Nach Jahrzehnten im Bundestag Grünen-Politikerin Künast will sich zurückziehen
Seit 2002 ist die frühere Ministerin Renate Künast Mitglied des Bundestags. Damit soll nach der Wahl im Herbst 2025 aber Schluss sein. Für sie sei die Zeit gekommen, "um Platz für Jüngere zu machen".
Die Bundestagsabgeordnete Renate Künast (Grüne) hat nach übereinstimmenden Medienberichten ihren Rückzug angekündigt. Für die Bundestagswahl im Jahr 2025 werde sie nicht mehr kandidieren, schreibt sie in einem Brief an ihren Berliner Kreisverband Tempelhof-Schöneberg, der dem rbb vorliegt. Zuvor hatte der "Tagesspiegel" berichtet.
"Es ist jetzt Zeit, um Platz für Jüngere zu machen", heißt es in dem Schreiben. Politikerin wolle sie aber bleiben, betont die 68-Jährige. Sie "schaue mal", welche Aufgaben noch so kommen.
Fokus auf Ernährung und Landwirtschaft
In ihrer verbleibenden Legislaturperiode wolle sie sich unter anderem mit der Ernährungssicherung beschäftigen. "Können wir uns auf Importe getrost weiter verlassen, oder werden die Importe aufgrund Klimaänderungen und geopolitischer Umbrüche nicht mehr kommen beziehungsweise extrem teuer sein?", heißt es dazu in ihrem Brief.
Landwirtschaft sei ein Thema, das sie nach ihrer Ministerzeit "nicht wieder losgelassen hat", schreibt Künast und erinnert an den BSE-Skandal und die Agrarwende. "Wir müssen die Zahlungen an die Landwirtschaft neu ausrichten, Anreize setzen für Klimaschutz, Boden- und Gewässerschutz und den Schutz von Artenvielfalt."
Zudem wolle sie das Kindermarketinggesetz bei überzuckerten Lebensmitteln von Landwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) unterstützen: "Diese Aufgabe ist nicht trivial. Ernährungsbedingte Erkrankungen gehören mittlerweile zu den höchsten Todesursachen", so Künast, die seit 2021 Sprecherin ihrer Fraktion für Ernährung und Landwirtschaft ist.
"Menschen gegen Hass und Desinformation schützen"
Zugleich blickt die Grünen-Politikerin auf die vergangenen Jahre in der Politik zurück und erinnert an die Begeisterung über den Mauerfall am 9. November 1989. Heute denke sie allerdings, dass ihr damals das Bewusstsein gefehlt habe, wie langwierig der Prozess der gesellschaftlichen Einheit sei. Sie beklagt zudem, dass Rechtsextreme und Staaten das Ziel hätten, Vertrauen in demokratische Verfahren zu zerstören und Unruhe zu stiften. Künast betont: "Unsere Aufgabe ist es, Menschen gegen Hass und Desinformation zu unterstützen."
Nach Mandaten im Berliner Abgeordnetenhaus seit den 1980er-Jahren kam Künast im Jahr 2002 in den Bundestag. Von 2001 bis 2005 war sie Bundesministerin für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft in der rot-grünen Bundesregierung.
In den vergangenen Jahren hatte sie für Aufmerksamkeit gesorgt, weil sie juristisch gegen wüste Beschimpfungen auf Facebook vorgegangen war. Der Fall ging bis vor das Bundesverfassungsgericht - mit Erfolg für die Politikerin. Künast suchte einige der Kommentatoren persönlich zu Hause auf und führte Gespräche mit ihnen.