Bundestagsvizepräsidentin Aydan Özoguz

Beitrag bei Instagram Antisemitismus-Vorwürfe gegen Bundestagsvizepräsidentin

Stand: 18.10.2024 16:16 Uhr

Nach einem Post bei Instagram mehren sich massive Vorwürfe gegen Bundestagsvizepräsidentin Özoguz. Sie habe sich israelkritisch und antisemitisch geäußert, so die Kritiker. Aus der Union kommen Rücktrittsforderungen.

Mit einem Beitrag bei Instagram zum Krieg im Gazastreifen hat die stellvertretende Bundestagspräsidentin scharfe Kritik ausgelöst. Sie hatte einen Post der israelkritischen Organisation "Jewish Voice for Peace" geteilt. Aus den Reihen der Union dringen erste Rufe nach dem Rücktritt der SPD-Politikerin.

Der Beitrag tauchte am Mittwoch auf dem Instagram-Profil der Bundestagsvizepräsidentin auf. Es war ein Foto, das ein brennendes Gebäude zeigt - unbestätigten Medienberichten zufolge soll es sich dabei um ein früheres Schulgebäude im Gazastreifen handeln, das bei einem israelischen Angriff getroffen wurde. Die Authentizität des Bildes lässt sich jedoch nicht verifizieren.

Das Bild war mit dem Schriftzug "This is Zionism" ("Das ist Zionismus") versehen. Die zionistische Bewegung entstand im 19. Jahrhundert mit dem Ziel, einen jüdischen Nationalstaat zu schaffen - 1948 wurde Israel gegründet. "Jewish Voice for Peace", die Organisation hinter dem von Özoguz geteilten Post, versteht sich als jüdisch, linksgerichtet und antizionistisch. Sie setzt sich nach eigenen Angaben für eine "palästinensische Befreiung und Judentum jenseits von Zionismus" ein.

Bundestagspräsidentin Bas bedauert Handeln ihrer Vize

Inzwischen wurde der Beitrag automatisch aus der Instagram-Story von Özoguz gelöscht. Trotzdem zieht er heftige Kritik nach sich. Der Präsident des Zentralrats der Juden, Josef Schuster, nannte den Post eine "Entgleisung", die für das Amt der Bundestagsvizepräsidentin "unwürdig" sei. "Es ist das eine, die israelische Kriegsführung zu kritisieren, oder aber antizionistische Narrative zu bedienen, die im vergangenen Jahr zu den schlimmsten israel- und judenfeindlichen Ausschreitungen in Deutschland geführt haben", betonte Schuster.

Auch Bundestagspräsidentin und SPD-Parteikollegin Bärbel Bas äußerte ihr Bedauern über den von ihrer Stellvertreterin geteilten Beitrag. "Bilder mit eindeutig antizionistischem Inhalt zu posten, verbietet sich", sagte sie im Gespräch mit dem Tagesspiegel. "In diesem schwierigen Konflikt muss es darum gehen, nicht zu polarisieren, sondern differenziert auf die Lage zu blicken", mahnte Bas. Dies dürfe man in besonderer Weise von Mitgliedern des Präsidiums des Deutschen Bundestages erwarten.

Union fordert Konsequenzen - bis hin zum Rücktritt

Besonders scharfe Kritik kommt aus den Reihen der Union. Özoguz habe sich "israelfeindliche Aussagen einer antisemitischen und antizionistischen Organisation" zu eigen gemacht, heißt es in einem Brief von CDU-Chef Friedrich Merz an Bundestagspräsidentin Bas. Er forderte in dem Schreiben, dass sich der Ältestenrat des Bundestags "unverzüglich" in einer Sitzung mit dem Vorfall befassen müsse.

Ähnlich äußerte sich auch der Grünen-Politiker und Vorsitzende des Vereins der Deutsch-Israelischen Gesellschaft, Volker Beck, beim Kurznachrichtendienst X. Mit dem von Özoguz verbreiteten Post werde "der Zionismus und damit Israel insgesamt angegriffen". Özoguz habe eine "rote Linie" überschritten, kritisierte Beck weiter. Auch er drängte darauf, dass sich der Ältestenrat mit dem Thema beschäftigen müsse.

Der parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion im Bundestag, Thorsten Frei, brachte seine Kritik im Plenum des Parlaments vor. Seine Fraktion sei "entrüstet, enttäuscht und auch befremdet". Frei fügte hinzu: "Wir wollen uns von einer solchen Vizepräsidentin nicht vertreten lassen." CSU-Generalsekretär Martin Huber ging noch einen Schritt weiter und forderte Özoguz zum Rücktritt auf. "Antisemiten haben keinen Platz in deutschen Parlamenten und schon gar nicht als Bundestags-Vizepräsidentin", schrieb er bei X.

Der israelische Botschafter in Deutschland, Ron Prosor, warf Özoguz vor, "Öl ins Feuer" zu gießen. Mit ihrem Post habe sie indirekt das Existenzrecht Israels infrage gestellt. Das sei "einer Bundestagsvizepräsidentin absolut unwürdig und kann nicht einfach unter den Teppich gekehrt werden".

Özoguz entschuldigt sich

Özoguz hat sich inzwischen für den geteilten Post entschuldigt. "Ich habe erkannt, dass durch den geteilten Beitrag Gefühle von Mitbürgerinnen und Mitbürgern verletzt wurden, die für ein friedliches Zusammenleben einstehen. Das war nicht meine Absicht und das bedauere ich zutiefst", teilte sie mit.

Auf ihrem Instagram-Account wurde ein neuer Beitrag veröffentlicht, in welchem Özoguz betont, sie stehe zum Existenzrecht Israels und habe sich seit dem "brutalen Überfall" der Terrormiliz Hamas auf Israel im Oktober 2023 "klar zum Selbstverteidigungsrecht Israels bekannt".

Weiter heißt es in dem als Zitat gekennzeichneten Beitrag: "Gleichzeitig sehe ich eine immer weiter eskalierende Gewaltspirale mit vielen zehntausenden zivilen Opfern, darunter sehr viele Frauen und Kinder. Mein Anliegen ist es, auf das zivile Leid beider Seiten aufmerksam zu machen. Es liegt nicht in meiner Absicht, radikale Gruppen auf irgendeiner Seite zu unterstützen."

Ältestenrat berät über Post

Wie die Nachrichtenagentur dpa berichtet, soll sich der Ältestenrat des Bundestags bereits mit dem Vorfall beschäftigt haben - wie von der Union und Beck gefordert. Özoguz soll sich in der Sitzung des Gremiums nochmals entschuldigt haben, heißt es von der dpa unter Berufung auf Teilnehmerkreise weiter.

Die Union sei jedoch trotzdem bei ihrer Rücktrittsforderung geblieben. Vonseiten der Bundestagsvizepräsidentin sei aber keine Absicht erkennbar geworden, von ihrem Amt zurücktreten zu wollen.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 18. Oktober 2024 um 18:02 Uhr.