Nach antisemitischen Vorfällen Schuster hält Deutschland für sicheres Land für Juden
Ungeachtet der antisemitischen Attacken sind Juden in Deutschland weiter gut geschützt, glaubt der Präsident des Zentralrats, Schuster. Der Hass auf Israel und auf Juden sei hierzulande aber wiederaufgeflammt.
Der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, sieht trotz der jüngsten antisemitischen Vorfälle die Situation für Juden in Deutschland als tragbar an. "Deutschland ist ein sicheres Land für Juden. Dabei bleibe ich", sagte Schuster dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). "Die Sicherheitsbehörden tun in meinen Augen alles dafür, dass sich das nicht ändert. Selbst wenn die Bedrohung aktuell mehr von arabischer Seite ausgeht als von der rechtsextremistischen Szene in Deutschland."
Schuster sagte, dass auch die Justiz inzwischen härter durchgreife. "Ich erkenne eine Tendenz zur Besserung in den Justizbehörden. Es wird etwas energischer bei antisemitischen Vorfällen vorgegangen, auch was das Strafmaß angeht." Er fügte hinzu: "Aber eine Sehschwäche auf dem rechten, beziehungsweise antisemitischen, Auge hat die Justiz immer noch."
"Diese Intensität gab es lange nicht mehr"
Schuster hat nicht mehr die Befürchtung, dass Flüchtlinge aus überwiegend muslimisch geprägten Ländern grundsätzlich den Antisemitismus in Deutschland verstärken. "Ich selbst hatte 2015 große Sorgen geäußert, dass wir bewusst Menschen mit antisemitischem Gedankengut nach Deutschland lassen. Man muss jedoch sagen, dass die israelfeindlichen oder explizit antisemitischen Vorfälle seither kaum angestiegen sind", sagte er dem RND.
Allerdings sei mit den Auseinandersetzungen seit dem Überfall der palästinensischen Terrorgruppe Hamas auch hierzulande ein Hass auf Israel und auf Juden wiederaufgeflammt, "den es in dieser Intensität lange nicht mehr gab", sagte Schuster. "Ich vermute leider, dass hierbei Menschen, die gerade mit diesen Flüchtlingswellen nach Deutschland gekommen sind, auch eine große Rolle spielen."
Mehr als Tausend getötete Israelis
Am 7. Oktober hatte die im Gazastreifen regierende radikal-islamische Hamas Israel überfallen und mehr als Tausend Menschen getötet. Israel antwortete mit Luftangriffen auf Einrichtungen der Terrorgruppe. In Deutschland gab es im Zuge dieser Ereignisse mehrere antisemitische Vorfälle.
Bei pro-palästinensischen Protesten kam es zu Angriffen auf die Polizei. Teilweise skandierten Teilnehmer antisemitische Parolen und feierten die Morde der Hamas. An Häusern, in denen Juden leben, brachten Unbekannte Davidsterne an. Andernorts in Deutschland wurden unter anderem israelische Flaggen heruntergerissen und verbrannt.
In Berlin verübten Unbekannte einen Brandanschlag auf eine Synagoge, der jedoch scheiterte. Die Geschäftsführerin der dortigen Gemeinde, Anna Segal, sagte der Nachrichtenagentur dpa, man wolle sich davon nicht beirren lassen. Die Gemeinde wünsche sich eine Verstärkung der Sicherheitskräfte. Für die Mitglieder sei es sehr schwer, mit der aktuellen Bedrohung zurechtzukommen.
Scholz kündigte Hamas-Verbot an
Bundeskanzler Olaf Scholz hatte am 12. Oktober ein Betätigungsverbot für Hamas-Organisationen und in Deutschland angekündigt. Das Bundesinnenministerium werde ein solches Verbot erlassen, erklärte er. Auch die Gruppierung Samidoun, deren Mitglieder "brutalste Terrorakte auf offener Straße feiern", soll demnach in Deutschland verboten werden. In Deutschland sollen sich nach Angaben der Behörden rund 450 Hamas-Anhänger aufhalten.
Das Bundesamt für Verfassungsschutz erklärte am Montag, das Betätigungsverbot der Netzwerke rasch und entschlossen durchzusetzen. "Wir arbeiten mit allen zur Verfügung stehenden Kapazitäten, um die Umsetzung der Maßnahmen schnellstmöglich zu gewährleisten", sagte Verfassungsschutzpräsident Thomas Haldenwang.
Kuhle: Rechtlichen Rahmen voll ausnutzen
Die Regierungspartner von Bundeskanzler Scholz - Grüne und FDP - machen in der Sache Druck. Angesichts der angespannten Lage müsse der rechtliche Rahmen gegen Terrorunterstützer und gegen antisemitische Gewaltverherrlicher voll ausgenutzt werden", sagte FDP-Fraktionsvize Konstantin Kuhle der "Rheinischen Post".
"Wenn der Bundeskanzler in einer Regierungserklärung ein Betätigungsverbot gegen die Hamas und ein Verbot des Vereins Samidoun ankündigt, dann müssen beide Maßnahmen unverzüglich umgesetzt werden", betonte Kuhle. Auch ein Verbot des Islamischen Zentrums Hamburg (IZH) müsse folgen. "Hier darf keine Zeit verloren werden", forderte Kuhle.
Von Notz fordert "konkrete Taten"
Auch der Grünen-Politiker Konstantin von Notz sprach sich für ein Verbot des IZH aus. Akteure wie die iranischen Revolutionsgarden müssten stärker in den Blick genommen und ihre Aktivitäten rechtsstaatlich effektiv unterbunden werden, verlangte von Notz im Interview mit der "Rheinischen Post".
"Wir müssen uns sehr entschlossen und mit allen Mitteln des demokratischen Rechtsstaats dem Antisemitismus entgegenstellen", sagte er weiter. "Wir hätten uns ein sehr viel stärkeres Vorgehen der Zuständigen beim Kampf gegen Antisemitismus gewünscht." Er begrüßte, dass sich dieser Forderungen nun auch die anderen Fraktionen im Parlament angeschlossen hätten. "Nach öffentlichen Ankündigungen müssen nun aber auch konkrete Taten folgen", betonte er.