"Taurus"-Debatte im Bundestag Trotz harter Vorwürfe - Scholz bleibt beim Nein
Bei seinem Auftritt im Bundestag hat Kanzler Scholz sein Nein zur "Taurus"-Lieferung an die Ukraine bekräftigt. In einer hitzigen Debatte warf er der Union vor, Halbwahrheiten zu verbreiten. CDU-Politiker Röttgen sprach seinerseits von Täuschung.
Bundeskanzler Olaf Scholz hat sich erstmals in diesem Jahr der Regierungsbefragung im Bundestag gestellt. Dabei begründete er erneut sein Nein zur Lieferung von "Taurus"-Marschflugkörpern an die Ukraine: "Es ist für mich ausgeschlossen, bei weitreichenden Waffensystemen solche zu liefern, die nur sinnvoll geliefert werden können, wenn sie auch mit dem Einsatz deutscher Soldaten auch außerhalb der Ukraine verbunden wären", sagte der SPD-Politiker. "Das ist eine Grenze, die ich als Kanzler nicht überschreiten will."
Dabei sei es egal, wo sich deutsche Soldaten an einem System wie "Taurus" beteiligt würden, das eine Reichweite von bis zu 500 Kilometer habe. "Es geht um die Beteiligung daran, wohin gezielt wird, wohin geschossen wird und wohin getroffen wird. Und das sollte nicht mit deutschen Soldaten passieren", sagte Scholz. "Ich als Kanzler habe die Verantwortung zu verhindern, dass es zu einer Beteiligung Deutschlands in diesem Krieg kommt." Das sähen die anderen Verantwortlichen in Europa und in der NATO so. Scholz ging nicht auf den Aspekt ein, ob "Taurus" auch ohne deutsche Soldaten betrieben werden könnte.
Harter Schlagabtausch mit Röttgen
Später kam es bei einer Nachfrage von Unions-Außenpolitiker Norbert Röttgen zu einem scharfen Wortwechsel. Nachdem Röttgen den Kanzler gefragt hatte, ob dieser der völkerrechtlichen Auffassung sei, dass Frankreich und Großbritannien durch die Lieferung von Marschflugkörpern an die Ukraine Kriegsbeteiligte geworden seien, hielt der Kanzler Röttgen vor: "Mit Halbwahrheiten wird öffentliche Kommunikation betrieben."
Als der CDU-Politiker zurückgab, er habe Scholz lediglich zitiert, sagte der Kanzler: "Nein. Durch die Lieferung der Waffen wird man nicht Kriegsbeteiligter. Niemand hat das gesagt. Ich nicht und auch sonst keiner, den ich im verantwortlichen Umfeld der Bundesregierung kenne."
Zugleich betonte Scholz, er wolle gerne auf frühere Aussagen zurückkommen: "So wie das in Frankreich und Großbritannien gemacht wird, geht das für uns nicht." Er ergänzte: "Was mich aber ärgert ist, sehr geehrter Abgeordneter, lieber Norbert: Dass du alles weißt und eine öffentliche Kommunikation betreibst, die darauf baut, dass dein Wissen kein öffentliches Wissen ist." Der Kanzler fügte hinzu: "Ich glaube, das sollte in der Demokratie nicht der Fall sein."
Röttgen wies es als Unterstellung zurück, dass er etwas wisse und dies der Öffentlichkeit vorenthalte. Er warf dem Kanzler im Gegenzug vor, seine wahren Motive für dessen Politik nicht zu erläutern, sondern immer neue Ausreden zu finden, "die sich zum Teil wechselseitig widersprechen und ausschließen". Der CDU-Politiker hielt Scholz vor: "Sie spielen nicht mit klaren Karten. Und Sie zielen darauf ab, die Öffentlichkeit in dieser Frage zu täuschen - in einer Frage der europäischen und nationalen Sicherheit." Scholz widersprach ihm erneut.
Konflikt mit Frankreich und Großbritannien?
Zudem stellte sich der Kanzler gegen den Eindruck eines Zerwürfnisses mit Frankreich und Großbritannien. "Die Zusammenarbeit mit den Regierungen aus Großbritannien und Frankreich ist gut", sagte er. Deutschland liefere Waffen für mehr als sieben Milliarden Euro in diesem Jahr, Frankreich von drei Milliarden Euro und Großbritannien 2,5 Milliarden Dollar. "Das zusammen macht die Kraft aus."
Am Freitag empfängt Scholz den französischen Präsidenten Emmanuel Macron sowie den polnischen Regierungschef Donald Tusk im Kanzleramt. Eines der Themen dabei werde auch die weitere Unterstützung der Ukraine sein, erklärte Regierungssprecher Steffen Hebestreit.
Scholz lehnt Anhebung des Rentenalters ab
Auf eine Nachfrage zum gesetzlichen Renteneintrittsalter bekräftige Scholz außerdem, dieses nicht anheben zu wollen. "Die eine Klarheit ist, dass es nicht darum gehen wird, immer weiter das gesetzliche Renteneintrittsalter anzuheben", so der SPD-Politiker. Die Versicherten müssten sich auf das, was sie einzahlten, verlassen können. Die ständige Diskussion über eine Verlängerung des gesetzlichen Renteneintrittsalters sieht Scholz mit Blick auf die Jüngeren als kontraproduktiv: Es gefährde ihr Vertrauen darin, "dass sie in ein System einzahlen, dass sich am Ende für sie auch auszahlt".
Scholz bekräftigte die Ziele der jüngsten Renten-Reformvorschläge von Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) und Finanzminister Christian Lindner (FDP). "Wir stabilisieren das Rentenniveau langfristig und wir ergänzen es um ein Generationenkapital", sagte Scholz. Zur Stabilisierung des Rentenniveaus ergänzte der Kanzler: "Das war eines der großen Versprechen vor der Wahl."
Scholz gegen Änderung des Streikrechts
Zudem sprach sich der Kanzler auf eine Nachfrage zu den die kostspieligen Folgen des Bahnstreiks gegen eine gesetzliche Beschränkung des Streikrechts aus. Das Streikrecht sei "als demokratisches Recht" von Gewerkschaften und Arbeitnehmern erkämpft worden. Das Land könne "stolz" sein auf die Sozialpartnerschaft. Eine gesetzliche Regelung des Streikrechts halte er nicht für nötig, so Scholz - und richtete einen Appell an die Tarifpartner: "Es kommt immer darauf an, dass alle von ihren Möglichkeiten auch einen guten Gebrauch machen."