Wolfram Weimer
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Porträt

Wolfram Weimer Medienunternehmer und Kulturstaatsminister?

Stand: 29.04.2025 12:47 Uhr

Merz holt den bekennenden Wertkonservativen Weimer als Kulturstaatsminister ins Kanzleramt. Er ist Medienunternehmer, hat aber wenig Erfahrung im Kulturbereich. Was bedeutet das für die Kulturpolitik?

Von Peter Jungblut, BR

Wolfram Weimer schrieb 2018 ein Buch, das als "Gift für Linke" und "Zumutung für Rechte" angepriesen wurde, ein "Konservatives Manifest". Darin verfasste er nicht weniger als "Zehn Gebote" für den modernen Wertkonservativen.

Klar, dass der kantige Journalist und Verleger, der bei der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung", für den Axel-Springer- und den Burda-Verlag tätig war, mit diesem Bekehrungseifer gern gesehener Talkshow-Gast wurde.

Weimer ist vor allem wirtschaftsliberal, kein Nationalist. So kritisierte er mal die deutsche Nationalhymne, weil ihr Verfasser August Heinrich Hoffmann von Fallersleben Antisemit gewesen sei.

Konservativ heißt für Weimer offenbar in erster Linie: Zurück zu den bürgerlichen Tugenden vergangener Zeiten. So sagte er bei einem seiner TV-Auftritte:

Die Leute schätzen, wenn jemand authentisch ist, wenn er wahrhaftig ist, wenn jemand zu seinen Werten steht. Heutzutage will man von einem konservativen Mediziner behandelt werden, in der Bank höre ich: Diese Anlage ist ganz sicher, also konservativ. Auf einmal ist das Konservative, das vorher noch unappetitlich war, irgendwie angesagt. Der wahre Wertkonservative, der sagt, konservativ heißt nicht, an dem hängen, was gestern war, sondern ein Leben aus dem, was immer gilt.

Er hält Trump nicht für sonderlich gefährlich

Wolfram Weimer sieht sich diesbezüglich im Einklang mit dem Zeitgeist: "Das Mindset ganzer Generationen verschiebt sich nach rechts. Ein zweiter Grund ist natürlich: Eine beschleunigte Globalisierung mit einer sehr dynamischen Veränderung aller Lebenswelten führt zu Sicherheitsreflexen, das ist ein wesentlicher Treiber für konservative Reflexe."

Man ziehe sich zurück in die Nation, die Heimat, in den Kokon, so Weimer. "Und dann würde ich schon sagen: Wenn eine linke Politik über lange Zeit übertrieben hat, dann gibt es einen Backlash."

Weimer ist keiner der Kulturpessimisten, wie sie im konservativen Lager häufig anzutreffen sind, ganz im Gegenteil: Ins allgemeine Klagelied über die fatalen Folgen der sozialen Medien stimmt er ausdrücklich nicht ein, und Donald Trump hält er auch nicht für sonderlich gefährlich. Er sei halt ein begabter Schauspieler, der gern augenzwinkernd formuliere, was die Amerikaner auch verstünden.

Sechs Männer, vier Frauen

Das sind die Minister und Ministerinnen der Union

Johann Wadephul

Bundesminister des Auswärtigen: Johann Wadephul, 62 Jahre, seit 2009 Bundestagsabgeordneter aus Schleswig-Holstein und zuletzt Fraktionsvize, zuständig für Außen- und Sicherheitspolitik, Fachanwalt für Medizinrecht und für Sozialrecht, 2005 bis 2009 Vorsitzender der CDU-Landtagsfraktion in Schleswig-Holstein

Katherina Reiche

Bundesministerin für Wirtschaft und Energie: Katherina Reiche, 51 Jahre, bisher Chefin der E.ON-Tochter Westenergie, Diplom-Chemikerin, von 1998 bis 2015 als brandenburgische CDU-Politikerin Mitglied des Bundestages, zeitweise Parlamentarische Staatssekretärin im Umwelt-, dann im Verkehrsministerium

Thorsten Frei

Bundesminister für besondere Aufgaben und Chef des Bundeskanzleramtes: Thorsten Frei, 51 Jahre, bisher Erster Parlamentarischer Geschäftsführer der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Jurist, seit 2013 im Bundestag, zuvor von 2004 bis 2013 Oberbürgermeister der Stadt Donaueschingen (Baden-Württemberg)

Alexander Dobrindt

Bundesminister des Innern und für Heimat: Alexander Dobrindt, 54 Jahre, seit September 2017 Vorsitzender der CSU-Landesgruppe im Deutschen Bundestag, von 2013 bis 2017 Verkehrsminister im Kabinett Merkel, seit 2002 im Bundestag

Nina Warken

Bundesministerin für Gesundheit: Nina Warken, 45 Jahre, seit 2018 im Bundestag (zuvor schon 2013 bis 2017), seit 2021 Parlamentarische Geschäftsführerin der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Juristin, Mitglied im Bundesvorstand der Frauen Union Deutschlands, seit 2023 Generalsekretärin der CDU Baden-Württemberg

Karin Prien

Bundesministerin für Bildung, Familie, Senioren, Frauen und Jugend: Karin Prien, 59 Jahre, seit 2021 stellvertretende CDU-Vorsitzende, seit 2017 schleswig-holsteinische Ministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur, 2011 bis 2017 Mitglied der Bürgerschaft in Hamburg, Juristin, Vorsitzende des Jüdischen Forums der CDU

Dorothee Bär

Bundesministerin für Forschung, Technologie und Raumfahrt: Dorothee Bär, 47 Jahre, seit 2002 im Bundestag, von 2018 bis 2021 Staatsministerin von Bundeskanzlerin Angela Merkel und Beauftragte der Bundesregierung für Digitalisierung, seit Dezember 2021 eine der stellvertretenden Vorsitzenden der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, seit 2017 eine der stellvertretenden Parteivorsitzenden der CSU

Patrick Schnieder

Bundesminister für Verkehr: Patrick Schnieder, 56 Jahre, Jurist, seit 2009 im Bundestag und seit 2018 Parlamentarischer Geschäftsführer der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, von 2009 bis 2021 Mitglied im Verkehrsausschuss des Deutschen Bundestages, 1999 bis 2009 Bürgermeister der Verbandsgemeinde Arzfeld (Rheinland-Pfalz)

Alois Rainer

Bundesminister für Ernährung und Landwirtschaft: Alois Rainer, 60 Jahre, seit 2013 Mitglied des Bundestags, von 1996 bis 2014 Bürgermeister der niederbayerischen Gemeinde Haibach, von 2005 bis 2017 Vorsitzender des CSU-Ortsverbandes Haibach, seit 2005 Kreisvorsitzender der Mittelstandsunion

Karsten Wildberger

Bundesminister für Digitalisierung und Staatsmodernisierung: Karsten Wildberger, geboren 1969, promovierter Physiker, seit 2021 Vorstandsvorsitzender der Ceconomy AG und der MediaMarktSaturn-Gruppe, zuvor im Vorstand von E.ON, Telstra (Australien), Vodafone (Rumänien und Großbritannien), 2003 bis 2006 bei der Deutschen Telekom AG und von 1998 bis 2003 Unternehmensberater bei Boston Consulting Group

Wolfram Weimer

Staatsminister für Kultur und Medien: Wolfram Weimer, 60 Jahre, Publizist, seit 2012 Verleger der Weimer Media Group, zuvor Chefredakteur des Nachrichtenmagazins Focus, des "Cicero" und Doppelchefredakteur von "Die Welt" und "Berliner Morgenpost", Korrespondent der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" in Madrid

Michael Meister

Staatsminister für Bund-Länder-Zusammenarbeit: Michael Meister, 63 Jahre, seit 1994 im Bundestag als hessischer Abgeordneter, 2018 bis 2021 Parlamentarischer Staatssekretär im Forschungsministerium und von 2013 bis 2018 im Finanzministerium, Diplom-Mathematiker

Christiane Schenderlein

Staatsministerin für Sport und Ehrenamt: Christiane Schenderlein, seit 2021 für die CDU-Sachsen im Bundestag und Sprecherin für Kultur und Medien der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, 2019 bis 2021 Mitglied des Sächsischen Landtages, promovierte Politikwissenschaftlerin, geboren in Weißenfels (Sachsen-Anhalt)

Serap Güler

Staatsministerin im Bundesministerium des Auswärtigen: Serap Güler, 44 Jahre, seit 2021 im Bundestag und seit 2012 im CDU-Bundesvorstand, 2017 bis 2021 Staatssekretärin für Integration in der Landesregierung von Nordrhein-Westfalen, Kommunikationswissenschaftlerin

Gunther Krichbaum (Archivbild 01.02.2019)

Staatsminister im Bundesministerium des Auswärtigen: Gunther Krichbaum, 60 Jahre, Jurist, seit 2002 im Bundestag, 2007 bis 2021 Vorsitzender des Europaausschusses, seit 2022 europapolitischer Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, seit 2019 Mitglied der Deutsch-Französischen Parlamentariergruppe

Weimer fordert für den Staat eine "Fitnesskur"

Ob Weimer als Kulturstaatsminister den Bürokratieabbau so forsch vorantreibt, wie er ihn als Journalist forderte, wird sich noch herausstellen. Er forderte für den Staat eine "Fitnesskur". Deutschland sei überreguliert und habe zu viel Bürokratie. "Kurzum: Für 2025 gilt - weniger Greta Thunberg und mehr Ludwig Erhard."

An der Kulturpolitik wird sich das Schicksal der neuen Regierung sicherlich nicht entscheiden. Aber Wolfram Weimer wird einen schweren Stand haben, sollte er seine persönlichen wertkonservativen Ansichten zum Maßstab seiner politischen Entscheidungen machen.

So äußerte er sich abfällig über die vermeintliche "Gender-Ideologie" und Coming-Outs prominenter Personen, was ihm in der Kulturszene kaum Beifall einbringen dürfte. Diese Art Bürgerlichkeit, die an Betulichkeit grenzt, ist dort wenig verbreitet.

LobbyControl sieht Interessenkonflikt
Der gemeinnützige Verein LobbyControl sieht beim designierten Kulturstaatsminister Wolfram Weimer einen Interessenkonflikt, weil dieser Anteilseigner bei der Weimer Media Group ist. "Wolfram Weimer hat einen klaren Interessenkonflikt durch seine Position als Medienunternehmer", sagte Aurel Eschmann, Experte für Lobbyregulierung bei LobbyControl, dem "RedaktionsNetzwerk Deutschland".

Eschmann verwies darauf, dass Weimer als Kulturstaatsminister unter anderem direkt für die Deutsche Welle zuständig sei, "also die öffentlich-rechtliche Konkurrenz zu seinem Unternehmen". Dieser Interessenkonflikt lasse sich auch nicht dadurch aufheben, dass er die Geschäftsführung der Weimer Group verlässt und seine Ehefrau alleinige Geschäftsführerin bleibt.

Eschmann fügte hinzu: "Weimer hat in der Vergangenheit bereits die öffentlich-rechtlichen Medienanstalten infrage gestellt und die Privatisierung des ZDF gefordert. Es ist zweifelhaft, ob sich dieser Interessenkonflikt ausräumen lässt, und damit auch, ob Weimer für diese Position geeignet ist."

Unter Kulturschaffenden wenig geschätzt

Auch die "Sehnsucht nach Gott: Warum die Rückkehr der Religion gut für unsere Gesellschaft ist", so einer seiner Buchtitel, wird unter Kulturschaffenden eher wenig geschätzt.

Wolfram Weimer weiß offenbar um die Last seiner Verantwortung. "Die Sorge habe ich auch: Wenn wir die nächste Bundesregierung nicht zu einer guten, entschiedenen und handlungsfähigen Regierung machen, dann haben wir bei der Wahl 2029 ein zweites 1933. Das ist ein Riesenproblem." Auf der anderen Seite wüssten das alle Akteure der Parteien der Mitte. "Ich bin der festen Überzeugung, das sich die Parteien zusammenraufen werden und dass wir nicht eine Ampel 2 erleben."

Inhaltlich passt Weimer perfekt zum politischen Profil von CDU-Chef Friedrich Merz: Ein Mann, der als Konservativer glaubwürdig, aber nicht rückständig sein will. Und von Kommunikation müsste Weimer als Medienmann ja auch viel verstehen - womöglich der eigentliche Grund für seine Nominierung zum Kulturstaatsminister.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete NDR Kultur am 28. April 2025 um 08:10 Uhr.