Bundeswehreinsatz Der lange Abschied aus Mali
Die Bundeswehr zieht im Mai 2024 aus Mali ab. Die Entscheidung ist ein politischer Kompromiss. Für die deutschen Soldaten ist die Lage damit nicht einfacher geworden. Nun ist die Verteidigungsministerin nach Mali gereist.
Gehen oder bleiben - die Ampelregierung hat sich für ein bisschen von beiden Optionen entschieden: Die Bundeswehr verlässt Mali. Aber nicht sofort, sondern erst im Mai 2024. Bis dahin soll der letzte deutsche Soldat das Land verlassen haben.
Zweifelsohne ein klassischer Kompromiss also, die Opposition nennt ihn einen "faulen Kompromiss": "Man sagt: In Gefahr und Not ist der Mittelweg der Tod", warnt Unions-Fraktionsvize Johann Wadephul im Interview mit dem ARD-Hauptstadtstudio. "Dies ist ein ganz gefährlicher Mittelweg, der für die ganze Region nicht zum Erfolg führen wird." Wadephul ist wie andere in der CDU der Ansicht, man hätte in Mali bleiben und sogar noch mehr tun sollen.
Diese Befürchtung, mit dem Abzug des über 1000 Köpfe starken deutschen Kontingents überlasse man den Terroristen das Feld und das Land dem Einfluss Russlands, trieb lange Außenministerin Annalena Baerbock um. Sie befürchtete außerdem, in der Welt und bei den Vereinten Nationen könnten Zweifel an der deutschen Verlässlichkeit aufkommen.
Doch im Auswärtigen Amt und auch von Seiten der grünen Verteidigungspolitikerin Agnieszka Brugger wird der Kompromiss wegen des gedehnten Abzugszeitraums nun gelobt: "Dadurch, dass wir nicht Hals über Kopf abziehen, sondern ein planvolles Umstrukturieren des Sahel-Engagements auf den Weg gebracht haben, haben wir auch den Vereinten Nationen gezeigt, dass wir ein verlässlicher Partner sind", sagt Brugger.
Wahlen absichern?
Doch mindestens ebenso viele Fragezeichen wie für die UN-Mission, deren Fortdauer ungewiss ist, ergeben sich für die deutschen Soldaten im Einsatz: Wenn ein Abzugsargument ist, dass man sich wegen der Ausbreitung der Terrormilizen im Norden Malis und wegen des oft als schikanös wahrgenommenen Verhaltens der Militärjunta Sorgen um die Sicherheit der Truppe macht - warum zieht man sie dann nicht wahlweise sofort ab oder verstärkt sie?
Auch für die im Februar 2024 vorgesehene Präsidentschaftswahl werde man nun noch in Mali sein können, verteidigt die Verteidigungsministerin den Kompromiss. Im kommenden Sommer werde man mit dem Abzug beginnen: "Also sehr koordiniert, mit einem sehr klaren Plan", sagt Christine Lambrecht, wobei es kein Geheimnis ist, dass die SPD-Politikerin den Einsatz gerne zu einem früheren Ende gebracht hätten.
Nun ist allerdings fraglich, wie die Bundeswehr Anfang 2024 - wenn die Truppe also schon arg dezimiert und vollauf mit der Absicherung des durchaus nicht ungefährlichen Abzugs beschäftigt ist - sich noch um die Wahlen kümmern soll. Eine "vorgeschobene Argumentation" sei das, schimpft der CDU-Außenpolitiker Wadephul.
"Wir werden in der Sahelzone gebraucht"
Gleichzeitig pochen vor allem die FDP und Teile der Grünen darauf, im Sahel auch nach dem Mali-Abzug weiter aktiv zu bleiben: Dabei ist die Sorge durchaus herauszuhören, Deutschland könne mit der Rückkehr zu den eigenen "sicherheitspolitischen Wurzeln" übertreiben, sich also zu stark auf Landes- und Bündnisverteidigung konzentrieren und Auslandseinsätze vernachlässigen. "Tatsache ist: Wir werden in der Sahelzone gebraucht. Wenn dieses Gebiet kippt in Afrika, dann werden wir es mit Terror wieder zu tun haben, mit starker Migration", warnt FDP-Politikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann im Interview mit dem ARD-Hauptstadtstudio.
Im grün-geführten Auswärtigen Amt hatte man schon bei der Verkündung des Mali-Kompromisses versichert, dass die Deutschen im Verbund mit der EU ihr Engagement im Nachbarland Niger auf neue Füße stellen wollten. Sich gänzlich aus der Sahelregion zu verabschieden, wird als zu großes Risiko gesehen. Insofern dürfte aus dem langen Abschied aus Mali kein endgültiger Abschied aus der Region werden.