Neujahrsansprache des Kanzlers "Wir sind kein Land des Gegeneinanders"
In seiner Neujahrsansprache räumt Kanzler Scholz ein, dass die Zeiten schwierig sind. Doch gerade dann sei Zusammenhalt wichtig. Deutliche Worte findet er zu Gerüchten im Internet - und zu Versuchen, die Wahl zu beeinflussen.
Bundeskanzler Olaf Scholz ruft zum Jahreswechsel zu Zusammenhalt auf - und zu einer regen Beteiligung an der anstehenden Bundestagswahl. Wer sich in der heutige Welt umschaue, wisse, "was für eine riesige Errungenschaft freie und geheime Wahlen sind", sagt Scholz in seiner Neujahrsansprache, deren Text vorab veröffentlicht wurde. Er appelliert an die Deutschen, sich bei der Wahl nicht von außen beeinflussen zu lassen.
"Wie es in Deutschland weitergeht, das bestimmen Sie - die Bürgerinnen und Bürger. Darüber entscheiden nicht die Inhaber Sozialer Medien", so Scholz. Er spielt damit offensichtlich auf Elon Musk an, den Besitzer der Plattform X - ohne ihn namentlich zu nennen. Der Milliardär, der zum Team des künftigen US-Präsidenten Donald Trump gehört, wirbt massiv für die AfD. Eine solche Einflussnahme aus dem Ausland ist in demokratischen Staaten ungewöhnlich und hatte in Deutschland parteiübergreifend Kritik ausgelöst.
"Nicht, wer am lautesten schreit, bestimmt"
Generell könne man in Debatten teils den Eindruck gewinnen: "Je extremer die Meinung, desto größer die Aufmerksamkeit", so Scholz weiter. Aber nicht, wer am lautesten schreie, bestimme darüber, wie es in Deutschland weitergehe. "Sondern die ganz große Mehrheit der Vernünftigen und Anständigen." Das gelte auch bei der Bundestagswahl.
Die Wahl war durch den Bruch von Scholz' Ampel-Koalition nötig geworden. Sie findet am 23. Februar statt.
"So was spaltet und schwächt uns"
Scholz ruft auch mit Blick auf das Attentat von Magdeburg dazu auf, sich nicht durch fragwürdige Inhalte in Sozialen Medien "gegeneinander aufwiegeln zu lassen". Nach dem Attentat habe es nur wenige Minuten gedauert, bis wilde Gerüchte durchs Internet gegeistert seien. Nicht wenige hätten sich als unwahr herausgestellt. "So was spaltet und schwächt uns. So was tut unserem Land nicht gut", mahnt Scholz, der seine Rede mit Gedenken an die Opfer des Anschlags und einem Dank an die Helfer von Magdeburg beginnt.
Polizei und Rettungskräfte hätten in der Schreckensnacht hochprofessionell gehandelt, obwohl viele selbst unter Schock gestanden hätten. Auch viele Marktbesucher hätten spontan geholfen. "So sind wir. So ist Deutschland", sagt der Kanzler. "Wir sind kein Land des Gegeneinanders, auch nicht des Aneinander-vorbei. Sondern ein Land des Miteinanders." Daraus könne Deutschland Kraft schöpfen - "erst recht in schwierigen Zeiten wie diesen".
Ausländer "Teil der Erfolgsgeschichte Deutschlands"
Der Regierungschef räumt ein, dass die Wirtschaft zu kämpfen habe, das Leben teurer geworden sei, und viele mit wachsender Beklemmung auf Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine blickten. Angesichts solcher Sorgen sei es kein Wunder, wenn viele sich fragten, wie es in Deutschland weitergehe. Seine Antwort laute: "Unser Zusammenhalt macht uns stark."
Scholz betont, dass Deutschland die drittgrößte Volkswirtschaft der Welt sei, obwohl es gerade mal ein Prozent der Weltbevölkerung stelle. Unter den Fleißigen, die dies möglich machten, seien auch "viele aus anderen Ländern, die hier bei uns mit anpacken und längst Teil der Erfolgsgeschichte Deutschlands sind". Deutschland dürfe sich von niemandem auseinander dividieren lassen.