Stichwahl in Thüringen AfD stellt erstmals einen Landrat in Deutschland
Der AfD-Kandidat Sesselmann hat sich bei der Stichwahl um das Landratsamt im thüringischen Kreis Sonneberg durchgesetzt. Die Partei stellt damit erstmals einen Landrat. In Thüringen wird die AfD vom Verfassungsschutz als rechtsextrem eingestuft und beobachtet.
Aus der Landratswahl im thüringischen Kreis Sonneberg ist der AfD-Kandidat Robert Sesselmann als Sieger hervorgegangen. Damit hat er für die Partei erstmals in Deutschland ein solches kommunales Spitzenamt erobert.
Der 50-Jährige bekam in der Stichwahl in dem Landkreis im Süden Thüringens 52,8 Prozent der Stimmen und erhielt damit die nötige absolute Mehrheit, wie die Wahlleitung mitteilte. Der CDU-Kandidat Jürgen Köpper, der auch von der Linken, der SPD, den Grünen und der FDP unterstützt wurde, unterlag demnach mit 47,2 Prozent.
Die Wahlbeteiligung lag nach Angaben des Statistischen Landesamtes bei 58,2 Prozent. Bereits in der ersten Runde der Wahl hatte Sesselmann fast 47 Prozent der Stimmen erzielt. Der Landkreis im Thüringer Wald mit 57.000 Einwohnern und rund 48.000 Wahlberechtigten ist einer der kleinsten in Deutschland.
Sesselmann ist Rechtsanwalt und derzeit AfD-Landtagsabgeordneter in Erfurt. Er stammt aus der Stadt Sonneberg. Als künftiger Landrat wird er für die AfD eine Bühne haben, zum Beispiel auch für Protest gegen die Unterbringung von Geflüchteten. Allzu viel Gestaltungsraum hat Sesselmann allerdings nicht. Ein Landrat leitet laut Gesetz das Landratsamt und vollzieht Beschlüsse des Kreistags - das Amt ähnelt oft eher dem eines Geschäftsführers.
Wahlkampf vor allem mit Bundesthemen
CDU-Kandidat Köpper bezeichnete den Wahlausgang als "enttäuschend" und sprach von einem schlechten Tag für den Landkreis Sonneberg und Thüringen. "Trotz einer höchst engagierten Arbeit von unzähligen Wahlhelfern haben die Sonneberger heute anders entschieden", sagte er laut einer Mitteilung. Am Ende sei auch der Wahlkampf durch die schlechte Politik der Bundesregierung überlagert worden.
Sesselmann und die AfD bestritten den Wahlkampf vor allem mit Bundesthemen wie dem umstrittenen Heizungsgesetz, der hohen Inflation oder gestiegenen Flüchtlingszahlen. In der Region, die ländlich und konservativ geprägt ist, war darum von einer Abstimmung über die Bundespolitik die Rede, mit der derzeit viele Menschen unzufrieden seien.
Nach einem "Spiegel"-Bericht ermittelt die Thüringer Polizei gegen Sesselmann. Sie geht demnach dem Verdacht nach, wonach er im Wahlkampf einen Mann verbal bedroht haben soll, der CDU-Plakate aufhängen wollte. Der AfD-Politiker soll dem Mann vorgeworfen haben, sich an Sesselmanns Plakaten zu schaffen gemacht zu haben.
Sesselmann will mit allen Fraktionen reden
Sesselmann kündigte an, auch mit dem politischen Gegner sprechen zu wollen. Man sollte ideologische Betrachtungen außen vor lassen, sagte Sesselmann bei der AfD-Wahlparty in Sonneberg. Er wolle mit allen Fraktionen reden. "Wir müssen auch auf den politischen Gegner zugehen", sagte er und betonte, dass es ihm um Sachthemen wie die Konsolidierung des Haushaltes oder die Sanierung von Schulen gehe.
Sein Landtagsmandat will Sesselmann niederlegen. "Ich habe nur eine begrenzte Arbeitszeit", sagte er. Die AfD sieht Sesselmann "auf dem Weg zur Volkspartei". Mit Blick auf die anstehenden Landtagswahlen in Thüringen, Sachsen und Brandenburg sagte er: "Wir können nächstes Jahr, 2024, Geschichte schreiben."
In einer Ansprache zur Wahlparty kritisierte er Medien als "Systemmedien", die ihm einen ideologischen Wahlkampf eingebrockt hätten. Der Thüringer AfD-Landesverband, in dem Sesselmann Mitglied ist, wird vom Landesverfassungsschutz als gesichert rechtsextrem eingestuft und beobachtet.
Landkreistag: "Es darf zu keiner Blockadepolitik kommen"
Der Deutsche Landkreistag erinnerte daran, dass alle Landrätinnen und Landräte an Recht und Gesetz gebunden seien. "Als Wahlbeamter ist Herr Sesselmann auf die freiheitlich-demokratische Grundordnung verpflichtet", erklärte Landkreistag-Präsident Reinhard Sager. "Wir nehmen das heutige Wahlergebnis zur Kenntnis."
Der Landkreis müsse handlungsfähig bleiben, was nur in gutem Zusammenwirken von Kreistag und Landrat gelingen könne. "Insofern darf es zu keiner Blockadepolitik kommen. Es ist zu betonen, dass es sich um das Ergebnis einer demokratischen Wahl handelt. Für die anderen Parteien sollte das Wahlergebnis ein großer Ansporn sein, im politischen Wettstreit überzeugender zu sein."