Olaf Scholz (vorne) und Lisa Paus
exklusiv

Streit über Finanzierung Scholz schaltet sich bei Kindergrundsicherung ein

Stand: 03.07.2023 19:05 Uhr

Kanzler Scholz bestätigt im Streit über die Kindergrundsicherung offenbar die Position des Familienministeriums, das ausreichend Haushaltsmittel fordert. Ein entsprechendes Schreiben liegt dem ARD-Hauptstadtstudio vor.

Von Sarah Frühauf, ARD-Hauptstadtstudio

Im Streit über die Finanzierung der Kindergrundsicherung hat sich nun Bundeskanzler Olaf Scholz eingeschaltet. In einem Brief an die Bundesfamilienministerin Lisa Paus, der dem ARD-Hauptstadtstudio vorliegt, fordert er einen geeinten Referentenentwurf bis Ende August. In dem Schreiben ist im Zusammenhang mit der Kindergrundsicherung von einer "beabsichtigten Leistungsverbesserung" die Rede. Damit bestätigt Scholz offenbar die Position der Bundesfamilienministerin Lisa Paus, die für die Kindergrundsicherung ausreichend Haushaltsmittel fordert, um dem Anspruch eines sozialpolitischen Projektes gerecht zu werden.

Scholz bittet Paus zudem, verschiedene Varianten und Alternativen zur Ausgestaltung der Kindergrundsicherung zu erarbeiten, beispielsweise für den Pauschalbetrag des Bildungs- und Teilhabepakets. Der Kanzler schreibt: "Die Ressortabstimmung sollte dann zeitnah eingeleitet werden, so dass eine Kabinettsbefassung Ende August realisiert werden kann."

Ringen um Kindergrundsicherung

J. Kliss / M. Schmidt, ARD Berlin, tagesthemen, 03.07.2023 21:55 Uhr

Familienministerium ist genervt

Im Bundesfamilienministerium dürfte man sich durch den Brief des Kanzlers bestätigt fühlen. Telefonierte man in den vergangenen Tagen mit Vertretern des Familienministeriums wegen der Haushaltsdiskussionen über die Kindergrundsicherung, war das genervte Augenrollen durchs Telefon zu hören. Nein, die Gespräche würden noch laufen. Die endgültige Summe würde noch nicht feststehen. Der Ärger richtet sich vor allem gegen das Finanzministerium und die FDP. Denn aus deren Reihen war letzte Woche eine Einigung zum Haushalt kolportiert wurden.

Von dort stammen Zahlen, dass für die Kindergrundsicherung nur zwei Milliarden Euro eingeplant seien. Die Bundesfamilienministerin hatte sich mal zwölf Milliarden gewünscht. In einem sind sich Finanz- und Familienministerium zumindest einig: Die zwei Milliarden Euro seien eine Art Merkposten, ein Platzhalter für die Haushaltsplanung ab dem Jahr 2025. Denn ab dann, so der der Plan der Familienministerin, soll die Kindergrundsicherung ausgezahlt werden.

Nur interpretieren beide Ministerien den Begriff "Merkposten" offenbar jeweils anders. "Wer etwas Neues finanzieren will, muss sagen, woher das Geld kommen soll - sprich, was nicht mehr finanziert werden soll", erklärte Finanzminister Christian Lindner dem "Handelsblatt". Also im Klartext: Will Ministerin Paus mehr Geld für die Kindergrundsicherung, muss sie sagen, wo sonst gespart werden soll.

Brief dürfte Debatte vorerst befrieden

Im Familienministerium versteht man den Begriff Merkposten allerdings eher als Platzhalter und nicht bindend. Schließlich sei es auch nur eine Mittelfristplanung. Mit den zwei Milliarden Euro wäre eine "beabsichtigte Leistungsverbesserung", die der Kanzler in seinem Brief beschreibt, wohl auch nicht umsetzbar.

Insbesondere nach dem verunglückten Heizungsgesetz könnten die Grünen sozialpolitischen Erfolg, den sie sich auf die Fahne schreiben können, gerade gut gebrauchen. Doch mit nur zwei Milliarden Euro für das Projekt wäre der Anspruch "sozialpolitisch" dahin. Dann würde es auf den Minimalkompromiss, eine Verwaltungsreform hinauslaufen, die die FDP seit Monaten forciert.

Das Ziel: Mehr Menschen dazu bringen, den Kinderzuschlag abzurufen. Denn nur zehn Prozent derjenigen, denen diese 250 Euro zustehen würden, rufen sie auch tatsächlich ab. Das Familienministerium dagegen ist es zu wenig, nur die Auszahlung des Kinderzuschlags zu verbessern. Vor zwei Wochen hatte es ein Gespräch zwischen Paus und Lindner mit dem Kanzler gegeben, allerdings blieb auch das ohne Einigung. Durch den Brief des Kanzlers dürfte die Diskussion für den Moment befriedet sein, ob das auf lange Sicht hält, ist nicht klar.

Familienministerin Lisa Paus, Die Grünen, zum Streit über die Kindergrundsicherung in der Ampel-Koalition

tagesthemen, 03.07.2023 21:55 Uhr

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete tagesschau24 am 03. Juli 2023 um 18:00 Uhr.