Neue Corona-Regeln in Kraft Strengere Maskenpflicht und Testauflagen
Mit dem Herbst steigen die Corona-Zahlen wieder deutlich an. Deshalb sollen von heute an neue Auflagen in Bahnen und Pflegeheimen gelten - doch nicht alle sind damit zufrieden. Das RKI zählt inzwischen mehr als 150.000 Tote.
FFP2-Maskenpflicht in Fernzügen und Fernbussen, Aufhebung der Regeln in Flugzeugen: Ab heute sind die neuen Corona-Vorgaben in Kraft getreten. In den Fernzügen der Bahn reichte bisher eine OP-Maske, eine FFP2-Maske wurde nur empfohlen. Auch bei Flixbus genügte nach Angaben einer Sprecherin bisher eine medizinische Maske.
Im Regionalverkehr entscheiden die Bundesländer ab sofort selbst über Schutzmaßnahmen. Deren Gesundheitsminister hatten sich aber dafür ausgesprochen, an der geltenden Maskenpflicht in Bussen und Bahnen festzuhalten. In Flugzeugen fällt die Maske dagegen ab jetzt weg.
Länder können Vorgaben verschärfen
Bundesweit müssen außerdem FFP2-Masken in Kliniken, Pflegeheimen, Arztpraxen und anderen Gesundheitseinrichtungen getragen werden. Beim Zutritt zu Pflegeeinrichtungen und Krankenhäusern wird außerdem ein negativer Test verlangt. Beschäftigte müssen sich mehrmals pro Woche testen lassen.
Die Neuregelungen hatten Bund und Länder über eine weitere Änderung des Infektionsschutzgesetzes beschlossen - ansonsten wären die restlichen Corona-Regeln im September ausgelaufen. Festgelegt ist darin außerdem, dass die Bundesländer in Eigenregie noch schärfere Maßnahmen verordnen können, wie etwa Maskenpflichten in Geschäften und Restaurants oder Tests in Schulen und Kitas.
Weitere Vorgaben, etwa Besucherobergrenzen für Veranstaltungen, Abstandsvorgaben im öffentlichen Raum oder Masken auch draußen, wenn Abstände nicht möglich sind, können die Bundesländer ebenfalls machen. Allerdings muss dafür per Landtagsbeschluss zunächst festgestellt werden, dass eine konkrete Gefährdung für das Gesundheitswesen oder andere wichtige Versorgungsbereiche besteht.
"Reine Augenwischerei"
Aus Sicht der Deutschen Stiftung Patientenschutz sind die neuen Regelungen nicht ausreichend. Es fehlten humane und effiziente Corona-Strategien, sagte der Vorstand der Stiftung, Eugen Brysch. Pflegebedürftigen Menschen außerhalb des Zimmers eine FFP2-Maske zu verpassen, sei eine unangemessene Zwangsmaßnahme. "So ist der schon jetzt sprunghafte Anstieg der Infektionszahlen in der stationären Altenpflege nicht zu stoppen."
Er bemängelte zudem, es fehlten "externe Taskforces, die bei einer Ketteninfektion sofort pflegerisch unterstützen". Zudem seien Ausweichquartiere nötig, um infizierte und nicht infizierte Pflegeheimbewohner zu trennen. Einige Hundert Euro pro Monat für Hygienebeauftragte oder Schnelltests dreimal die Woche seien oft "reine Augenwischerei". Stattdessen brauche es ein "PCR-Test-Regime". Doch die Bundesregierung und Gesundheitsminister Karl Lauterbach würden keine Initiative zeigen, den Pflegebedürftigen ein würdiges Leben mit dem Virus zu ermöglichen.
Lauterbach warnt vor neuen Varianten
Auch die Bundesarbeitsgemeinschaft der Seniorenorganisationen (Bagso) hatte die FFP2-Maskenpflicht in Altenheimen vor einigen Tagen kritisiert. Keiner anderen Bevölkerungsgruppe werde zugemutet, trotz vier Impfungen im eigenen Zuhause eine Maske zu tragen. Die Neuregelung durch das Infektionsschutzgesetz ignoriere die Bedürfnisse von Pflegeheimbewohnern nach sozialen Kontakten, Nähe und Berührung.
Gesundheitsminister Lauterbach zeigte sich dagegen zufrieden mit den neuen Vorgaben. "95 Prozent der Maßnahmen, die ich wollte, haben wir beschlossen", sagte er der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung". Die Maskenpflicht in Flugzeugen habe er zwar beibehalten wollen, aber den Wunsch nicht ohne Gegenleistung aufgegeben.
"Wir haben jetzt dafür eine strenge Maskenpflicht in Kliniken in den Kliniken und Arztpraxen. Die ist mehr wert, weil viel mehr Leute in Praxen oder Wartezimmern als in Flugzeugen sitzen." Eine "Killer-Variante" des Virus im Herbst könne er ausschließen, sagte Lauterbach. Die schlechte Nachricht sei, dass es inzwischen Varianten gebe, bei denen die Immunflucht sehr ausgeprägt sei.
Sieben-Tage-Inzidenz bei 497
Neueste Zahlen des Robert Koch-Institut (RKI) belegen, dass seit Beginn der Pandemie in Deutschland 150.046 Menschen an Covid-19 gestorben sind. Nach Angaben der Deutschen Stiftung Patientenschutz starben mehr als ein Drittel der Menschen in der Altenpflege.
Mit Herbstbeginn steigen zudem nun wieder die Infektionszahlen deutlich an. Die Gesundheitsämter meldeten dem RKI heute 73.856 Corona-Neuinfektionen (Vorwoche: 46 964) und 116 Todesfälle (Vorwoche: 90) innerhalb eines Tages. Die bundesweite Sieben-Tage-Inzidenz liegt demnach bei 497,0. Am Vortag hatte der Wert der Corona-Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner und Woche bei 466,0 gelegen (Vorwoche: 308,9; Vormonat: 237,0).
Allerdings liefern diese Angaben nur ein sehr unvollständiges Bild der Infektionszahlen. Experten gehen seit einiger Zeit von einer hohen Zahl nicht vom RKI erfasster Fälle aus - vor allem weil bei weitem nicht alle Infizierte einen PCR-Test machen lassen.