Neuer Finanzminister Kukies Aus dem Hintergrund ins Rampenlicht
Vom Juso zum Investmentbanker, vom Kanzlerberater zum Finanzminister: Jörg Kukies hat eine wechselvolle Karriere hinter sich. Wer ist dieser Mann, der hinter vielen finanz- und wirtschaftspolitischen Entscheidungen steckt?
Der Nachfolger von Finanzminister Lindner wird Jörg Kukies. Der 56-Jährige ist in Mainz geboren, war Juso-Landesvorsitzender, dann Investmentbanker, seit sechs Jahren ist er wieder in der Politik.
Normalerweise steht er im Hintergrund. Das Rampenlicht ist ihm selten gewiss. Doch er ist einer der wichtigsten Vertrauten von Olaf Scholz. 2018 holte der damalige Finanzminister Scholz Kukies in sein Ministerium und stellt ihn als Teil eines "guten Teams" von Fachleuten vor.
Kritik an Goldman-Sachs-Vergangenheit
Bevor er in die Bundespolitik kam, machte Kukies Karriere in der Finanzwelt, arbeitete als Investmentbanker für Goldman Sachs. Seine Banker-Vergangenheit brachte Kukies auch Kritik ein.
Schon vor sechs Jahren war eine seiner größten Kritikerinnen die heutige BSW-Chefin Sahra Wagenknecht: "Von Washington ist man es gewohnt, dass die Investmentbank Goldman Sachs in der Regeln den Finanzminister stellt", sagte die ehemalige Linken-Politikerin. Die Wall Street regiere ja dort, so Wagenknecht damals.
Seit 2021 im Kanzleramt
Kukies Karriere hat das nicht geschadet. Der Spiegel nannte ihn mal "das zweite Gehirn des Kanzlers". Und vielleicht wird er deshalb häufig als rastlos beschrieben, weil er Scholz Ideen liefern muss für die Krisen der Zeit. Denn 2021 zieht Kukies mit Scholz ins Kanzleramt um.
Dort ist er zuständig für Wirtschafts-, Finanz-, Klima- und Europapolitik sowie für die G7- und G20-Gipfel. Heißt: viel reisen, viel verhandeln - wie er vor zwei Jahren beschreibt: "Das ist einfach eine faszinierende Aufgabe. Wenn man mit den größten Demokratien und Industrienationen der Welt zusammenarbeitet, um Klimaneutralität zu erreichen."
Blind für Wirecard-Betrug
Gerade in der Corona-Pandemie zeigt er sich als Problemlöser. Kukies leitet den Wirtschaftsstabilisierungsfonds, der mit Milliarden Euro Unternehmen rettet, und fädelt als Chefverhandler die vorübergehende Verstaatlichung der Lufthansa ein.
Obwohl er den Finanzmarkt kennt, ist auch Kukies blind für den Milliardenbetrug bei dem Finanzdienstleiter Wirecard. Kurz vor der Pleite soll er noch die staatseigene Ipex-Bank gedrängt haben, Millionen in Wirecard zu pumpen - auf Kosten der Steuerzahler.
Schier unlösbare Aufgabe: Bundeshaushalt
Investmentbanker, Staatssekretär, Finanzminister: Keine typische Karriere für einen, der Anfang der 90er-Jahre zum Landesvorsitzenden der Jungsozialisten in Rheinland-Pfalz gewählt wurde und sich damals stark machte für mehr Bildungschancen und Umweltpolitik: "Wir Jusos müssen einer SPD Dampf machen, die es sich schon jetzt bequem machen will in noch nicht errungenen Regierungssesseln", so Kukies damals.
Nun muss er als Finanzminister einer Minderheitsregierung einen Bundeshaushalt aufstellen. Eine schier unlösbare Aufgabe für den langjährigen Scholz-Vertrauten.