Nachhaltige Landwirtschaft Wie Özdemir auf Kurs bleiben will
Klimakrise, Umweltschäden, Insektensterben: Agrarminister Özdemir will die Landwirtschaft auf Nachhaltigkeitskurs bringen. Doch wegen der Ernteausfälle im Zuge des Ukraine-Kriegs geraten die Reformpläne in die Kritik.
Jetzt also auch noch der Ukraine-Krieg und damit drohende Ernteausfälle bei Getreide. Dabei steht die Landwirtschaftspolitik ohnehin schon unter Druck: die Klimakrise, Umweltschäden, Insektensterben - alles Faktoren, weswegen die Landwirtschaft in Deutschland sich ändern und vor allem nachhaltiger werden soll.
Doch der Kurs für mehr Nachhaltigkeit steht plötzlich in der Kritik: So bemängelt der agrarpolitische Sprecher der Union, Albert Stegemann, dass einige Flächen in der EU ab nächstem Jahr nicht mehr bewirtschaftet werden sollen: "Das ist natürlich ein Treppenwitz. Wir können in einer Verknappungssituation, wo es um die Sicherheit der Ernährungssituation für die deutsche und europäische Bevölkerung geht, natürlich nicht vier Prozent der produktiven Flächen stilllegen."
Özdemir hält dagegen
Können wir doch, sagt der grüne Bundeslandwirtschaftsminister. Cem Özdemir wendet ein, dass Deutschland und Europa mehr Getreide produzieren, als sie selbst verbrauchen. Für ihn spielen die Stilllegungen kaum eine Rolle. Wenn man die Fläche umrechne, um die es gehe, sei das im Nullkomma-Bereich gemessen am Getreideaufkommen in der Welt.
Das sieht Kai Niebert, Präsident des Deutschen Naturschutzrings und Mitglied der Zukunftskommission Landwirtschaft ähnlich. "Im Moment ist ein Drittel der deutschen Äcker überhaupt nur für die Lebensmittelerzeugung genutzt. Ein anderes Drittel steht für die Energieproduktion zur Verfügung und ein weiteres Drittel für die Erzeugung von Futtermitteln für Schweine für Hühner für Rinder", rechnet er vor.
60 Milliarden pro Jahr für Umweltschäden
Fazit: Schon heute könnte deutlich mehr Getreide zum Beispiel für Brot produziert werden, wenn man die Flächen anders nutzen würde. In der Zukunftskommission Landwirtschaft, einer Art rundem Tisch mit allen Interessengruppen, haben sie ausgerechnet: Die Kosten der intensiven Landwirtschaft sind enorm: 60 Milliarden Euro für Umweltschäden pro Jahr. Demnach kann es auch aus finanziellen Gründen nicht weitergehen wie bisher.
Joachim Rukwied vom Deutschen Bauernverband sagt einerseits, sein Verband stehe zu dem Transformationsprozess, wie die Kommission ihn beschlossen hat. Andererseits aber: "Die geopolitische Lage hat sich verändert, es gibt Versorgungsengpässe insbesondere in Nordafrika und da bieten wir als deutsche Landwirte an, dazu beizutragen, Versorgungsengpässe zu reduzieren."
Ob das nun auf Kosten von Energiepflanzen und der Tierfutterproduktion geschieht oder aber auf Kosten von Blühstreifen und Brachflächen, das ist die Frage. Und ob Bundeslandwirtschaftsminister Özdemir seinen Nachhaltigkeitskurs halten kann oder nicht, das hängt auch davon ab, ob er genug Verbündete findet.