Flugabwehrsystem "Patriot" der Bundeswehr

"Marder" und "Patriot" für Ukraine "Es muss sein"

Stand: 06.01.2023 11:36 Uhr

Die Ukraine bekommt Schützenpanzer und eine Flugabwehrbatterie aus Deutschland: Luftwaffeinspekteur Gerhartz spricht von einem "Kraftakt". Eine "sehr, sehr späte Entscheidung", meint hingegen Grünen-Politiker Hofreiter.

Der Inspekteur der Luftwaffe, Ingo Gerhartz, will nach der Entscheidung für die Abgabe eines Luftabwehrsystems "Patriot" an die Ukraine Tempo machen. "Abgabe Patriot an die Ukraine mit Ausbildung ukrainischer Soldaten so schnell wie möglich, gleichzeitig Einsatz in Polen und Slowakei bedeutet ein Kraftakt für unsere Truppe. Aber es muss sein in diesen besonderen Zeiten!", zitierte die Luftwaffe den Generalleutnant auf Twitter.

Die Bundesregierung will nach Absprachen mit der US-Regierung erstmals mehrere Dutzend Schützenpanzer vom Typ "Marder" sowie eine "Patriot"-Flugabwehrbatterie zur Verfügung stellen, wie es Washington schon kurz vor Weihnachten zugesagt hatte.

Hofreiter: "Sehr, sehr späte Entscheidung"

Der Grünen-Europapolitiker Anton Hofreiter bezeichnete die geplante "Marder"-Lieferung als "sehr, sehr spät". "Wenn diese Panzer früher geliefert worden wären, dann wären weniger ukrainische Soldaten gestorben. Das muss man ganz klar sagen", sagte er im gemeinsamen Morgenmagazin von ARD und ZDF. Wünschenswert sei eine europäische Initiative für die Lieferung von "Leopard 2"-Kampfpanzern.

Die Ukraine müsse mit allem unterstützt werden, was sie im Gefecht brauche - und dazu gehöre noch deutlich mehr. Die Gefahr, dass Deutschland dadurch zur Kriegspartei werde, wies Hofreiter zurück: "Je deutlicher wir die Ukraine unterstützen und je klarer wir Putin signalisieren, dass wir mit dieser Unterstützung nicht nachlassen, desto höher ist die Chance, dass dieser Krieg beendet wird."

"Bis Marder im Einsatz ist, wird Krieg ein Jahr gelaufen sein", Anton Hofreiter, Vorsitzender Europaausschuss, zu Panzerlieferungen an Ukraine

Morgenmagazin

Strack-Zimmermann: "Nach dem Marder kommt der Leopard"

Die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses im Bundestag, Marie-Agnes Strack-Zimmermann, erklärte, es sei "eine große Erleichterung", dass "die Bundesregierung und speziell das Kanzleramt den Weg endlich frei machen für Panzerlieferungen. Es kommt sehr spät, aber nicht zu spät."

Strack-Zimmermann kündigte jedoch an, "nicht locker" zu lassen: "Nach dem Marder kommt der Leopard", schrieb die Verteidigungspolitikerin bei Twitter mit Blick auf die gleichnamigen deutschen Kampfpanzer.

Bei NDR Info sagte Strack-Zimmermann, die Frage sei jetzt, wie viele Panzer wie schnell geliefert werden können. Gleichzeitig sollte es auch "Leopard 2" schon Schulungen geben. "Sollte dieser in einer zweiten Tranche geliefert werden, verlieren wir nicht immer wieder Zeit." Es brauche auch für die kommenden Monate einen Plan. "Wir dürfen nicht wieder wochenlang warten. Dieser Krieg tobt täglich."

SPD-Außenexperte: Etwa 40 Schützenpanzer

Der außenpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Nils Schmid, nannte im rbb24 Inforadio konkrete Zahlen: "Wir gehen davon aus, dass es etwa 40 sein werden, auf die die Bundeswehr verzichten kann, beziehungsweise auf die aus Industriebeständen zurückgegriffen werden kann." Man werde die Waffen im ersten Quartal liefern können. Zuvor hatte bereits der "Spiegel" von bis zu 40 "Mardern" berichtet.

Schmid verteidigte, dass die Entscheidung erst jetzt fiel. Es sei darum gegangen, sich eng mit den Bündnispartnern abzustimmen. Forderungen, der Ukraine jetzt auch Kampfpanzer zu liefern, erteilte er eine Absage. Zwar sei der der Ruf der Ukraine nach 'Leopard'-Panzern "völlig nachvollziehbar". Man habe habe mit den anderen Verbündeten festgelegt, "dass wir jeden Schritt des Eskalationspotenzials neu bewerten wollen. Und es gibt zwei Waffensysteme, wo ohne Zweifel ein größeres Eskalationspotenzial existiert: Das eine sind Kampfflugzeuge und das andere sind Kampfpanzer."

Auch die Opposition fordert allerings Entscheidungen zur Lieferung von "Leopard 2"-Panzern. "Wir sehen, dass die ukrainischen Soldaten zur Selbstverteidigung diese Waffen schlichtweg brauchen", sagte der CSU-Landesgruppenchef im Bundestag, Alexander Dobrindt, zu RTL/ntv. Es müsse jetzt auch über die weiteren Schritte entschieden werden.

"Gemeinsames Vorgehen der USA, Frankreich, Deutschland", Thomas Wiegold, Militärexperte, zu den Panzerlieferungen für die Ukraine

tagesschau24 15:00 Uhr

Kampfflugzeuge und Kampfpanzer?

Der Militärexperte Carlo Masala begrüßte die geplante Lieferung weiterer schwerer Waffen. "Das ist eine richtige Entscheidung", sagte der Politikwissenschaftler von der Universität der Bundeswehr in München dem "Redaktionsnetzwerk Deutschland". Auch er sagte aber, sie hätte früher kommen müssen. Wären Schützenpanzer wie der "Marder" schon im Sommer geliefert worden, wäre die Ukraine heute weiter.

Masala betonte, das "Gerede", wonach der russische Präsident Wladimir Putin den Krieg eskalieren werde, wenn bestimmte Waffensysteme geliefert würden, sei jetzt endgültig vom Tisch. "Das öffnet auch die Tür für andere Waffenlieferungen. In zwei Monaten reden wir möglicherweise über Kampfflugzeuge und Kampfpanzer." Kriegsentscheidend seien die Lieferungen indes nicht, räumte Masala ein. "Aber es erleichtert Gegenoffensiven der Ukrainer im Osten und im Süden."

Polen begrüßt deutsche "Patriot"-Abgabe

Polen hat die von Deutschland geplante Abgabe einer "Patriot"-Flugabwehrbatterie an die Ukraine unterdessen begrüßt. Er habe diesen Schritt mit Genugtuung zur Kenntnis genommen, schrieb Außenminister Zbigniew Rau auf Twitter. "Diese Entscheidung stimmt überein mit dem, was Polen bereits Ende November vorgeschlagen hatte."

Damals hatte die Regierung in Warschau den Vorschlag gemacht, Deutschland solle mehrere Polen angebotene "Patriot"-Systeme lieber in die Ukraine verlegen. Dies hatte in Berlin heftige Verstimmung ausgelöst.