Rechnungshof vor Anhörung Nachtragshaushalt "äußerst problematisch"
Der Haushaltsausschuss des Bundestags will heute mit Experten über den geplanten Nachtragshaushalt beraten. Mehrere Gutachter sehen keine Alternative für die Regierung. Der Rechnungshof hält das Vorgehen hingegen für "äußerst problematisch".
Reinen Tisch machen, so nennt es Bundesfinanzminister Christian Lindner. Mit einem Nachtragshaushalt sollen die Schulden, die der Bund zum Beispiel für die Energiepreisbremsen aufgenommen hat, nachträglich auf eine neue Grundlage gestellt werden. Dazu muss allerdings der Bundestag noch eine außergewöhnliche Notlage feststellen - dann zum vierten Mal in Folge.
Ein Vorgehen, für das es nach Einschätzung mehrerer Gutachter keine Alternative gibt. So schreibt der Karlsruher Wirtschaftswissenschaftler Berthold Wigger in seiner Stellungnahme für die heutige Anhörung im Haushaltsausschuss: "Angesichts der Tatsache, dass sich das Haushaltsjahr 2023 dem Ende zuneigt, dürfte es keine andere Möglichkeit geben, einen verfassungsgemäßen Haushalt zu gewährleisten." Der Heidelberger Jurist Hanno Kube hält das Vorgehen der Regierung für "vertretbar".
Neue Verfassungsklage unwahrscheinlich
Kritik kommt vom Nürnberger Ökonomen Thiess Büttner sowie dem Bundesrechnungshof mit Blick auf die Buchungspraxis von Schulden in so genannten Sondervermögen. Der Rechnungshof hält den Nachtragshaushalt daher sogar für "verfassungsrechtlich äußerst problematisch".
Die Ampelkoalition hatte vor zwei Jahren das Verfahren geändert, wann Kredite auf die Schuldenbremse angerechnet werden: nicht mehr dann, wenn die Kredite aufgenommen werden, sondern bereits, wenn über sie entschieden wird. Nach dem Karlsruher Urteil sei es angezeigt, zur alten Praxis zurückzukehren, schreibt Büttner nun.
Eine neue Verfassungsklage ist allerdings nicht zu erwarten - entsprechende Signale kamen zuletzt von der Unionsfraktion, die das Urteil zu den Corona-Schulden in Karlsruhe erwirkt hatte.