Coronavirus Diese Impfpflicht-Modelle werden diskutiert
Eine Corona-Impfpflicht für alle Erwachsene, eine Pflicht nur für Ü-50-Jährige - oder bleibt das Impfen doch freiwillig? In der Debatte zeichnen sich mehrere Varianten ab. Was spricht für welches Modell? Ein Überblick.
Ab März gilt in Deutschland eine Corona-Impfpflicht für bestimmte Einrichtungen, etwa in Pflegeheimen und in Krankenhäusern. Die Einführung einer allgemeinen Impfpflicht stockt derzeit wegen Verfahrensstreitigkeiten im Bundestag. Es zeichnen sich aber verschiedene Varianten ab, konkret ist jedoch erst wenig.
Variante 1: Allgemeine Impfpflicht für alle ab 18
Eine Pflicht zur Corona-Impfung für alle Erwachsenen wäre derzeit das weitreichendste Modell. Gesundheitsminister Karl Lauterbach sprach sich dafür aus, will aber entgegen ersten Ankündigungen doch nicht "als Abgeordneter" einen Antrag für ein solches Gesetz ausarbeiten. Grünen-Fraktionschefin Britta Haßelmann unterstützt ebenfalls eine Impfpflicht für alle Erwachsenen. Im Ethikrat gab es mehrheitlich Befürworter für eine Impfpflicht ab 18. Insgesamt 13 der 24 Mitglieder plädieren dafür.
Unter den Virologen gibt es dazu unterschiedliche Meinungen. Der Bonner Virologe Hendrik Streeck hat sich im Dezember skeptisch zu einer allgemeinen Impfpflicht geäußert. Es gebe viele Viren, gegen die geimpft werden sollte, sagte er der Deutschen Presse-Agentur. "Wenn diese anderen Impfungen im Vergleich zur Impfung gegen das Coronavirus aber freiwillig bleiben, sendet das aus meiner Sicht ein falsches Signal."
Herbert Pfister, ehemaliger Direktor des Instituts für Virologie an der Uniklinik Köln, sprach sich im Deutschlandfunk für eine Impfpflicht aus. Beim Impfen gehe es nicht allein um den eigenen Schutz, sondern auch um den der Mitmenschen.
Ein Beispiel für eine allgemeine Impfpflicht dürfte es bald in Europa geben: In Österreich soll in der kommenden Woche ein Gesetz dafür fertiggestellt werden.
Variante 2: Impfpflicht ab einem bestimmten Alter
Diese Idee würde der bisherigen Strategie in der Covid-Pandemie entsprechen. Vor allem ältere Menschen sind in der Covid-Pandemie bekanntlich besonders gefährdet und sollen besonders geschützt werden. Im Ethikrat hatten sich sieben der 24 Mitglieder für eine Impfpflicht für besonders gefährdete Bevölkerungsgruppen ausgesprochen.
Der FDP-Gesundheitspolitiker Andrew Ullmann will nach eigenen Angaben einen Antrag zu einer Impfpflicht für Ü-50-Jährige einbringen - offenbar ergänzt um ein Stufenmodell. Virologe Klaus Stöhr äußerte sich in der "Welt" positiv zu dieser Variante. CSU-Gesundheitspolitiker Stephan Pilsinger stiftete zuletzt für Verwirrung mit der Aussage, dass auch die Union an solch einem Antrag arbeite. Die Unions-Fraktion dementierte dies allerdings.
Vorreiter gibt es bereits: In Italien ist die Impfpflicht für Menschen ab 50 bereits Gesetz. In Griechenland und Tschechien sollen sich alle ab 60 impfen lassen. Was bleibt, ist aber auch hier die Frage der Umsetzbarkeit und der Wirksamkeit.
In Italien wird die Umsetzung von der italienischen Steuerbehörde kontrolliert, indem sie die Meldedaten mit den regionalen Impfregistern abgleicht. Ob das Bußgeld von 100 Euro dort ausreicht, um zur Impfung zu motivieren, ist aber umstritten. Virologe Roberto Burioni sprach von einer Posse. Die Summe entspreche gerade mal zwei Strafzetteln für Falschparken.
Variante 3: Die gestaffelte Impfpflicht
FDP-Fraktionschef Christian Dürr hat ein Stufenmodell ins Gespräch gebracht. Dürr spricht von einer "Impfpflicht auf Probe". Sie könnte dann erstmal nur befristet eingeführt werden, etwa für ein Jahr.
Die Initiative um den FDP-Abgeordneten Ullmann will laut "Welt" den Antrag zur altersabhängigen Regelung mit einer Stufenregelung verbinden. Demnach könnte zu Beginn eine verpflichtende Impfaufklärung für alle stehen, möglichst durch Ärzte in den Impf- oder Testzentren. Sollte die Impfquote dann trotzdem nicht steigen, könnte ein nächster Schritt eine Impfpflicht beispielsweise für Menschen ab 50 Jahren sein.
Variante 4: Keine allgemeine Impfpflicht
Die Gegner einer Impfpflicht haben sich bereits klar positioniert. Abgeordnete um den FDP-Politiker Wolfgang Kubicki legten schon einen Antragsentwurf vor, in dem sie die Pflicht für eine Corona-Impfung kategorisch ablehnen. Kubicki, der auch Bundestagsvizepräsident ist, hält nach eigener Aussage eine Pflicht für verfassungswidrig. Seinen Antrag hätten sich bereits rund 30 Parlamentarier angeschlossen. Auch die AfD kündigte einen eigenen Antrag gegen eine allgemeine Impfpflicht an.
Voraussichtlich im März soll der Bundestag über das kontroverse Thema entscheiden - ohne Fraktionszwang. Bis dahin müssen die Anträge konkret sein - und auch die vielen offenen praktischen Fragen beantworten, etwa: Wie soll eine Impfpflicht kontrolliert werden? Soll es Bußgelder geben? Ist ein zentrales Impfregister nötig, um überhaupt einen Überblick über die Geimpften zu bekommen?
Außerdem stellen sich weiter zahlreiche weitere Fragen - aus rechtlicher Sicht aber auch mit Blick auf die Wirksamkeit der Impfstoffe bei ständig neuen Virus-Mutationen. Das Thema Impfpflicht ist nicht nur strittig, sondern auch komplex - hier ein Überblick: