SPD-Fraktionschef
Dennoch pochen die Grünen hier auf Vertragstreue. "Wir sind in einer Koalition", erinnerte auch SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich den kleinsten Ampel-Partner. Das Verhalten der FDP "nervt mich".
Die Entscheidung, ob das Gesetz in dieser Woche zur ersten Lesung ins Parlament kommt, soll heute fallen. Kommt es nicht dazu, sinkt die Wahrscheinlichkeit, dass es noch bis zur Sommerpause verabschiedet wird.
FDP will neuen Gesetzesentwurf
Die FDP-Fraktion dringt auf ein komplett neues Heizungsgesetz und will über den bestehenden Entwurf nicht wie geplant im Bundestag verhandeln. "Die Frage ist: Ist es jetzt schon in dem Status, dass der Bundestag in aller Breite darüber beraten kann? Und das sehe ich derzeit noch nicht", sagte FDP-Fraktionschef Christian Dürr im ARD-Morgenmagazin. Offensichtlich sei das Gesetz noch nicht ganz fertig.
Es komme nicht auf den Tag an, sondern "ob Deutschland ein gutes Gebäudeenergiegesetz bekommt", sagte Dürr weiter. Es gehe jetzt um Gründlichkeit, nicht um Schnelligkeit. "Es rächt sich jetzt ein bisschen, dass Robert Habeck darauf bestanden hat, dass das Gesetz dem Bundestag schon übersandt wird."
Weiterhin pochte der Fraktionschef auf mehr Technologieoffenheit, insbesondere in der Finanzierungsfrage. Die Bürgerinnen und Bürger sollten Heizungen anschaffen dürfen, die zu ihrem Haustyp passen - etwa Gasheizungen, die zukünftig auch mit klimaneutralem Wasserstoff betrieben werden könnten.
Auch Scholz mahnt Tempo an
Bundeskanzler Olaf Scholz hatte zuletzt Tempo angemahnt. Scholz erwarte, "dass der Bundestag mit der nötigen Gründlichkeit, aber auch Schnelligkeit den Gesetzentwurf jetzt diskutiert", sagte sein Sprecher am Montag.
SPD-Chefin Saskia Esken sagte am Montagabend bei RTL-"Direkt", die Bevölkerung könne sich darauf verlassen, "dass wir dieses Gesetz so gestalten, dass es praktikabel ist". Die Menschen müssten sich "das leisten können, was wir ihnen da abverlangen."
Sie betonte, Mieterinnen und Mieter müssten beim Heizungstausch vor hohen Kosten geschützt werden. "Überzogene Mieterhöhungen müssen tatsächlich verhindert werden. Das heißt, wir werden die Umlagefähigkeit dieser Investitionen begrenzen."
Paritätischer Verband fordert sozialen Ausgleich
Aufgrund drohender hoher Kosten dringt etwa der Paritätische Gesamtverband auf einen wirksamen sozialen Ausgleich. "Wir fordern von allen Ampel-Parteien, dass sie den verunsichernden Streit in der Koalition beenden und zügig ein sozial abgefedertes Heizungsgesetz beschließen", sagte der Hauptgeschäftsführer des Verbands, Ulrich Schneider, der "Stuttgarter Zeitung" und den "Stuttgarter Nachrichten".
Der Umstieg auf klimaneutrales Heizen sei für den Klimaschutz wichtig und senke langfristig die Heizkosten, sagte Schneider. Damit alle an diesem "ökologischen Fortschritt" teilhaben könnten, sei eine zielgerichtete Förderung nach Einkommen und Vermögen nötig. "Wer wenig Geld hat, muss damit rechnen können, dass die Mehrkosten übernommen werden", sagte der Hauptgeschäftsführer des Sozialverbandes. Zudem müssten, wie auch von Esken angemahnt, Mieter stärker davor geschützt werden, dass die Umbaukosten auf sie umgelegt werden.
Heizungstausch mit staatlicher Förderung
Um die Klimaziele zu erreichen, sollen nach den bisherigen Plänen von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) vom kommenden Jahr an nur noch neue Heizungen eingebaut werden, die zu mindestens 65 Prozent mit erneuerbaren Energien laufen. Damit wird eine Vereinbarung aus dem Koalitionsvertrag um ein Jahr vorgezogen.
Dabei sind staatliche Förderungen für den Heizungsaustausch vorgesehen. Bestehende Heizungen können aber weiterlaufen und dürfen repariert werden. Ab 2045 soll ein generelles Einbauverbot für neue Öl- und Gasheizungen gelten.