Integration in Deutschland Traumjob hinter hohen Mauern
Wie kann die Integration ausländischer Menschen besser gelingen? Darüber beraten die zuständigen Minister in Wiesbaden. Sprachkenntnisse und Arbeit sind ein Schlüssel - wie das Beispiel eines 29-Jährigen zeigt.
"Man weiß nie, was auf einen zukommt", sagt Adrian Covalciuc, als er eines der fünf Haftgebäude der Jugendstrafanstalt Schifferstadt in Rheinland-Pfalz betritt. In dem Haus sind mehr als 50 Gefangene in vier Wohngruppen untergebracht. Jeder Häftling bewohnt einen neun Quadratmeter großen Raum, der aus einem Bett, Tisch, Fernseher und einem kleinen Bad besteht. Covalciuc betreut und beaufsichtigt die Gefangenen im Schichtdienst.
Sein Frühdienst beginnt um 6 Uhr morgens mit der sogenannten Lebendkontrolle. Er geht von Zelle zu Zelle und prüft, ob auch alle Häftlinge da sind und wie es ihnen geht. Zusammen mit seinen Kollegen kontrolliert er die Zellen auch auf unerlaubte Gegenstände und achtet darauf, dass sie sauber und aufgeräumt sind. Vorschriften und Regeln bestimmen das Leben in der Jugendstrafanstalt.
Covalciuc mag seinen Arbeitsplatz, auch wenn der sich hinter fünf Meter hohen Mauern und Stacheldraht befindet. Immerhin gibt es auf dem zwölf Hektar großen Gefängnisgelände in Schifferstadt viele Grünflächen, Bäume und sogar einen Teich mit Enten.
Arbeitsplatz hinter den hohen Mauern der Jugendstrafanstalt Schifferstadt.
Gute Kommunikation und Fingerspitzengefühl
"Jeder macht Fehler", sagt der 29-Jährige. Seine Aufgabe sieht er darin, die Gefangenen dabei zu unterstützen, künftig ein straffreies Leben zu führen. Dazu gehöre vor allem mit ihnen zu sprechen und zu helfen - etwa wenn es darum geht, Formulare für Behörden auszufüllen oder sie zur Schule oder zu den Arbeitsstätten in der Jugendstrafanstalt zu begleiten. Er und seine Kollegen kümmern sich um einen geregelten Tagesablauf und müssen im Notfall auch eingreifen. Es kann auch immer mal wieder zu Streitigkeiten oder Schlägereien zwischen Häftlingen kommen.
Jeder Gefangene ist anders, hat eine andere Persönlichkeit, reagiert anders, erklärt Covalciuc. Manche seien impulsiv, die müsse man beruhigen. Es komme viel auf die richtige Kommunikation und Fingerspitzengefühl an: "Man muss mit ihnen so sprechen, dass sie einen auch verstehen. Vor allem mit den Gefangenen, die kein deutsch sprechen. Das ist auch eine Herausforderung." Es gehe darum, Lösungen zu finden, um zu deeskalieren, so dass Tagesablauf und die Verhaltensregeln am Ende eingehalten werden.
Laut Anstaltsleitung haben rund ein Drittel der etwa 170 Häftlinge einen Migrationshintergrund. Mehr als 40 Inhaftierte sind keine deutschen Staatsangehörigen.
Steiniger Weg zum Vollzugsbeamten
Adrian Covalciuc hat seine Ausbildung zum Vollzugsbeamten in der JSA Schifferstadt vor drei Monaten mit Bestnoten abgeschlossen - und das, obwohl er 2018 nach Deutschland kam, ohne selbst ein Wort deutsch zu sprechen. Seine Deutschkenntnisse hat er sich während seiner 18-monatigen Ausbildung selbst erarbeitet. Ohne die Hilfe seiner Tante und seines Onkels, die bereits in Deutschland lebten, hätte er das wohl nicht geschafft, erzählt Covalciuc. Sie hätten ihm geholfen, die Sprache zu lernen und sich einzufinden.
Schon seit seiner Kindheit ist es sein Traum gewesen, bei der Polizei zu arbeiten, erzählt Covalciuc. Im Alter von 15 Jahren hat er in der Republik Moldau eine Militärschule besucht. Die drei Jahre dort haben ihn tief geprägt. Er habe gelernt, nach klaren Vorgaben und Regeln zu leben. Danach habe er sich entschieden, einen Beruf im Vollzugsdienst zu ergreifen. Über ein Austauschprogramm hat er schließlich einen Platz an der Polizeiakademie in Rumänien ergattert und sei so im Strafvollzug gelandet.
Adrian Covalciuc hat seine Ausbildung zum Vollzugsbeamten in der JSA Schifferstadt vor drei Monaten mit Bestnoten abgeschlossen.
Praktika in rumänischen Haftanstalten
Seine beruflichen Erfahrungen in Gefängnissen in Rumänien und der Republik Moldau haben ihm den Einstieg in Deutschland erleichtert, berichtet Covalciuc. In Rumänien habe er Praktika in verschiedenen Haftanstalten gemacht, eine Ausbildung für den gehobenen Dienst absolviert und Jura studiert.
In der Republik Moldau habe er auch im Erwachsenenvollzug gearbeitet. Dort gehe es deutlich härter zu, als in deutschen Gefängnissen, erklärt er. Dort seien meist mehrere Gefangene in einem kleinen Haftraum untergebracht. Ganz anders als in Schifferstadt, wo es nur Einzelzellen gibt.
In Rumänien habe er auch gelernt, dass man Gefangenen mit Respekt begegnen muss, egal was sie getan haben. Dann respektierten einen auch die Häftlinge, so Covalciuc. "Wir sind alle Menschen, ob Gefangener oder Beamter. Wenn wir respektvoll miteinander umgehen, dann bekommt man das auch wieder zurück." Seine Arbeit mit den Gefangenen ist auch immer ein schwieriger Balanceakt zwischen Nähe und Distanz, erklärt Covalciuc. Wenn man zu viel Nähe zulasse, dann nehme einen der Gefangene als Freund oder Kumpel wahr. Bei zu viel Distanz, könne man kein gutes Gespräch führen und kein Vertrauen aufbauen.
Mit seiner Arbeit in der Jugendstrafanstalt Schifferstadt fühlt sich Covalciuc wohl. Er arbeite dort in einem tollen Team. Er ist überzeugt, dass Integration nur gelingen kann, wenn die eigene Bereitschaft und das Interesse da seien, sich einzubringen. Zudem müsse es Hilfsangebote geben: "Wenn man in einem fremden Land etwas erreichen will, muss man als erstes die Sprache lernen. Und danach alles tun, um sein Ziel zu erreichen."